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Selbst ist die Braut

Margaret Tate (Sandra Bullock) hat als knallharte Verlagslektorin eigentlich in jeder Beziehung die Hosen an - doch nun ist ihr der Staat auf den Fersen. Aufgrund eines abgelaufenen Visums will man die Kanadierin aus den USA ausweisen, was für Margaret sowohl den Verlust der Heimat als auch ihres Jobs bedeuten würde. Um dem zu entgehen, erpresst sie ihren Assistentin Andrew Paxton (Ryan Reynolds), sie zu heiraten. Paxton selbst nutzt diese Situation, um sich selbst neue Jobaussichten zu sichern... und seine "Verlobte" mit zu seiner Familie nach Alaska zu nehmen. Dabei ist ihnen jedoch ein Beamter der Einwanderungsbehörde, Mr. Gilbertson (Denis O'Hare) auf den Fersen, der den Braten riecht und glaubt, beide zu einer saftigen Gefängnisstrafe verhelfen zu können, wenn er sie nur auf dem falschen Fuß erwischt...

Die ersten rund fünfundzwanzig Minuten dieser US-amerikanischen Komödie von "Unterwegs mit Mum"-Regisseurin Anne Fletcher sind nah dran an purstem Comedy-Gold. In wenigen Minuten und kompakten Szenen wird dabei die Hierarchie des gesamten New Yorker Verlags klargemacht und die Chemie zwischen der eiskalten Margaret Tate und dem seinem Privatleben nachtrauernden und ebenso nach einer Beförderung lechzenden Andrew, der deswegen alles in Bewegung setzt, um seiner Chefin ihren Lieblingskaffee zu besorgen, ist schlicht und einfach brillant. Fletcher gelingen süffisante, sarkastische Dialoge unter einem schlichtweg ganz starken Comedy-Timing, wozu natürlich auch die Hauptdarsteller Bullock und Reynolds ihren Teil beitragen - beide spielen sich so gekonnt die Bälle zu, dass man ihnen mehr als gerne zusieht. Das gipfelt schließlich in einem Gespräch mit dem Beamten der Einwanderungsbehörde, wo Mr. Gilbertson das Fake-Paar ganz besonders unter die Lupe nimmt - absolut köstlich. 
Leider verliert "Selbst ist die Braut" allerdings genau zu dem Zeitpunkt an Fahrt, als es eigentlich erst richtig losgehen sollte. Dass eine Mainstream-Komödie wie diese ihr zickiges Feuer nicht bis zum unvermeidlichen Happy End lodern lassen kann, ist klar - schließlich muss sich das Zwangspaar irgendwann doch noch ineinander verlieben und der Zickenkrieg beider Parteien, die sich eigentlich nicht ausstehen können und trotzdem heiraten müssen, fällt dann weg. Diesem Film geht die Puste aber schon weitaus früher aus - und zwar pünktlich zu der Ankunft des Paares an Andrews Familienhaus. Der Fokus, der immer wieder von den beiden Hauptcharakteren wegführt, sorgt angesichts der schrulligen, darüber hinaus aber zahmen Nebenfiguren für einiges an Langeweile. Auch sind die privaten Familiendramen, die hier noch ausdiskutiert werden müssen, im besten Fall mau erzählt und kosten das Werk einiges an Schwung... auch wenn der etablierte Vater-Sohn-Konflikt zumindest im Ansatz ein wenig Dampf hat und zu berühren weiß.
Aber ansonsten bleibt der ganze Familienplot, ebenso wie das langsame Annähern der beiden Hauptfiguren, in den letzten zwei Dritteln, erstaunlich schmal. Bezeichnend dafür ist die Einführung der Ex-Freundin Andrews, immerhin gespielt von "Nach 7 Tagen ausgeflittert"-Star Malin Akerman: Eine Figur, die eigentlich einen spannenden Konflikt hätte anführen können, der aber im Grunde niemals Luft erhält und daher schon beendet ist, bevor er so richtig begonnen hat. Und solcherlei Momente, Plotpoints und Entscheidungen gibt es so einige, was "Selbst ist die Braut" bis zu seinem verkitschten Ende schließlich zu einer eigentlich sehr simplen Angelegenheit verkommen lässt, an der aber noch so viel herumgeschnippelt wurde, bis diese Leichtigkeit irgendwie verloren ging. Dass es sie mal gab, davon berichten die ersten zwanzig Minuten... und der Abspann, der mit einigen herrlichen Dialogszenen aufwartet, die man in dieser Form und Qualität auch gerne noch im restlichen Film gesehen hätte.

Fazit: "Selbst ist die Braut" geht hervorragend los, leider gehen Tempo, Witz und Charme dann aber auch sehr schnell wieder verloren, da man zu sehr in zahmen Subplots versandet und auch Reynolds und Bullock immer weniger Gelegenheit bekommen, mal so richtig die Zähne zu zeigen.

Note: 3-


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