Direkt zum Hauptbereich

Here (2024)

Als alter Mann tritt Richard Young (Tom Hanks) in das Wohnzimmer des Hauses, in welchem er lange gelebt hat und es nun nicht mehr tut. Erinnerungen überkommen ihn und er besinnt sich zurück auf die Zeit, als er hier bei seinen Eltern Al (Paul Bettany) und Rose (Kelly Reilly) aufwuchs. Über die ersten Festtage und schließlich zum Kennenlernen seiner späteren Frau und Mutter seiner Kinder, Margaret (Robin Wright). Die vielen Jahrzehnte in diesem sich stetig verändernden Haus sahen eine Menge Zeitgeschichte, gute und schlechte Momente, stets umfangen von der Familie Young, die mit viel Frohsinn, aber auch dramatischen Einschnitten in ihrem Leben zurechtkommen musste...

Eines der prestigeträchtigsten Kino-Trios hat sich wieder vereint: Für den neuesten Film von Robert Zemeckis treten mit Tom Hanks und Robin Wright die beiden Stars vor die Kamera, die gemeinsam mit dem Regisseur vor rund dreißig Jahren "Forrest Gump" zu einem mehrfach ausgezeichneten und umjubelten Klassiker der Kinogeschichte machten. Doch das ist noch nicht alles: Drehbuchautor Eric Roth schrieb gemeinsam mit Zemeckis das Skript, nachdem sie ebenfalls für den Klassiker zusammenarbeiteten, Komponist Alan Silvestri ist ebenfalls wieder für den Soundtrack verantwortlich und Don Burgess übernahm wieder die Kamera. Also eine ziemlich große Reunion, die für die Filmschaffenden ganz besonders gewesen sein muss und sich natürlich auch perfekt für die großen Werbemaßnahmen rund um diesen Film eignete: Seht her, das Dreamteam von "Forrest Gump" ist zurück und erschafft einen neuen Film. Alleine das dürfte wohl nicht wenige dazu verleitet haben, ein Kinoticket für "Here" zu reißen - worum es in dem Werk geht, dürfte erstmal zweitrangig gewesen sein.
Tatsächlich fußt Zemeckis' Idee, neben dieser Reunion vor und hinter der Kamera, auf einer einzigen Idee: Die gesamte Geschichte, die sich bisweilen über Millionen von Jahre erstreckt, wird aus einem einzigen Kamerawinkel gezeigt, wobei wir erst Zeugen von Dinosauriern werden, die sich durchs bewaldete Gelände schlagen, einen Meteoriten einschlagen sehen und schließlich über Jahrzehnte hinweg sehen können, wie das Haus erbaut wird und welche Menschen darin leben. Das ist durchaus kreativ und es ist sehr fein zu sehen, mit welch akribischer Detailarbeit Zemeckis und sein Team dabei vorgehen, um das stets betrachtete Wohnzimmer und die Landschaft vor dem Fenster perfekt an die Zeit anzupassen, in welcher man sich gerade befindet. Dafür musste Zemeckis in seine berüchtigte Trickkiste greifen und mit allerlei CGI aushelfen, um die Schauspieler*innen passend altern oder jünger werden zu lassen - so sehen wir Hanks und Wright sowohl als Senioren als auch als Teenager. Wie gehabt ist diese Technik der Verjüngung immer wieder etwas seltsam und hat vor allem dann mit dem Uncanny Valley Effekt zu kämpfen, wenn die Stars plötzlich ganz nah an die Kamera herantreten und man Zeuge der toten, computeranimierten Augen wird.
Neben dieser faszinierenden, sich alsbald aber totlaufenden Grundidee, bei welcher Zemeckis in dem eigentlichen Bild immer wieder Fenster erschafft, durch die man kurz einen Blick in die Zukunft oder in die Vergangenheit dieses Ortes erhaschen kann, hat er aber wenig zu erzählen. Mit Verlaub: Ohne diese trickreichen Ideen bezüglich der Inszenierung wäre "Here" bloß eine reichlich langweilige, ohne echte Höhepunkte verlaufende Familiengeschichte, deren zentrale Message, dass die Zeit nur so an einem vorbeifliegen kann und man die seine deswegen unbedingt nutzen sollte, auch eher seicht daherkommt. Der Cast macht seine Sache solide, ohne aber so richtig gefordert zu werden, denn dafür ist das Drehbuch einfach nicht energetisch genug. Etwas wirklich Neues oder Packendes hat Zemeckis hier nicht zu erzählen und begnügt sich daher mit einer reichlich sprunghaften Inszenierung, die immer wieder dann vor oder zurück springt, wenn die Sache gerade in Bewegung zu kommen scheint. Keine Szene kann dadurch wirklich atmen und sich den nötigen Platz nehmen und die Dynamik der Geschichte verläuft irgendwo im Nichts. Abseits einer faszinierenden, ihr Alleinstellungsmerkmal aber auch recht früh einbüßenden Grundidee ist hier dann leider nicht viel gewesen - von einer so stark beworbenen "Forrest Gump"-Reunion hätte man sich mehr erwartet.

Fazit: "Here" liefert eine spannende Inszenierungs-Idee ab, die aufgrund der sprunghaft vorgetragenen Geschichte und des mäßigen CGI aber nur zu Beginn wirklich fasziniert. Darüber hinaus hätte man durchaus mehr Kraft in das seichte Drehbuch stecken können, welches ohne echte Highlights sehr melodramatisch wirkt.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Wieder keine neuen Ideen: Filmkritik zu "Der Exorzist: Bekenntnis"

Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) zieht seine Tochter Angela (Lidya Jewett) seit dem Tod seiner Frau Sorenne (Tracey Graves) vor dreizehn Jahren alleine auf und ist aufgrund seiner einschneidenden Vergangenheit dauerhaft besorgt um sein Kind. Als diese eines Tages gemeinsam mit ihrer Freundin Katherine (Olivia Marcum) im Wald verschwindet, ist Victor in tiefster Panik und malt sich bereits die schlimmsten Dinge aus, die seiner Tochter zugestoßen sein könnten. Drei Tage später tauchen Angela und Katherine jedoch wieder auf... und verhalten sich höchst sonderbar. Schon im Krankenhaus legt Angela äußerst merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag, die ihre Mitmenschen in Angst versetzen. Dass die beiden Mädchen von einem Dämon besessen sein könnten, daran will Victor jedoch nicht glauben... bis er jemanden trifft, die vor rund fünfzig Jahren etwas sehr ähnliches erlebt hat. Natürlich habe ich mir als Vorbereitung für diesen Film erneut den Kult-Klassiker "Der Exorzist" angesehen ...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...