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Exterritorial

Vor einigen Jahren war Sara (Jeanne Goursaud) noch eine Soldatin bei den Special Forces, musste aufgrund einer Verwundung und eines damit davon getragenen, psychischen Traumas jedoch Abstand von ihrem Beruf nehmen. Als sie gemeinsam mit ihrem sechsjährigen Sohn Josh das US-Konsulat in Frankfurt besucht, um dort ein Visum in Anspruch zu nehmen, passiert das Undenkbare: Josh verschwindet plötzlich in den Gängen des Konsulats und ist nicht mehr aufzufinden. Hilfe erhält Sara zwar von hochrangigen Angestellten, die ihr jedoch nach einer ausführlichen Suche darlegen, dass sie das Konsulat völlig allein betreten hat. Dies sollen sowohl Dokumente vom Check-In als auch Aufnahmen der Sicherheitskameras beweisen. Sara möchte diese Geschichte jedoch nicht glauben und ist überzeugt, dass ihr Sohn aus unerfindlichen Gründen entführt wurde, weswegen sie sich allein daran macht, ihn zu finden... wenn nötig auch mit Gewalt.

Ich bin eigentlich immer froh, wenn das deutsche Kino mal ein wenig aus seiner Komfortzone tritt und andere Genres bedient als die (meist) gleichen romantischen Komödien oder historischen Dramen. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass diese gewagten Ausflüge in die Genres des Horrorfilms (erinnert sich noch jemand an den unsäglichen "Heilstätten"?) oder des Action-Thrillers dann auch meist nur recht halbgar waren, da man sich ziemlich ungeniert bei amerikanischen Vorbildern bediente, ohne diesen dann das Wasser reichen zu können. Auch "Exterritorial" kommt mit einer Idee daher, die wir so schon zigfach gesehen haben und liest sich beinahe wie ein Remake des hochspannenden "Flightplan" aus dem Jahr 2004 - nur, dass der Handlungsort eines Flugzeugs gegen das wesentlich unspannendere Mega-Gebäude eines US-Konsulats ausgetauscht wurde. Dementsprechend bekannt kommen einem hier viele Situationen vor und ob sich Protagonistin Sara die ganze Geschichte wirklich nur einbildet oder doch ein bisschen mehr dahintersteckt, ist im Grunde von vornherein klar. Generell ist der Plot ein ziemlicher Flickenteppich aus typischen Thriller-Klischees und diverse Wendungen und Enthüllungen kann man sich zuvor ziemlich leicht selbst ausmalen.
Dass man so etwas schon kennt, muss aber nichts Schlechtes sein. Allerdings findet das Team rund um "Lammbock"-Regisseur Christian Zübert auch keinen eigenen Zugang zu dem Stoff, um ihm irgendwie einen passenden Stempel aufzudrücken. Alles stammt hier irgendwie aus dem Setzbaukasten des Genres, sodass man zwar die Mühen bemerkt, mit denen die Macher versuchen, den Adrenalinpegel stets oben zu halten, aber trotzdem nicht so richtig mitfiebern mag. Gerade einzelnen Spannungsszenarien merkt man dabei deutlich an, dass sie genauso zurecht inszeniert wurden, um möglichst viele Hindernisse für Protagonistin Sara einzubauen - das wirkt dann schon arg bemüht. Einige herbe Logikfehler nimmt man dabei natürlich auch noch mit, denn wenn sich eine einzige Frau weitestgehend so problemlos durch ein Hochsicherheitsgebäude bewegen kann, wirft das durchaus Fragen auf. Natürlich könnte man argumentieren, dass man bezüglich manch eines Action-Thrillers nicht zu sehr über die Geschichte nachdenken sollte, doch auch dieser Vergleich hinkt. Einerseits sieht sich "Exterritorial" nämlich durchaus als plotgetrieben an und sollte dementsprechend nicht so eindeutig löchrig sein wie es hier der Fall ist. Andererseits täuscht die technische Seite des Filmes dann auch nur sehr marginal über die Schwächen der Geschichte hinweg.
Man bemühte sich zwar um starke One-Takes, um die einzelnen Actionszenen mit etwas mehr Wucht und ohne nerviges Schnittgewitter zu präsentieren, stieß dabei aber offensichtlich an die Grenzen des Machbaren. Anders als bei großen Hollywood-Blockbustern wie der "John Wick"-Reihe, die sich auf brillante Action-Choreos versteht, sieht man hier nämlich fast durchweg, dass es sich nicht um echte Hand-to-Hand-Kämpfe, sondern um Filmarbeit handelt. Man sieht mehrfach, dass Faustschläge ihr Ziel gar nicht treffen und dass diverse Choreos eben genau das sind - zuvor abgesprochene und lange geprobte Scheinkämpfe. Das führt zwangsläufig dazu, dass sich eben diese wuchtig gedachten Szenen keinesfalls echt anfühlen und daher keinerlei Dringlichkeit versprühen. Loben muss man jedoch die Hauptdarstellerin, die vor allem physisch einen beeindruckenden Job macht. Darüber hinaus überzeugt "Wishlist"-Star Jeanne Goursaud auch als getriebene Mutter, die alles für ihr Kind tun würde. Der restliche Cast zieht sich da weniger achtsam aus der Affäre, wobei vor allem der US-Schauspieler Dougray Scott, den wir unter anderem aus dem zweiten Teil der "Mission: Impossible"-Reihe kennen, gleich völlig blass bleibt.

Fazit: Als Actionfilm zu durchsichtig inszeniert, als Thriller zu schlecht und klischeehaft geklaut - "Exterritorial" ist leider nur ein reichlich müder Abklatsch von besseren Filmen. Richtig stark ist dabei nur die Performance von Jeanne Goursaud, die sich mit allerhand Elan in das Konstrukt aus Verwirrungen und Verschwörungen wirft.

Note: 4



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