Eigentlich hat der erfolgreiche Anwalt Peter Miller (Hugh Jackman) mehr als genug zu tun. Im Beruf wird er stark eingespannt und hat zudem erst kürzlich mit seiner Freundin Beth (Vanessa Kirby) ein Baby bekommen. Dann steht jedoch plötzlich seine Ex-Frau Kate (Laura Dern) vor der Tür, die ihm eröffnet, dass ihr gemeinsamer Sohn Nicholas (Zen McGrath) seit Wochen die Schule schwänze. Wie sich in einem Gespräch zwischen Peter und Nicholas herausstellt, leidet der Teenager unter schweren Depressionen, die sein Leben zu einer unerträglichen Last werden lassen. Auf Nicholas' Wunsch nimmt Peter den Jungen bei sich und Beth auf, in der Hoffnung, dass sich seine Lage in einem neuen Umfeld verbessern würde und auch um die emotional völlig entgleiste Kate zu entlasten. Tatsächlich verschlimmert sich Nicholas' Verhalten jedoch und Peter beginnt, sich selbst die Schuld an den Problemen seines Sohnes zu geben...
"The Son" gelingt es nicht, das Thema Depressionen passend in einem zweistündigen Film zu verarbeiten. Das können wir erstmal als klares Fazit ganz zu Beginn bereits stehenlassen. Und das ist im Grunde erstmal auch nichts, was man dem Film vorwerfen sollte... selbst dann nicht, wenn er von dem Regisseur stammt, der vor drei Jahren in "The Father" noch höchst beeindruckend und bewegend von der Demenz-Erkrankung eines Senioren erzählte und damit Anthony Hopkins seinen zweiten Oscar schenkte. Depressionen sind als Grundthema so komplex, dass sie mit Worten gar nicht oder nur sehr unzulänglich zu beschreiben sind, oftmals werden sie somit sogar in ihrer Wucht nach außen abgeschwächt. Denn jemandem, der nicht betroffen ist, etwas über diese unsichtbare und absolut tückische, psychische Krankheit zu erzählen, kommt einer unlösbaren Mammutaufgabe gleich. Dass es einem Film nun nicht in aller Härte gelingt, dieses Thema greifbar zu machen und dem Publikum wirklich verständlich zu machen, was sie mit einem (jungen) Menschen anstellt, ist kein Wunder. Problematisch ist hingegen eher, dass "The Son" es dennoch mit allen Mitteln der filmischen Kunst versucht und deswegen zu arg in eine melodramatische Schiene rutscht, die dem Thema dann wirklich nicht mehr gerecht wird.
Sicherlich gibt es höchst bewegende Momente: So eine gemeinsame Tanzstunde, die alsbald wieder in den Schatten versinkt oder auch ein Streitgespräch zwischen Vater und Sohn, in welchem ersterer die Probleme seines Sohnes auf sich bezieht und darauf besteht, sich für sein bisweilen holprig gelaufenes Leben nicht rechtfertigen zu wollen. Das sind starke Momente, die durchaus treffen und das langsame Tempo, in welchem sich Regisseur Florian Zeller stets viel Zeit für die einzelnen Dialoge nimmt, passt durchaus. Doch die typischen Stilmittel eines US-Dramas tunken diese düstere Geschichte, in denen es nur wenig Lebensfreude zu sehen gibt (und wenn, kann man ihr ohnehin nicht trauen), immer wieder in den altbekannten Hollywood-Topf. Da müht sich die aufdringliche Musik, den dramatischen Szenen nur noch mehr Dramatik zu verleihen und erreicht damit das genaue Gegenteil. Da wird immer ganz nah auf die beinahe ausdruckslose Miene des Teenagers und das tränenüberströmte Gesicht des Vaters gehalten, um uns klarzumachen, dass hier große Gefühle im Spiel sind, doch das haben wir (sofern wir nicht völlig frei von Empathie sind) schon verstanden. "The Son" hätte erkennen müssen, dass es dem Thema filmisch einfach nicht gerecht werden kann und seine an und für sich emotional starken Momente einfach leben lassen.
Ähnlich verhält es sich mit den beiden Hauptdarstellern. Hugh Jackman gibt redlich alles und liefert eine starke Leistung... doch er verschwindet nicht hinter der Figur, die er darzustellen versucht. Er agiert als fabelhafter Schauspieler, aber immer noch als Schauspieler, weswegen ich ihm die großen, dramatischen Momente mit seinen großen Gesten nicht ganz abnehmen kann. Jungstar Zen McGrath schlägt sich wacker und macht sich, gerade im Hinblick auf sein junges Alter, richtig gut... doch einen schwer depressiven und suizidalen Jugendlichen glaubhaft darzustellen, daran wären auch wesentlich bessere Schauspieler, vielleicht sogar die ganz Großen ihrer Zunft, gescheitert. Besser ziehen sich da die beiden Damen in den Hauptrollen aus der Affäre, wobei Vanessa Kirby als mit der Gesamtsituation hadernde, neue Freundin des Vaters den interessantesten Part abbekommen hat, der leider im weiteren Verlauf zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Laura Dern als Mutter gibt eine bemerkenswerte Leistung, die auch ab und an droht, in den Klischeetopf zu stürzen, dabei aber weitestgehend immer noch glaubhaft wirkt und am besten skizziert, wie diese Krankheit nicht nur den direkt Betroffenen, sondern auch seine umstehenden Menschen treffen kann.
Fazit: Bisweilen leider zu effekthascherisch und mit üblichen, filmischen Drama-Stilmitteln umgesetztes Drama, welches dem Thema Depressionen dabei nicht gerecht werden kann. Es gibt zahlreiche bewegende Momente und gutes Schauspiel, doch wirkt wenig davon wirklich glaubwürdig und versucht zu sehr, uns zu treffen statt wirklich ehrlich zu sein.
Note: 3-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen