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Am Ziel vorbei: Meine Erstsichtungen vom 14.08.23 bis zum 20.08.23

Eigentlich wollte ich zu zwei der heute in dieser Liste auftauchenden Filmen ausführlichere Reviews schreiben, weil ich mir von ihnen deutlich mehr Impact erwarteten. Dann jedoch stellten sich sowohl der oscarprämierte "Die Aussprache" als auch der feministische und in seiner zweiten Hälfte völlig den Faden verlierende Horror-Thriller "Men" als deutlich weniger als die Summe ihrer Teile heraus, weswegen ich wesentlich Worte weniger benötigte als ich anfangs dachte. Warum diese Filme mich enttäuschten und stattdessen ein geradliniger Familienfilm die beste Erstsichtung der vergangenen Woche darstellt, könnt ihr nun hier nachlesen.


Die Aussprache: Drama von Sarah Polley, mit Rooney Mara, Claire Foy, Jessie Buckley, Sheila McCarthy, Ben Whishaw und Frances McDormand
Die Romanverfilmung von Sarah Polley, in welcher sich eine Gruppe von Frauen in einer religiösen Gemeinschaft entweder gegen die gewaltverursachenden Männer zur Wehr setzen oder vor ihnen davonlaufen will (darum geht es in der titelgebenden "Aussprache"), gewann in diesem Frühjahr den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch. Das ist bisweilen vielleicht etwas zu hochgegriffen, denn die Dialoge sind zwar scharf, drehen sich angesichts der stoisch auf einer Eigenschaft herumreitenden Figuren, die sich deswegen auch kaum weiterentwickeln, aber auch im Kreis. Zudem gehen sie angesichts der eindimensional angelegten Charaktere auch nie so in die Tiefe, wie es bei diesem Thema eigentlich angemessen wäre: Es geht um gefährliche Männer, das ist klar, doch darüber hinaus werden die grauenerregenden Vorfälle innerhalb der Gemeinschaft nicht mehr thematisiert und das Problem somit auch nicht an der Wurzel gepackt. Das führt zu einer erstaunlichen Kühle des Projekts, welches angesichts der theaterartigen Inszenierung innerhalb dieses Kammerspiels nur teilweise durch feine Bilder und gute Leistungen der Schauspielerinnen aufgefangen wird. Darüber hinaus verbleibt "Die Aussprache" jedoch eine Enttäuschung, die es gut meint und sich eines wichtigen, wenn hier auch relativ plakativ aufgezogenen Themas annimmt, dabei aber nicht genug Wucht hat, um diesem wirklich gerecht zu werden.
Note: 4+


Eine zauberhafte Nanny: Fantasy-Komödie von Kirk Jones, mit Emma Thompson, Colin Firth, Kelly Macdonald, Thomas Brodie-Sangster, Derek Jacobi, Imelda Staunton und Angela Lansbury
Diese herrlich britische und spaßige Familienkomödie aus dem Jahr 2005, in welcher eine magische Nanny zu Hilfe eilt, um sieben ungezogenen Kindern Manieren beizubringen, besticht besonders durch ihren frechen Charme. Das erinnert bisweilen an solch wundervoll-düstere Kombinationen wie jene zwischen Roald Dahl und Tim Burton und ist deswegen nicht nur etwas für jüngere Zuschauer*innen. Der Slapstick macht Laune, der Cast ist bis in die kleinsten Nebenrollen hervorragend besetzt - so überzeugen neben der gewohnt großartigen Emma Thompson in der Titelrolle vor allem auch Colin Firth als überforderter Vater mit stoischer Miene sowie "Harry Potter"-Star Imelda Staunton als wilde Militär-Köchin. Das ist immer wieder überdreht, hat aber auch genügend Herz und echte Magie zu bieten. Mit letzterem übertreibt man es gegen Ende zwar ein wenig, wenn die Geschichte rund um eine neue Ehe für den verwitweten Vater doch etwas zu viel Raum einnimmt und zum Schluss der richtige Märchenkitsch deutlich obsiegt. Trotzdem hat man am Ende einen kurzweiligen, witzigen und durchaus herzlichen Film gesehen, der auch für Erwachsene magisch genug ist. 
Note: 3+


Eine zauberhafte Nanny - Knall auf Fall in ein neues Abenteuer: Fantasy-Komödie von Susanna White, mit Emma Thompson, Maggie Gyllenhaal, Asa Butterfield, Rhys Ifans und Maggie Smith
Die Befürchtung, dass es sich bei dieser offiziellen, ansonsten aber im Grunde nicht mit dem ersten Film in Verbindung stehenden Fortsetzung um eine Art Wiederholung handeln könnte, bestätigte sich rasch. Erneut müssen einige ungezogene und sich ständig streitende Kinder fünf Lektionen lernen, die ihnen von der mit magischen Fähigkeiten ausgestatteten Nanny McPhee eingebläut werden. Wie zuvor geschieht das mit allerlei Herz, wobei der dramatische Hintergrund des Zweiten Weltkriegs durchaus auch für ein paar sentimentale Töne sorgt. In Sachen Humor gerät das Sequel allerdings deutlich weniger frech und schießt in den magischen Slapstick-Momenten oftmals übers Ziel hinaus - so wirken ein rülpsender Rabe und eine Horde Schweine, die Wasserballett tanzt, weniger charmant als viel mehr albern. Insgesamt hat die Geschichte in ihrer vorhersehbaren Wiederholung auch weniger Charme, obwohl die einzelnen Charaktere durchaus sympathisch sind. Immerhin ist der Soundtrack diesmal noch flotter geraten und auch die Besetzung ist (noch) illustrer geworden: Neben Emma Thompson agieren diesmal auch weitere Hochkaräter wie Maggie Gyllenhaal oder die brillante Maggie Smith. Es sind zudem weitere britische Topstars dabei, deren Rollen aber bisweilen nur sehr klein auffallen und oftmals gar nur in den Bereich eines Cameos fallen.
Note: 3-


Men - Was dich sucht, wird dich finden: Horror-Drama von Alex Garland, mit Jessie Buckley, Rory Kinnear, Gayle Rankin und Paapa Essiedu
Der neue Film von Alex Garland fällt unter das Genre des "ambitionierten" Horrorfilms - kein typischer Schocker, sondern ein waghalsiges und mit zahlreichen Metaphern angereichertes Experiment in der Form eines "Hereditary" oder "The Witch". Und dass Garland ein phänomenaler Regisseur ist, beweist er hier konsequent, wenn er sowohl Bilder von einer unbeherrschten Schönheit als auch von einer wahnsinnig fiesen Angst kreiert, oftmals gar Hand in Hand. Kameraarbeit, Schnitt und Musik agieren hier meisterhaft im Einklang und kreieren dann Mixturen aus Bild und Ton, die sich tief ins Gedächtnis einbrennen. Darin agiert Hauptdarstellerin Jessie Buckley, die nicht die typische "Damsel in Distress" spielt, ebenso brillant wie Rory Kinnear, der hier in inszenatorischem Wahnwitz alle (!) männlichen Bewohner des Dorfes spielt, in welches sich Protagonistin Harper eigentlich flüchten möchte. Das führt zu einer bisweilen etwas durchsichtigen, aber immer wieder auch sehr intensiven und treffsicheren Allegorie über toxische Männlichkeit und Übergriffigkeit, die in einigen Szenen wahre Alptraum-Momente kreiert. Leider übertreibt es Garland nach einer atmosphärisch enorm dichten ersten Hälfte aber mit seinen Allegorien und liefert ein Finale ab, welches im schlechtesten Sinne abstrus daherkommt. Die Message einer sich aus sich herausgebärenden, toxischen Männlichkeit ist klar, wird hier jedoch so dermaßen überstilisiert und mit allerlei verzichtbaren Splatter-Effekten durchgestellt, dass ich den Anschluss alsbald verloren habe. Garland verliert dabei nicht nur die Kontrolle über seine bis dahin sichere Dramaturgie, sondern auch über seine Message an sich, die in ihrer Komplexität plötzlich nur noch als Horror-Schock herhalten soll.
Note: 3-


Run Hide Fight: Action-Thriller von Kyle Rankin, mit Isabel May, Thomas Jane, Radha Mitchell, Eli Brown, Barbara Crampton und Treat Williams
Ein Film über einen Amoklauf an einer Highschool, der in "Stirb langsam"-Manier eine junge Schülerin in den Vordergrund stellt, die sich quasi im Alleingang mit den vier Tätern anlegt... das klang schon reichlich obskur. Anders als dramatischere Varianten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, interessiert sich "Run Hide Fight" keineswegs für einen weiteren Hintergrund, weder für die der durchgeknallten Amokläufer noch für die Reaktionen der letztlich in der Cafeteria festgesetzten Schüler und Schülerinnen. Das macht aus einem (wenn auch fiktiven) Amoklauf letztendlich ein reines Unterhaltungsprodukt, was bei diesem Thema durchaus einen faden Beigeschmack hinterlässt. Aber das mag natürlich jeder halten wie er will, weswegen es dem Film auch durchaus Lob auszusprechen gilt - zum Beispiel für die Hauptdarstellerin, denn Isabel May gibt die siebzehnjährige, weibliche Variante eines John McClane mit ordentlich Feuer. Feuer hätte aber übrigens auch dem Skript gut getan, denn diesen mit Logiklöchern und dramaturgischer Plattitütden vollgestopften Plot hätte man auch gleich verbrennen und stattdessen etwas Intelligenteres zusammenkratzen können. Der "Plan" der Täter ist dabei beinahe so hirnrissig wie die inkompetente und völlig realitätsferne Reaktion der Dorfpolizei, die hier auf ihre Plätze verwiesen wird. Darüber hinaus sieht man dem Werk das geringe Budget in den zahlreichen und bisweilen brutalen Actionszenen durchaus an, wobei Regisseur Kyle Rankin aber oft auch mit simplen Mitteln noch einige gelungene Spannungsspitzen inszeniert. 
Note: 4+

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