Direkt zum Hauptbereich

Ein halber Film, eine Menge drin: Filmkritik zu "Fast & Furious 10"

Zum wiederholten Male scheint es so, als hätte Dominic Toretto (Vin Diesel) alle Gefahren, die seine geliebte Familie bedrohen, gebannt... bis eines abends die schwer verletzte Cipher (Charlize Theron) an seine Tür klopft und von einem neuen Gegenspieler berichtet, der es nicht nur mit ihr aufgenommen, sondern es auch auf Dom abgesehen hat: Dante Reyes (Jason Momoa), Sohn des verstorbenen Drogenbarons Hernan Reyes (Joaquim De Almeida), den Dom und seine Freunde auf dem Gewissen haben, schwört Rache und lockt daher die einzelnen Teammitglieder in eine Falle. Um sowohl dem Griff Dantes als auch dem der Behörden zu entgehen, die es nun auf Dom und Co. abgesehen haben, muss die Familie untertauchen. Doch Dante ist gnadenlos auf der Suche nach ihnen, weswegen Dominic es vorzieht, sich dem Feind direkt zu stellen. Dafür muss er nach Rio zurückkehren...

Wer sich einen "Fast & Furious"-Film ansieht, weiß ganz genau, was er bekommt. Dementsprechend bleibt auch der mittlerweile zehnte Eintrag der Racer-Reihe seiner Linie vollkommen treu, ist dabei im Ansatz aber etwas geerdeter und klarer als der vollkommen überzogene neunte Teil (den ich nach der nun getätigten Zweitsichtung eigentlich auch noch ein wenig niedriger bewerten müsste). Was aber nicht heißt, dass man die für die Reihe bekannten, jeglicher Physik entbehrenden Spektakel-Szenen nicht auch zu sehen bekommen würde... und zwar reichlich davon. Es kracht, es ist laut und es ist meistens ziemlich dumm und hat mit irgendeiner Art der Logik wirklich nichts mehr zu tun. Dafür sind diese Momente (und besonders eine lange und wahnsinnig spektakuläre Verfolgungsjagd in Rom) aber durch die Hand von "Der unglaubliche Hulk"-Regisseur Louis Leterrier auch besser inszeniert, sodass krachende Bilder auch wirklich als solche in Szene gesetzt werden. Trotz einiger mauer Spezialeffekte haben die Actionszenen, so überzogen sie auch immer wieder sein mögen, deutlich mehr Kinetik als im Vorgänger, weswegen man sich von ihnen nur allzu gern blenden lässt. Schnitt, Ton und eine feine Übersichtlichkeit tun ihr Übriges, um durchaus einige starke Actionmomente zu bieten.
Der Plot, der all diesen Krach zusammenhalten soll, taugt aber auch hier wieder kaum etwas. Dass wir mittlerweile in den Gefilden eines trashigen James-Bond-Abenteuers angekommen sind, dürfte nicht mehr überraschen, doch die Faulheit des Drehbuchs ist selbst bei diesen Ansätzen kaum zu übersehen. Da stapeln sich etliche Anschlussfehler, Plotholes und für die Charaktere willkommene Zufälle, dass man bisweilen wirklich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte. Aufgrund des weiterhin angestiegenen Figurenensembles zerfasert diese Geschichte an gleich mehreren Orten rund um den Erdball, wobei selbst bei 140 Minuten Laufzeit für viele Figuren keine wirkliche Zeit mehr bleibt. So ist der Plot rund um die beliebten Sidekicks Roman, Tej, Han und Ramsey im Grunde nur eine Aneinanderreihung von richtig schlechten Kalauern, während in anderen Handlungen immer wieder verzichtbare Gastauftritte eingeschoben werden. Die Fallhöhe zwischen nettem Fanservice und richtig miesen Dialogen ist erneut sehr hoch, sodass sich Peinlichkeiten auf Kindergartenniveau mit einigen richtig feinen Running Gags abwechseln. Immerhin ist das Tempo hoch genug, um keine wirkliche Langeweile aufkommen zu lassen... aber nicht hoch genug, um den fahrigen Plot nicht immer wieder als solchen zu entlarven.
Jason Momoa als neuer Bösewicht darf sich dafür richtig in Schale werfen. Zwar bekommt auch sein Dante Reyes erneut so gut wie keine Charakterisierung, dafür hat der "Aquaman"-Star aber augenscheinlich so viel Freude an der Darstellung seines durchgeknallten, tänzelnden und lachenden Soziopathen, dass er jede Szene an sich reißt. Was aber manchmal auch etwas beliebig wirkt, denn hinter diesem verrückten Getue verbirgt sich leider nicht viel, weswegen Momoas Leistung im Grunde viel zu gut für solch einen austauschbaren Charakter ist. Der Rest der Besetzung hat da wenig entgegenzusetzen: Vin Diesel grummelt sich wie eh und je durch seinen eigenen Film und zieht dabei mehr Leinwandzeit auf sich als zuvor, wodurch alle anderen Figuren (außer Dante) förmlich an den Rand gedrängt werden. Da darf ein Tyrese Gibson dann im Grunde nur noch ziellos und ohne richtige Lacher herumkalauern, Sung Kang wird nach seiner Auferstehung von den Toten noch immer nicht wirklich gebraucht und Michelle Rodriguez muss sogar sehr lange tatenlos im Off verbleiben. Einige Neuzugänge gabs dann noch oben drauf, wobei sich nach jetzigem Stand nicht wirklich sagen lässt, warum man Oscarpreisträgerin Brie Larson oder Serienstar Alan Ritchson nun auch noch in diesen Film quetschen musste - weder wirken ihre schauspielerischen Leistungen energetisch noch tragen ihre Charaktere viel zum Gesamtbild bei.
Aber das könnte ja (mit ganz viel Wohlwollen) alles noch werden. Denn "Fast X" ist nur der Startpunkt des großen Finales der Actionreihe und ist somit der erste Teil eines Showdowns. Dementsprechend, ganz nach den Vorbildern "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" und "Avengers: Infinity War" entlässt man uns mit mehreren Cliffhangern und unterbricht die Geschichte mittendrin. Und zwar noch deutlich mehr mittendrin als in den vorangegangenen Filmen, was doch einen faden Beigeschmack erzeugt. Denn die Vorbilder konnten rein atmosphärisch nicht nur mehr Neugier schaffen und ihre Cliffhanger wesentlich sinniger platzieren, sondern wiesen zudem auch direkt einen konkreten Starttermin für die Fortsetzung auf, der nicht allzu weit entfernt war. Da immer noch nicht klar ist, wann "Fast & Furious 11" anlaufen wird, um all diese mittendrin unterbrochenen Szenarien wieder aufzunehmen, wirken diese Cliffhanger nicht nur bemüht, sondern auch etwas frustrierend. Sie machen dadurch weniger Lust auf das Finale, sondern nerven eher, was durchaus schade ist. Angesichts mauer Einspielergebnisse und Vin Diesels gigantischem Ego, welches diese Filme bisweilen sogar arg torpediert, scheint die Reihe solcherlei Publikumsfishing aber wohl zu benötigen. Ob sich dieser Aufwand lohnt, sehen wir dann... demnächst irgendwann.

Fazit: Kinetischer, flotter und etwas geerdeter als der Vorgänger, wobei sonst alles beim Alten bleibt. Spektakuläre Over-the-Top-Action, ein ziemlich dümmlicher Plot und Vin Diesel, der unfreiwillig komische Weisheiten rausgrummelt. Das macht zwar Spaß und ist auch sauber und kraftvoll inszeniert, wirkt bisweilen aber auch etwas faul.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se