Direkt zum Hauptbereich

Tolles Familientreffen: Filmkritik zu "Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen"

Für die zwölfjährige Stacey Friedman (Sunny Sandler) dreht sich alles um ihre kommende Bat-Mizwa - dort soll sie, laut der jüdischen Kultur, ins Erwachsenenleben eintreten und eine riesige Party soll dabei das wichtigste Event ihres bisherigen Lebens markieren. Ihre beste Freundin Lydia (Samantha Lorraine) hilft ihr bei der Planung und plant derweil auch ihre eigene, ebenfalls kurz bevorstehende Bat-Mizwa. Doch dann droht der große Krach: Stacey ist schon lange in ihren Schulkameraden Andy (Dylan Hoffman) verknallt. Als dieser sie nach einem peinlichen Ereignis abstraft und sich dann auch noch mit Lydia anbandelt, bricht für Stacey eine Welt zusammen und die Freundschaft der beiden Mädchen wird auf eine Probe gestellt. Stacey beschließt sich zu rächen, macht damit jedoch alles nur noch schlimmer... und bedroht dabei sogar ihre eigene Bat-Mizwa.

Skepsis war durchaus angebracht an diesem Projekt, denn alles klang irgendwie nach einer Til-Schweiger-typischen Familienvereinigung. So wollte Adam Sandler unbedingt einen Film drehen, bei dem auch zahlreiche Familienmitglieder mit dabei sein sollten und vor allem seine vierzehnjährige Tochter als Hauptdarstellerin auftreten solle. Das klingt so, als hätte man weniger auf die Qualität schauen und viel mehr die Familienkasse auffüllen wollen... auch da, Sandler in Zusammenarbeit mit Netflix einige gute, aber auch zahlreiche schwächere Werke auf das Streaming-Publikum losgelassen hat. Doch die Vorab-Kritiken zeigten sich nahezu überschwänglich und auch der Film ist letztendlich eine positive Überraschung, stellt er sich doch als ungemein herzliche, bisweilen sehr lustige und lehrreiche Coming-of-Age-Komödie heraus, in welcher sich Adam Sandler zumindest vor der Kamera erstaunlich im Hintergrund hält. Seine Tochter Sunny hingegen meistert ihre erste Hauptrolle mit sehr viel Bravour, wirkt ungehemmt, natürlich und besitzt wahnsinnig viel Esprit. Was man so auch von der restlichen, jungen Besetzung behaupten kann, die allesamt starke Leistungen aufs Parkett legen und dazu beitragen, sich mit den jugendlichen Figuren zu identifizieren.
Und das funktioniert sogar, wenn man (wie ich) diesem Alter schon längst entwachsen ist. Auch wenn die Probleme, mit denen Sunny, Lydia und Co. hier fertigwerden müssen, gerade in der ersten Hälfte noch banal erscheinen mögen, so erinnern wir uns ebenfalls an diese Lebenszeit. Als der Crush, der oder die von uns vielleicht gar nichts wissen wollte, der Mittelpunkt unserer Welt war. Als Eltern immer nur nervten und ein Verrat im Freundeskreis einer Apokalypse gleichkam. Regisseurin Sammi Cohen beweist ein ungemein starkes Gespür dafür, die Probleme ihrer jungen Protagonistinnen ernstzunehmen, sie aber zugleich auch nicht zu unkaputtbaren Heldinnen zu machen. Auf spielerische Art und Weise benennt sie die Wichtigkeit diverser sozialer Medien und thematisiert Konflikte, die in diesem Alter ungemein wichtig sind, ohne sie jedoch zu überhöhen. Hin und wieder hätte etwas mehr Ambivalenz zwar nicht geschadet (so kommt Staceys Crush Andy schon von der ersten Minute an so großkotzig rüber, dass im Grunde klar ist, wie dieser Plot verlaufen wird) und auch bei zwei (von vielen) Nebenfiguren überzeichnet man ein wenig, sodass der verrückte DJ und eine musiksüchtige Lehrerin tatsächlich wie aus einer herkömmlichen Sandler-Komödie herübergezogen wirken. Die anderen Figuren kommen jedoch lebensecht, charmant und ungemein sympathisch, wenn auch nicht immer liebenswert daher.
Und genau da liegt der Knackpunkt, der diesen Film so wunderbar macht. Er lässt seine Protagonistinnen Fehler machen und aus diesen lernen... und zwar Fehler, die bisweilen wirklich heftig sind. Dass wir dabei den Faden nicht verlieren, liegt daran, wie lebensecht diese Charaktere geschrieben sind und wie gut sie zuvor mit all ihren Macken und Eigenarten aufgebaut wurden. Sicher erfindet das Werk das Rad des Genres nicht neu, ist dabei aber durchweg so liebenswert und charmant, dass man ihm eine gewisse Vorhersehbarkeit gar nicht zur Last legen will. Denn neben dem ab und an etwas schematisch wirkenden Plot gibt es ein paar richtig gute (und niemals alberne) Gags und ein paar sehr herzliche Momente, die gar Gänsehaut verursachen können. Am Ende erzählt der Netflix-Film von einer wahren Achterbahn-Freundschaft und von zwei jungen Frauen auf dem Weg ins Erwachsenenleben und welche Hürden (manche banaler als andere, alle dennoch ungemein ehrlich) sie dabei überwinden müssen. Eingebettet in die jüdische Kultur, die als feiner Hintergrund fungiert, wirkt dieser Einblick in das Leben einer verwirrten, verunsicherten und letztlich sehr lebensechten Teenagerin noch lange nach, ohne dabei zu sehr den moralischen Zeigefinger zu heben. Und das ist dann definitiv eine große Überraschung und einer der besten Sandler-Filme der letzten Jahre... mit dem man in dieser Form wirklich nicht gerechnet hat.

Fazit: Charmante, lebensechte und innerhalb der Teenager-Konflikte verständnisvolle und dichte Inszenierung eines wichtigen Lebensabschnittes zweier Mädchen, der ebenso witzig wie herzlich daherkommt und vor allem durch seine energetische Hauptdarstellerin überzeugt. Ein echter Gewinn für Netflix!

Note: 2



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid