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Überraschend gut: Serienkritik zur neuen Marvel-Serie "Secret Invasion"

Nick Fury (Samuel L. Jackson) war lange untergetaucht, nachdem der Blip ihn und Milliarden andere Menschen und Wesen im Universum wieder zurückgebracht hatte. Nun kehrt er auf die Erde zurück und muss dort ein wahres Chaos vorfinden: Offenbar ist es mehreren Skrulls, die sich seit dem Jahr 1995 auf der Erde versteckt halten, gelungen, mittels ihrer Gestaltwandlerfähigkeiten hochrangige Personalien in politischen Ämtern auf der ganzen Welt auszutauschen. Der finstere Skrull Garvik (Kingsley Ben-Adir) führt dabei einen Putsch an, der in einem Dritten Weltkrieg enden und die Skrulls somit über die Menschen als herrschende Rasse stellen soll. Fury schließt sich mit seinen alten Freunden Talos (Ben Mendelsohn) und Maria Hill (Cobie Smulders) zusammen, um dem Terroristen das Handwerk zu legen... muss dabei jedoch erkennen, dass er aufgrund der Skrulls, die schon überall verwurzelt sind, wahrlich niemandem außer sich selbst trauen kann.

Ich war mehr als skeptisch: Zwar zeigte das auf der Stelle tretende und reichlich chaotisch gewordene Marvel Cinematic Universe zuletzt mit "Guardians of the Galaxy, Vol. 3" durchaus, dass mit dem Franchise noch mehr als zu rechnen ist. Doch die Kritiken zur neuen Marvel-Serie "Secret Invasion" fielen so verhalten und bisweilen sogar regelrecht vernichtend aus, dass ich bereits einen weiteren Flop nach dem ziemlich mauen "Ant-Man and the Wasp: Quantumania" befürchtete. Die Überraschung war groß, als sich die Show dann während der ersten vier Folgen als sattsam spannender Thriller entpuppte, der ziemlich stark eine Atmosphäre der Ausweglosigkeit auflegt. Das ist für Marvel-Verhältnisse dann ziemlich düster, oftmals gar völlig humorlos und auch deutlich brutaler, was bisweilen an die richtig starken Captain-America-Filme "The Return of the First Avenger" und "The First Avenger: Civil War" erinnert. Diese Ebene tut dem MCU nach all den superbunten und oftmals maßlos albernen Götter- und Weltraumabenteuern sehr gut und zeigt, dass auch noch Raum für Ernsthaftigkeit ist abseits der großen Multiversums-Handlungsstränge. Neben allerlei Action stehen dabei auch interessante Figuren im Raum und die Spannungsschrauben werden ziemlich fix angedreht.
Im Mittelpunkt steht dabei natürlich Nick Fury, der in dieser Serie endlich mehr Tiefe und Charakter erhält - war er vorher zumeist der mysteriöse Schatten im Hintergrund, der trockene Sprüche klopfte, bekommt er nun endlich richtig Gravitas. Samuel L. Jackson hat dabei seine natürliche, einnehmende Präsenz, die ihn diese Show mit Leichtigkeit tragen lässt. Das schauspielerische Schwergewicht stellt aber jemand anderes dar, denn als große Überraschung der Serie entpuppt sich "The Favourite"-Star Olivia Colman, die als ebenso eiskalte wie gewitzte Frau am langen Hebel dafür sorgt, dass sie jede Szene mit einer nahe einzunehmenden Ausstrahlung und viel süffisantem Humor an sich reißen kann. Daneben ist Ben Mendelsohn als Talos für ein wenig Herz zuständig und beweist, dass er richtig starke Chemie zu Jackson hat; und natürlich ist auch "Game of Thrones"-Superstar Emilia Clarke dabei, die das MCU mit ihrer erst zurückhaltenden und später immer stärkeren Performance nachhaltig auf den Kopf stellt. Neben Mendelsohn und Jackson finden sich zudem weitere bekannte Gesichter des Franchise in Nebenrollen, darunter Don Cheadle und Maria Hill. Dieser üppige Cast und die enorme Verwurzelung mit mehreren (auch ungeahnten) Marvel-Filmen sorgt nicht nur dafür, dass sich die Serie recht frisch anfühlt, sondern gibt ihr auch eine Wichtigkeit innerhalb der vielen Beiträge.
Die Actionszenen wirken im Vergleich zu den ruhigeren Momenten hingegen nicht sonderlich dynamisch. Es fliegt zwar wieder einiges in die Luft, doch der Regie fehlt es dabei an zündenden Ideen, die die Russo Brothers in ihren zentralen "Avengers"-Werken noch so stimmig umsetzen konnten. Die erneut eher mauen Spezialeffekte runden diese knalligen Highlights mittelmäßig ab - da wäre mit etwas mehr Verve deutlich krachendere Unterhaltung möglich gewesen. Da das Tempo in den letzten Folgen zudem deutlich anzieht, fühlen sich ebenjene ziemlich gerusht an. Mindestens zwanzig Minuten mehr für die Folgen 5 und 6 wären wohl nötig gewesen, um den komplexen Storyzweigen auch beim Abschluss noch gerecht zu werden, denn in dieser Form verpufft das Finale trotz allerlei klotzender Tricktechnik ein wenig und allerlei Fragen bleiben (noch) ungeklärt. Sicherlich wird das Thema aber in den nächsten Filmen und Serien des Marvel Cinematic Universe noch einmal aufgegriffen, denn es werden zahlreiche mutige und sicherlich auch diskutable Entscheidungen getroffen. Dass das Franchise diese zum jetzigen Zeitpunkt braucht, ist nach vielen arg mauen Beiträgen nicht von der Hand zu weisen, doch dürften sich einige Fans mit manchen von diesen etwas schwer tun.

Fazit: Ein spannender Thriller, der für Marvel-Verhältnisse überraschend düster und brutal daherkommt, entspannt sich hier über vier interessante Folgen, mit ambivalenten Charakteren und starken Leistungen des illustren Casts. Im letzten Drittel kommt die Serie bei aller Eile aber auch aus dem Tritt.

Note: 3+



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