Direkt zum Hauptbereich

Hohles Drehbuch, starker Film: Filmkritik zu "Plane" (2023)

Eigentlich wollte Pilot Brodie Torrance (Gerard Butler) nur ganz entspannt aus seiner Heimat zurück zu seiner fern von ihm lebenden Tochter Daniela (Haleigh Hekking) fliegen, um dort mit ihr den Silvesterabend zu verbringen. Doch aufgrund gleich mehrerer fataler Fehler der Flugleitung düst Torrance gemeinsam mit seinem Co-Piloten Deler (Yoson An) in ein Gewitter und muss auf einem ihm erst unbekannten Fleckchen Land notlanden. Dort macht sich unter den Überlebenden des Unglücks erst einmal Verunsicherung aufgrund des Passagiers Louis Gaspare (Mike Colter) breit, der aufgrund eines Mordes in die Staaten überführt werden sollte. Doch Gaspare ist alsbald das kleinste Problem der verängstigten Menschenschar, denn offenbar ist Torrance auf einer philippinischen Insel notgelandet, die nicht von einer Regierung, sondern von einer hochgefährlichen Terror-Hochburg angeführt wird...

Anders als viele der neueren Actioner, in denen Gerard Butler die Hauptrolle übernimmt, landete "Plane" nicht direkt im Direct-to-Video-Ramsch, sondern kam tatsächlich in die Kinos. Und angesichts dieser ziemlich hanebüchenen Geschichte möchte man das erst kaum glauben, denn das Drehbuch muss sich wahnsinnig strecken und die Charaktere allerlei völlig kopflose Dinge tun zu lassen, um diverse und prekäre Situationen überhaupt ans Laufen zu bekommen. Das geht schon an Bord des Flugzeuges los und verschlimmert sich nach dem Beinahe-Absturz noch, wenn sowohl Helden als auch Bösewichte immer wieder genau das Gegenteil von dem tun, was nun gerade richtig für ihr eigenes Wohl wäre. Kleine, aber wahnsinnig dumme Fehler wie das Vergessen eines Ausweises lassen uns den Kopf schütteln und sind auch ein wenig ärgerlich, da "Plane" somit blöder wirkt als er sein müsste. Die Ausgangslage ist nämlich ziemlich simpel, aber dennoch wahnsinnig effektiv - diese müsste man nicht durch ungelenke und schwach hergeschriebene Drehbuch-Floskeln noch weiter verstärken.
Dazu gehört auch die Figur des Louis Gaspare, der natürlich erst für einiges an Unmut sorgt, vom Drehbuch aber natürlich relativ beliebig als eigene Ein-Mann-Armee einspringt. Auch der Rest der Passagiere entstammt weitestgehend aus der Klischeekiste, sodass sich dort Sympathieträger neben den typischen Nervensägen tummeln. Aber ich konnte mir nicht helfen: Regisseur Jean-Francois Richet und der gesamte Cast machen aus einem höchst mittelmäßigen Drehbuch noch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln noch das Allerbeste. Alleine die Atmosphäre, die sich angesichts eines möglichen Flugzeugabsturzes über dem offenen Meer breitmacht, ist dank eines feinen Händchens für Timing, Schnitt und richtig gut gecastete Nebendarsteller (die Chemie zwischen Butler und Yoson An, der dessen höchst sympathischen Co-Piloten spielt, ist absolut brillant), absolut schneidend und gehört zum Intensivsten, was das Genre in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Auch im späteren Verlauf kann der Film dieses Niveau zumindest ansatzweise halten, liefert brachiale und realistische, bisweilen auch knüppelharte Action ohne stupides Dauerfeuer und setzt kleine Atempausen an den richtigen Momenten. Hier ist wirklich kein Gramm Fett zu viel dabei, was "Plane" über 108 Minuten mordsspannend macht und einen über diverse Plotholes hinwegsehen lässt.
Auch Gerard Butler wirft sich mit der von ihm gewohnten Verve in den Ring - dieser Mann hat es einfach drauf, selbst in mittelmäßigen Actionern mit so viel Gravitas und Energie aufzutreten und dabei dennoch empathisch und zugänglich zu wirken, dass es einen Film förmlich retten kann. Das ist auch hier der Fall, wobei ihm und dem Rest des Casts die flotte und dennoch wahnsinnig gut durchgetaktete Exposition der wichtigsten Figuren zu Beginn gut in die Hände spielt. Man hat hier das Gefühl, dass alle Beteiligten mehr als nur ihr Bestes geben, um einen eigentlich arg mauen Film zu etwas viel Besserem zu machen, als eigentlich möglich gewesen wäre. Doch es war offensichtlich möglich, denn hier sehen wir das seltene Kunststück, dass eine brachiale Inszenierung, sympathische Figuren (trotz offensichtlicher Klischees) und ein gutes Gespür für das immer weitere Anziehen der Daumenschrauben dafür sorgen, dass ein höchst durchschnittliches Drehbuch plötzlich zu einem richtig guten Action-Thriller wird. Das ist in dieser Form durchaus etwas Besonderes, weswegen man sich sogar ganz, ganz vorsichtig auf die bereits angekündigte Fortsetzung freuen darf... auch wenn man nicht erwarten sollte, da jetzt plötzlich mehr Hirnschmalz im Skript aufzufinden.

Fazit: "Plane" hat ein sehr dürftiges Drehbuch, macht aus dem Flickenteppich voller Plotholes aber dank einer beinharten Inszenierung, einem starken Cast sowie einigen heftigen Spannungs- und Actionspitzen ohne CGI-Orgien einen richtig spannenden Film. Hirn abschalten und Spaß haben - wer das befolgt, wird sich sicherlich in die Sofalehnen krallen.

Note: 3+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid