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Leider zu stumpfer Selbstjustiz-Thriller: Filmkritik zu "Chase - Nichts hält ihn auf"

Auf dem Weg zu den Eltern seiner Frau Lisa (Jaimie Alexander) hält Will Spell (Gerard Butler) an einer Tankstelle - vorgeblich, um den Tank zu füllen, doch möchte er in Wahrheit ein Gespräch forcieren, bei dem er seine Frau, die sich nach einer Auszeit der Ehe sehnt, überreden möchte, der Beziehung noch eine Chance zu geben. Dieses Gespräch verläuft im Sande und Lisa sucht das Geschäft auf, um sich eine Flasche Wasser zu besorgen... und kehrt nicht zurück. Nach rund zwanzig Minuten der alsbald verzweifelten Suche meldet sich der aufgelöste Will bei der Polizei, die anschließend den spärlichen Hinweisen nachgeht und versucht, hinter Lisas spurlosem Verschwinden einen Sinn zu erkennen. Dabei gerät jedoch auch Will selbst in den Fokus der Ermittlungen...

Ein wenig aufpassen muss Actionstar Gerard Butler eventuell schon - das zahlende Publikum sieht den kernigen Schauspieler zwar immer noch gerne in seinen zumeist sehr explosiven Action-Thrillern, doch findet sich darunter auch bereits manche Gurke. Rein thematisch unterscheiden sich die krachenden Filme der Marke "Angel Has Fallen", "Criminal Squad" und nun eben "Chase" nur selten voneinander - stets ist es der anfängliche Normalo Butler, der alsbald mit vorgehaltener Waffe und geballten Fäusten gegen böse Buben in den Kampf zieht. Das hat fast immer einen gewissen Unterhaltungswert, kann aber auch die Grenze des Trashs überschreiten. Man will es ihm nicht wünschen, doch Butler muss bei der Auswahl seiner Filme achtsam sein, nicht irgendwann den Weg zu nehmen, den vor ihm auch Mel Gibson, Bruce Willis und Co. nahmen: Actionstars, die wie die Besessenen drehen (oder drehten), dabei aber auch jede Menge C-Schund ermöglichten. Solange Butler auf jeden höchst mittelmäßigen Actionreißer aber noch einen Blockbuster-Hit an Land zieht (wie der letztjährige "Greenland" oder der noch in den Kinos laufende "Plane"), dürfte alles im grünen Bereich sein. "Chase" zeigt jedoch, dass Butler bisweilen auch in weniger brauchbaren Filmen mitzieht.
Und dass diese dann nicht vollends scheitern, ist maßgeblich eben diesem Co-Star zu verdanken. Butler mag nicht der großartigste Schauspieler seiner Generation sein, aber seine physische Energie, seine kernige Ausstrahlung und sein deutlich sichtbarer Willen, aus den marginal gezeichneten Figuren noch etwas herauszuholen, sind fast immer zu sehen. So auch hier: Die Geschichte des Films passt prinzipiell auf einen Bierdeckel, doch macht es gerade in der atmosphärisch noch recht dichten ersten Hälfte sehr viel Freude, Butler's Will Spell dabei zuzusehen, wie er einen Hinweis nach dem anderen folgt, um das mysteriöse Verschwinden seiner Frau aufzudecken. Die Regie von Brian Goodman agiert dabei solide, kann das zuvor noch so makellose Tempo im weiteren Verlauf allerdings nicht mehr hochhalten. Denn sobald "Chase" von einem recht spannenden Thriller mal wieder zu dem üblichen Selbstjustiz-Reißer mutiert, wandelt sich die Geschichte so vorhersehbar und letztendlich auch stumpf weiter, dass Atmosphäre und auch die intensive Energie der ersten halben Stunde restlos verpufft.
Natürlich sollte man bei Filmen dieser Art, die in erster Linie geradlinige Popcorn-Unterhaltung liefern wollen, nicht allzu stark nachdenken. Doch selbst mit ausgeschaltetem Gehirn lassen sich einige der völlig weltfremden Entscheidungen, welche Protagonisten und Antagonisten in der actionlastigen, zweiten Hälfte treffen, kaum noch goutieren. Dass natürlich immer wieder wichtige Informationen genau mit den Menschen eben nicht geteilt werden, die mit diesen den Fall ordentlich voranbringen könnten, kennen wir schon. Und auch das lieber kopflos mitten in die Schusslinie gelaufen wird und sämtliche Verkehrsregeln missachtet werden, während man gerade einen Körper im Kofferraum transportiert, ist nicht neu. Doch eben diese trashigen Anschlusspunkte machen den zuvor so atmosphärisch gekonnten Aufbau wieder zunichte. Gegen Ende wird der brutale Selbstjustiz-Trip dann nicht nur toleriert, sondern gar glorifiziert, was immer noch ein gewisses Geschmäckchen mitbringt. Das macht "Chase" dann nicht zwingend zu einem Totalausfall, aber zu einem Film, der viel mehr sein könnte (und anfangs vielleicht auch sein wollte) als der typische Hirn-Aus-Actioner. Und das ist dann schon etwas schade.

Fazit: Zu Beginn macht der atmosphärische Aufbau mit einer galanten Spannungskurve und einem gewohnt stark agierenden Gerard Butler noch viel Freude. Sobald der clevere Thrill allerdings dem typischen Selbstjustiz-Haudrauf ohne Sinn und Verstand weicht, säuft "Chase" gnadenlos ab.

Note: 4+



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