Die seit einem Jahr verwitwete Betty McLeish (Helen Mirren) macht über ein Dating-Portal im Internet die Bekanntschaft mit dem charmanten Engländer Roy Courtnay (Ian McKellen). Bettys Enkel Steven (Russell Tovey) reagiert von Anfang an ungehalten auf die sich rasch entwickelnde Beziehung der beiden Senioren, vermutet er doch, dass Roy es auf die geerbten Millionen seiner Großmutter abgesehen haben könnte und daher Bettys Gutmütigkeit mit Charme und Gebrechen ausnutzen möchte. Mit dieser Theorie liegt Steven tatsächlich nicht falsch: Roy ist ein Trickbetrüger, welcher gemeinsam mit seinem Partner Vincent (Jim Carter) und durch clevere Methoden bereits hunderttausende Dollar ergaunert hat und in der offenbar naiven Betty nun ein neues Opfer sieht...
Natürlich ist es nicht ganz so einfach und dass es sich bei "The Good Liar", inszeniert von Bill Condon, der nicht nur die letzten "Twilight"-Filme zu verantworten hat, sondern mit Hauptdarsteller Ian McKellen auch bereits für das Drama "Mr. Holmes" und den Disney-Blockbuster "Die Schöne und das Biest" zusammenarbeitete, einfach nur um einen cleveren Coup eines gealterten Betrügers handelt, das spürt man schon recht früh. Es ist auf der einen Seite etwas schade, dass man als Zuschauer von vornherein ahnt, dass hinter der ganzen Geschichte des Coups noch eine andere, düstere Ebene stecken wird - so weiß man zumindest in ganz groben Zügen, worauf der Plot hinauswill. Wie der Film das erzählt und was letztendlich der große, detailreiche Plan ist, der uns am Ende enthüllt wird, das bleibt lange Zeit ein nicht unbedingt originelles, aber dennoch ein spannendes Mysterium.
Dieses wird dann auch sehr erschöpfend erklärt und muss dabei in einer langen Erklärbär-Sequenz erläutert werden. In den Momenten, in denen uns "The Good Liar" die wahre Dramatik seiner Geschichte haarklein auftischt, wirkt der Film durchaus etwas bemüht. Da wird dann jede kleine Szene, jedes winzige Detail noch einmal hervorgezogen, um diesem eine Bedeutung beizumessen. Lobenswert, da Autoren und Regisseur hier tatsächlich ein sinniges Puzzle vorweisen können, bei welchem sich angesichts all der verschiedenen Hinweise, die über den Verlauf des Werks verteilt werden, eine Zweitsichtung definitiv lohnt. Es ist aber manchmal auch ein wenig überkanditelt, was man uns hier vorsetzt - die Leichtigkeit eines bravourös geschriebenen Coup-Dramas geht angesichts der bemühten Spurenverschleierung und all der Auflösungen etwas verloren.
Dass die Geschichte als Ganzes, wenn sie hier dann auch mal etwas schleppend erzählt wird, dennoch eine gute ist, lässt sich nicht von der Hand weisen - gegen Ende wartet "The Good Liar" dabei sogar mit harschen Wendungen auf, die einen ziemlich schwer schlucken lassen. Ob man dies nun als passende Verbindung sehen darf zu einem Film, dessen düsterer Vorhang sich durchweg angedeutet hat, der aber auch in zwei sehr verschiedene Tonarten zerfällt, das mag wohl ein jeder anders sehen. Es ist aber sicherlich so, dass der Film trotz seiner perfekt durchstrukturierten Geschichte tonal nicht ganz rund wirkt - der Intensität der letztendlichen Enthüllungen, obwohl sie ebenso wie die eingestreuten Rückblenden manchmal etwas gewollt wirken, tut das aber kaum einen Abbruch.
Rein schauspielerisch darf man "The Good Liar" aber als absolutes Glanzlicht bezeichnen, denn die beiden Altstars Mirren und McKellen liefern hier auf ihre alten Tage noch mal ordentlich ab. Am interessantesten ist es dabei zu sehen, wie beide Charaktere manchmal in Rollen schlüpfen und gar mit ihnen zu verschmelzen scheinen, sodass ein echtes Spiel kaum mehr auszumachen ist... oder man glaubt, es sei etwas überzeichnet dargestellt, was so aber plötzlich gewollt ist. Beide liefern dabei ein ebenso emotional aufwühlendes wie elektrisierendes Duell und schaffen es sogar, dass gelegentlich die Funken sprühen.
Fazit: "The Good Liar" ist ein bis in den letzten Winkel durchstrukturierter Thriller, der sämtliche Fragen und Hintergründe erschöpfend klärt. Das kostet dem Werk die Leichtigkeit, sorgt aber auch für einige intensive Momente und spannende Verwerfungen mit dramatischen Backgrounds.
Note: 3+
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