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Der Leuchtturm (2019)

Thomas Wake (Willem Dafoe) ist ein ehemaliger Seemann und heuert gemeinsam mit seinem neuen Gehilfen Ephraim Winslow (Robert Pattinson) als Leuchtturmwächter auf einer kleinen Insel an. Vier Wochen sollen sie dabei in völliger Einsamkeit den Leuchtturm hüten und das Haus warten. Schon früh wettert Wake jedoch gegen seinen jüngeren Gehilfen und zwischen beiden scheint sich ein Abgrund aus gegenseitiger Abneigung aufzutun. Es scheint nicht lange zu dauern, bis beiden die Einsamkeit, das stürmische Wetter und das ständige, gezwungene Zusammenleben auf die Psyche schlagen will...

Er wirkt ein bisschen aus der Zeit gefallen, dieser Film, und das ist auch durchaus so gewollt. Komplett in Schwarz-Weiß gedreht sieht "Der Leuchtturm" auch aufgrund seines Bildformats und des krisseligen Korns wie ein Werk aus der Stummfilm-Ära Hollywoods aus, verneigt sich in Form und Ton vor den Gothic-Horrorstreifen der 30er und 40er Jahre. Da verwirrt es gar kurzzeitig, wenn mit Willem Dafoe und Robert Pattinson die beiden Hauptdarsteller die Bühne betreten, deren Gesichter wir mit eben mit der heutigen Gegenwart verwurzeln - als würden Optik und Besetzung hier im absoluten Konstrast miteinanderstehen. Das fasziniert eine Weile lang, bevor "Der Leuchtturm" als psychisch anstrengendes Kammerspiel aber irgendwann den Boden unter den Füßen und schließlich das Interesse meinerseits verliert.
Es gibt viel, was man dem Film und vor allem "The Witch"-Regisseur Robert Eggers löblich zu Gute halten muss. Zum einen die zurecht oscarnominierte, phänomenale Kameraarbeit, die den einsamen Ort mitten auf dem Meer in einen Ort des Schreckens wandelt und alptraumhafte Bilder entspinnt, die sich schier in die Augäpfel einbrennen - immer im Zusammenspiel mit dem starken Sound, der ganz klassisch mit lauten Wummsern und einem schrillen, geisternden Soundtrack daherkommt. Auch die Schauspielführung gelingt Eggers ganz ausgezeichnet, auch wenn es niemand wirklich verwundert sein dürfte aufgrund der brillanten Leistungen von Pattinson und Dafoe. Letzterer bewies bereits vor rund einer Dekade mit "Antichrist", dass er abgedrehten Horrorstoffen nicht abgeneigt ist, ersterer versucht bereits seit dem Ende der "Twilight"-Saga, mit immer komplexeren und dem Mainstream abgeneigteren Stoffen Fuß zu fassen - was ihm auch hier wieder gelingt. Es lässt sich nicht sagen, wer von beiden besser ist. Wir wissen nur, dass sie sich beide die Seele aus dem Leib spielen und uns dabei absolut erschrecken.
Getreu dem Spiel der Darsteller, welches mit fortschreitender Laufzeit und auch dem fortschreitenden Wahnsinn seiner Protagonisten immer lauter wird, muss auch der Film an sich mit immer weiteren Grotesken spielen. Ob man diese nun als angsteinflößend und clever oder doch als stumpfsinnig und anstrengend werten will, wird jeder für sich entscheiden müssen. Ich jedoch habe mich mit Eggers' Vision vor allem in der zweiten Hälfte nicht mehr anfreunden wollen, wenn er in den langen Dialogen und den immer groteskeren Alptraumsequenzen den Bogen das ein ums andere Mal überspannt - ein bisschen wie das letzte Drittel von Ari Asters "Midsommar", der erst ein grandioser Gruselschocker war und schließlich in seltsamen Hexenkitsch abdriftete. Das hat mich dann ziemlich krass verloren, wobei mich die zum Teil schier albernen wirkenden Wahnsinns-Szenen, in denen sich die beiden Protagonisten die Worte um die Ohren hauen, am meisten störten. Durch ziemlich skurillen Humor wird der innere Schrecken des Films und des Ortes nämlich immer wieder aufgelöst - es gibt somit noch einzelne Szenen, die gruseln und verstören, aber keinen einheitlichen Bogen mehr.

Fazit: In die Lobeshymnen zu "Der Leuchtturm" mag ich nicht einstimmen. Ich liebte die Kameraarbeit und das Spiel seiner beidne vollkommen haltlosen Darsteller, darüber hinaus hat mich das anstrengende und überzeichnete Konzept des Wahnsinns der Einsamkeit aber nicht überzeugen können.

Note: 4+





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