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Babel

Ein einziger Gewehrschuss löst einen wahren Sturm aus. In der marokkanischen Wüste sollen zwei Kinder eine Ziegenherde hüten und lauernde Schakale mit einem Gewehr fernhalten. Als die beiden Brüder testen wollen, wie weit die Kugeln fliegen, beginnen sie von einem Hügel auf fahrende Autos zu schießen. Eine Kugel trifft einen Bus voller amerikanischer Touristen und dringt in die Brust von Susan (Cate Blanchett), Ehefrau von Richard (Brad Pitt), ein. Während die Insassen des Busses versuchen, das Leben der Frau zu retten, suchen die Behörden nach den Tätern. Unterdessen muss das Hausmädchen Amelia (Adriana Barraza), welche in Amerika die Kinder des Ehepaares hütet, aufgrund des Vorfalls ihre privaten Pläne umwerfen. Um die Hochzeit ihres Sohnes nicht zu verpassen, nimmt sie die Kinder mit sich... was ebenfalls Folgen haben soll.

Was "The Revenant"-Regisseur Alejandro Gonzalez Inarritu mit "Babel" erschuf, ist ein Episodenfilm. So einfach lässt es sich im Grunde runterbrechen und die Geschichte über eine kleine Aktion am einen Ende der Welt, die am anderen Ende jedoch einen Wirbelsturm auslösen wird (metaphorisch gesprochen) ist so nun auch nicht neu, obwohl auch immer noch faszinierend. Und wie Inarritu dieses Konzept hier in der ersten halben Stunde aufzieht, das weiß auch zu beeindrucken. Da lernen wir die beiden marokkanischen Kinder und ihre Familie kennen, sehen den schicksalsschweren Gewehrschuss, der im Grunde nur aus einer kindlichen Laune entstand... und verfolgen dann, wie sich dessen Folgen über Marokko bis in die USA und sogar nach Tokio ziehen. Das ist spannend und zu verfolgen, wie die einzelnen Parteien entweder unter den Vorfällen leiden und durch diesen Windhauch erneut in eigene Probleme rutschen oder wie sie die Vergangenheit, welche erst zu dem Schuss führten, heimsucht, das hat durchaus etwas für sich und ist nachvollziehbar und dicht verflochten.
Die Inszenierung des mehrfach oscarprämierten Inarritu lässt an diesen Stellen auch erwartungsgemäß keine Wünsche offen. Auch wenn die einzelnen Episoden streckenweise nur marginal durch eine bestimmte Handlung miteinander verknüpft sind und vor allem später in ihrem ganz eigenen Spannungsaufbau nebeneinander herlaufen, so verbindet er diese durch perfekt getimte Schnitte und ein wichtiges Gefühl für Dramaturgie. Das ist aber auch ein Problem dieses Films - die vier Geschichten, die er hier erzählt, sind alle auf ihre eigene Weise hochdramatisch und packend, aber eben auch nur auf ihre eigene Weise. In jeder dieser Geschichten steckt ein grandioser Film, doch laufen sie nun nebeneinander, haben sie immer wieder das Nachsehen gegenüber ihren "Konkurrenten". So ist der Plot rund um die taubstumme Schülerin Chieko, die sich nach sexuellem Kontakt sehnt, aufgrund ihrer Behinderung aber niemanden für sich findet, im Grunde ein herausragendes Drama, sehr intim und persönlich. Im direkten Schnitt zu den Szenen einer mit dem Lebenden kämpfenden, auf dem Wüstenboden verblutenden Frau hat sie zwingend das Nachsehen... auch da gerade der Handlungsstrang in Tokio über die meiste Zeit wie abgeschnitten neben dem Rest herläuft und erst sehr spät eine Verbindung offenbart, die nun aber auch keine Bäume ausreißt.
Man fragt sich also, ob eine stärkere Verknüpfung der einzelnen Geschichten sinnvoll gewesen wäre. Wahrscheinlich nicht, hätte diese doch zu angestrengt gewirkt, da die Plots darauf aus sind, für sich zu stehen und persönliche Geschichten zu erzählen. Dementsprechend wirken die einzelnen Konflikte für sich aber eher marginal und verpuffen zum Finale recht klanglos, dümpeln in einem sehr sentimentalen Ende aus. Schauspielerisch gibt es indes nichts zu bemängeln, auch wenn alle handelnden Figuren hier eher Spielbälle des Schicksals und diverser Auswirkungen sind. Es sind keine Oscarperformances, die man hier sieht, da "Babel" sich viel mehr über das "Was" als das "Wie" erzählt. Das führt zu einer gewissen Aufregung, angesichts der zu lose miteinander verbundenen Fäden, die sich alsbald gegenseitig im Weg stehen statt sich anzufeuern, auch zu Enttäuschung. Wenn Inarritu erzählen wollte, wie eine einzige Tat sich über vier Länder ausbreiten kann, um dort Verwüstungen zu hinterlassen, dann ist ihm das gelungen. Ob das allerdings erhellend ist und die einzelnen Geschichten in sich viel wirkungsvoller wären, das mag man sich durchaus fragen.

Fazit: Die einzelnen Geschichten sind an und für sich meisterhaft, dramaturgisch dicht, herausragend erzählt und gespielt. Wie Inarritu sie hier marginal verwebt, das führt zu einem unausweichlichen Vergleich - und dieser macht einige der Plots zwanghaft schlechter, da sie sich in ihrer Dringlichkeit zu stark voneinander abheben.

Note: 3+







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