Es ist ein wahnsinnig stressiger Morgen für die alleinerziehende Mutter Rachel Hunter (Caren Pistorius), die gerade ihren Sohn Kyle (Gabriel Bateman) zur Schule fährt. Dass sie dabei den nachlässigen Autofahrer Tom Cooper (Russell Crowe) anhupt, als dieser ihr wertvolle Sekunden stiehlt, soll ihr jedoch noch eine Lehre sein. Zuerst versucht der psychisch vollkommen instabile Cooper noch, der jungen Mutter eine Entschuldigung zu entlocken. Als diese im Zorn Rachels ausbleibt, fährt er plötzlich andere Mittel auf: Er versperrt Mutter und Sohn den Weg, verfolgt sie auf dem Schulweg und randaliert auf der Straße. Doch dies soll erst der Anfang sein, denn um Rachel Höflichkeit zu lehren und sie für ihre Ausdrucksweise zu bestrafen, schreckt der wahnsinnige Cooper schließlich auch nicht vor Psychoterror und Mord zurück...
Manchmal braucht es nur den einen Tropfen, der ein bereits bis zum Bersten gefülltes Fass überlaufen lässt. Das kann so ziemlich alles sein - im Falle des vollkommen neben sich stehenden Psychopathen Tom Cooper ist es eine junge Mutter, die ihn aufgrund seines Fahrstils auf offener Straße anhupt. In den folgenden achtzig Minuten dürfen wir dann dabei zusehen, wie Cooper einen Amoklauf vollübt, der es in sich hat und der sich weitestgehend auf die Mutter Rachel und ihre Angehörigen bezieht. Viel mehr als dieser eine Tropfen, der einen Mann ausrasten lässt, bekommen wir auf psychologischer Ebene jedoch nicht zu sehen. Wer dieser Cooper ist und warum er so ist, wie er ist, das bleibt trotz einiger Andeutungen bestenfalls eine reine Behauptung und ist keinesfalls schlüssig. Statt sich mit einem solchen Charakter und den psychologischen Hintergründen, was aus einem Mann ein Monster macht, auseinanderzusetzen, gefällt sich "Unhinged" nach rund zehn Minuten lieber als Actionfilm... und als solcher macht er wahrlich keine schlechte Figur.
Es ist beinahe eine einzige, sich immer weiter zuspitzende Actionszene, in die "Unhinged" nach rund zehn Minuten hineinrutscht. In Sachen Tempo und dem konstanten Ankurbeln der Spannungskurve erinnert der Film dabei an solch simple wie effektive Thriller wie "Final Call" oder "Nicht auflegen", ohne innerhalb der Originalität der einzelnen Hindernisse und Verstrickungen jedoch an diese Vorbilder heranzukommen. Dass sich der in aller Öffentlichkeit freidrehende Cooper nämlich bis zum Abspann an seinen Opfern austoben kann, ist zum einen schrecklich vielen glücklichen Zufällen und zum anderen der kompletten Unfähigkeit aller polizeilicher Beamten zu verdanken. Wenn diese auch im echten Leben so handeln würden wie im Film, dann dürfte wohl niemand mehr eines sicheren Gefühls vor die Tür gehen. Es ist also auch im Einzelnen ein ziemlicher Mumpitz, den man uns hier vorlegt, man kann "Unhinged" aber nicht vorhalten, dass er diese Szenarien nicht intensiv inszenieren würde. Für einen Film mit einer Freigabe ab 16 Jahren und einem absoluten Superstar in der Rolle des Schurken geht es hier mehr als rabiat zur Sache. Ob man dies nun effekthascherisch und gar geschmacklos oder einfach mutig und schonungslos finden mag, das muss jeder für sich entscheiden. "Unhinged" wagt sich in Sachen Brutalität aber durchaus einige Schritte mehr nach vorne als es viele andere US-Blockbuster dieser Form tun.
Recht unbeeindruckt zeigt sich aber die Heldin des Films, die trotz des grausamsten Psychoterrors aller Zeiten auch einige bitterböse Schicksalsschläge mit einem Achselzucken wegwischt. Da wird sich im schlimmsten Fall kurz auf der Straße übergeben, aber dann wird der Schock auch wieder runtergeschluckt, der Golfschläger genommen und kräftig ausgeteilt. Nein, auch an dieser Stelle Mumpitz, aber mit nur 92 Minuten Laufzeit hat der Film eben nicht genug Raum, um in diesen Momenten auch nur ansatzweise in die Tiefe zu gehen. "The Nice Guys"-Star Russell Crowe überrascht in den ersten Minuten erst einmal durch physische Veränderungen (die "Gladiator"-Zeiten sind vorbei) und anschließend durch kompromisslosen Psychoterror. Crowe neigt in diesen knurrigen, wahnsinnigen Momenten zu einer recht psychedelischen Überzeichnung und wirkt daher nicht immer glaubwürdig (was dem Film angemessen ist), es hätten sich aber beileibe schlechtere Besetzungen für den angsteinflößenden, bulligen Amokläufer finden lassen. Dass ihm die Rolle eine Art morbiden Spaß bereitete, das merkt man dem Hollywoodstar nämlich durchaus an.
Fazit: "Unhinged" ist ein temporeicher, schonungsloser und vollkommen wahnsinniger Action-Thriller. Trotz des Themas gibt es keinerlei tiefergehende, psychologische Ebene, was den Film sowohl als Ganzes als auch in Einzelszenen effekthascherisch und unglaubwürdig macht... aber intensiv inszeniert, das ist er.
Note: 3-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen