Direkt zum Hauptbereich

Neues aus der Welt

Texas im Jahre 1870: Captain Jefferson Kidd (Tom Hanks) zieht als Nachrichtenleser durchs Land - gegen kleines Geld verliest er spannende Neuigkeiten aus dem ganzen Land gegenüber den gespannt lauschenden Bewohnern. Als er auf seiner Reise einen verunglückten Kutschenwagen entdeckt, begegnet ihm darin ein kleines, verängstigtes Mädchen namens Johanna (Helena Zengel), offenbar ein Mitglied der weitergezogenen und erbarmungslos verfolgten Indianer. Kidd nimmt sich des Kindes an und möchte es den Behörden übergeben, damit diese sich um ihr Wohl kümmern. Da sich jedoch niemand verantwortlich glaubt, tritt Kidd diese Verantwortung selbst an und beschließt, Johanna zurück in ihre Heimat zu begleiten. Auf dieser Reise muss sich das ungleiche Paar vielen Gefahren stellen, die mal direkt aus der Natur und mal auch von grausamen, menschlichen Verbrechern herrühren...

Besonders hier in Deutschland wurde in den letzten Wochen beinahe ununterbrochen von diesem Western berichtet, der aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie nicht ins Kino kommt, sondern direkt bei dem Streamingdienst Netflix gelandet ist. Diese mediale Berichterstattung hat natürlich mit Helena Zengel zu tun - die zwölfjährige Schülerin aus Berlin sorgte erst mit ihrem Auftritt in dem deutschen Drama "Systemsprenger" für Aufsehen und hat hier nun ihre erste Hollywood-Rolle abgesahnt. Kürzlich wurde sie gar für einen Golden Globe als beste Nebendarstellerin nominiert und darf sich daher nun mehr als reele Chancen auf einen Oscar machen. Da ist Deutschland natürlich mächtig stolz drauf, dass einer der nächsten großen Nachwuchsstars Hollywoods direkt aus der eigenen Mitte stammt. International dürfte das Aufsehen um diesen Film dann doch weitaus geringer ausfallen, denn darüber hinaus hat "Das Bourne Ultimatum"-Regisseur Paul Greengrass einen absolut durchschnittlichen Streifen abgeliefert, der (ganz im Gegensatz zum Titel) absolut nichts Neues erzählt.
Tatsächlich ist "Neues aus der Welt" sowohl in seiner trockenen Inszenierung als auch in seinem biederen Handlungsverlauf ein einziges Klischee. Das muss natürlich per se nichts Schlechtes sein und ist es hier auch nicht - auch bekannte Geschichten können mit neuen Reizen aufwarten oder unsere Herzen auch beim wiederholten Male noch berühren. Einen richtigen Kick findet Greengrass in dieser Geschichte aber nicht und gibt dem Zuschauer daher nur die erwartbaren Elemente an die Hand. Natürlich verbündet sich das anfangs eher langsam zueinanderfindende Paar mit der Zeit. Natürlich gibt es hüben wie drüben Gefahren, welche sie nur gemeinsam überwinden können. Und natürlich entwickelt der einsam durchs Land ziehende Kidd, dem selbstverständlich auch noch ein dramatisches Trauma auf den Leib geschrieben wird, mit der Zeit väterliche Gefühle für das kleine Mädchen, dessen Sprache er nicht mal spricht. So weit, so vorhersehbar. Da "Sully"-Star Hanks hier aber, ganz im Gegensatz zu wesentlich kernigeren und dreckigeren Varianten der bekannten Ausgangssituation, den von ihm erwarteten, gutmütigen Helden darbietet, ist es auch mit dem Konfliktpotenzial zwischen den beiden Hauptfiguren etwas weiter her. 
Wo nämlich ein Jeff Bridges in "True Grit" oder, wenn man auch Videospiele mit einbeziehen mag, ein Joel in "The Last Of Us" mit der Aufgabe, ein kleines Mädchen zu begleiteten, mehr als nur haderten, da ist Hanks' Kidd aufgrund seiner durchweg guten Seele eigentlich immer dafür, die kleine Johanna zu beschützen. Richtig zusammenwachsen müssen beide daher eigentlich gar nicht, da sie bereits von Anfang an eine vertrauenswürdige Bindung haben. Das sorgt dann für weniger Konfliktpotenzial, welches in einer episodenhaften Inszenierung deswegen von Bedrohungen von außen erschafft werden muss. Die einzelnen Szenen, in denen sich unsere beiden Helden mit schießwütigen Verbrechern oder gar einem manipulierenden Mob (ein kleiner Seitenhieb gegen die beendete Trump-Ära) auseinander setzen müssen, sind dann aber auch nicht mehr als solider Genre-Standard. Geerdet und auch ein wenig gerettet wird dieser ansonsten reichlich maue Film daher von Hanks und Zengel: Hanks agiert auf gewohnt hohem Niveau, auch wenn es etwas schade ist, dass er seiner recht einseitigen Rolle auf Dauer keine farbenfroheren Facetten abgewinnen darf. Und die zwölfjährige Zengel fasziniert mit einer für ihr Alter beeindruckenden, außergewöhnlichen Kraft. Da kann man nur hoffen, dass sie und ihre Familie die nun geöffneten Türen nutzen, damit wir der jungen Schauspielerin weiterhin beim Ausfüllen von allerlei Hauptrollen zusehen können.

Fazit: Hanks ist sehr gut, Zengel ist grandios. Darüber hinaus liefert Regisseur Greengrass aber einen höchst durchschnittlichen Film ab, der sowohl bezüglich seines Handlungsverlaufs, seiner Inszenierung und auch der Charakterisierung der Hauptrollen ausgesprochen müde daherkommt.

Note: 3-





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid