Die junge Jane (Julia Garner) arbeitet seit rund zwei Monaten in den Büros einer Filmproduktionsfirma. Sie kümmert sich um anfallende Anrufe für den Produzenten und gar um seine Kinder, sollte seine Frau mal mit den beiden zusammen ins Büro platzen. Sie macht Besorgungen, schreibt Mails, kopiert und druckt, kocht Kaffee. Jane kommt morgens als erste ins Büro und geht nachts als letzte - ihr Job spannt sie voll und ganz ein. Auch ist ihr bewusst, dass ihr Chef einen Umgang zu Frauen pflegt, die er zu sich ins Büro einlädt - da ist ein auf dem Fußboden entdeckter Ohrring keine Ausnahme mehr. Jane nimmt diese sexuellen Handlungen schweigend hin, ebenso wie die unangemessenen Kommentare ihrer Kollegen in einer von weißen Männern beherrschten Domäne... bis es ihr eines Tages zu Kopfe steigt und sie einen riskanten, aber nötigen Schritt wagt.
Die "Me-Too"-Bewegung hat besonders in Hollywood im Herbst 2017 eingeschlagen wie eine Bombe, am Ziel sind wir jedoch noch lange nicht. Filme wie "The Assistant" sind der richtige Weg, um weiterhin aufzuzeigen, was hinter verschlossenen Türen (oder auch zwischen offenen) so furchtbar schiefläuft. Anders als der thematisch ähnliche, aber inszenatorisch vollkommen anders geartete "Bombshell" aus dem letzten Jahr lässt der Film das bekannte Grauen, welches von offenbar allen Beschäftigten in diesen kargen, leblosen Büros geduldet wird, schleichend agieren. Regisseurin Kitty Green braucht nicht mit dem Holzhammer zuzuschlagen, sie muss nicht die Dinge aufzeigen, von denen wir ohnehin wissen, dass sie passieren. Konkret zeigt Green in ihrem Film nicht ein einziges Mal die Taten, die hier unausgesprochen vonstatten gehen... trotzdem wissen wir durch kleine und große Andeutungen, durch eine schneidende Atmosphäre und natürlich auch durch unser empathisches Wissen bezüglich der allgemein realen Hintergründe, was los ist.
Und genau das macht "The Assistant" in seinem langsamen, beinahe kriechenden Tempo so gewichtig. Es sind diese kleinen Momente, in denen sich Janes Kollegen am Telefon darüber lustig machen, wie eine junge Frau aufgrund der Taten des mysteriösen Produzenten weint, die wirklich Dampf hinterlassen. Und der psychische Terror, der dabei mindestens ebenso grausam ist wie der physische. Eine Beschwerde einzureichen ist prinzipiell möglich, am Ende muss man dafür aber eine ehrliche Entschuldigung einreichen, natürlich per Mail. Hilfe wird angeboten und man kann sie auch annehmen - dass sich dadurch etwas ändert, steht aber auf einem anderen Blatt. "The Assistant" spricht Dinge an, ohne sie auszusprechen und ist gerade deswegen in seiner Inszenierung ungemein konsequent. Der Sexismus zeigt sich in kleinen Szenen, in den Dingen, die für die Männer normal zu sein scheinen. Dass Kinder, die das Büro besuchen, natürlich bei der weiblichen Arbeitskraft abgeladen werden. Dass die Frau im Büro das Essen besorgt, während die Männer die Kunden am Telefon bespaßen, mit denen sie natürlich längst auf der "Du"-Ebene sind. "The Assistant" macht um diese Szenen kein Aufsehen und genau deswegen sind sie so emotional.
Ein Film mit diesem Thema und diesem Ansatz würde jedoch nicht funktionieren, wäre da nicht eine Hauptdarstellerin, der es gelingt, ihn in jeder einzelnen Szene zu tragen. 80 Minuten lang steht "Sin City"-Star Julia Garner komplett im Fokus und in ihrem Gesicht sehen wir gerade zu Beginn nur in ganz kleinen Momenten (ein Blinzeln, ein kurzes Schlucken), dass das, was hier geschieht, eine emotionale Beeinträchtigung für die junge Frau bedeutet. Garner spielt klein, beinahe unsichtbar und erfüllt daher genau den Zweck der Rolle - als Assistentin soll sie möglichst unsichtbar agieren, nicht auffallen, einfach Dienst nach Vorschrift verrichten. Und das tut sie mit solch einer leisen Power, dass man vor Garner nur den Hut ziehen kann. Wenn sie sich dann schließlich doch einen Willen fasst, um die Dinge, die sie fürchtet, anzusprechen, macht Kitty Green aber auch darum kein großes Aufsehen und inszeniert diese Szenen stiller und somit kraftvoller, als man dies zuvor erwartet hätte.
Fazit: Der Film hat es nicht nötig, den Schrecken bildlich aufzuzeigen, dem wir uns sowieso bewusst sind. Trotz des extrem langsamen Tempos und karger Szenenabfolgen entwickelt "The Assistant" somit einen unangenehmen Sog.
Note: 2-
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