Ein Einhandsegler (Robert Redford) will mit seinem Segelboot den Indischen Ozean überqueren. Als er eines Tages von eindringendem Wasser aus dem Schlaf gerissen wird, muss er feststellen, dass das Boot einen im Meer treibenden Container gestriffen hat. Mit Geschick kann er die Schäden fürs Erste bereinigen, sieht jedoch bereits einen Sturm vom Horizont aufkommen. Es kommt, wie es kommen muss: Das Unwetter trifft das beschädigte Boot mit voller Wucht und führt den Segler in einen erbitterten Kampf gegen die Natur, gnadenlos, scheinbar ohne Hoffnung und dennoch mit dem unbesiegbaren Drang, zu überleben...
Es ist schon ein echtes Wagnis, auf welches sich "A Most Violent Year"-Regisseur J.C. Chandor hier eingelassen hat. Ein Film, der ausschließlich auf hoher See spielt, mit nur einem einzigen Protagonisten, dem nicht mal ein Name vergönnt wird. Ohne Dialoge, ohne weitere Interaktionen, ohne Hintergründe zu diesem stummen Helden - es zählt nur der Überlebenskampf. Ein Werk also, welches recht schnell repetitiv hätte werden können und welches es letztendlich auch manchmal ist. Denn einen Film im Grunde ohne weitere Handlung am Laufen zu halten und sich nur durch immer neue Gefahren, Herausforderungen und Rückschläge über 100 Minuten zu hangeln, das klingt nach einer Unmöglichkeit. Chandor hatte aber zumindest genug inszenatorische Finesse, um "All is Lost" zu einem sehenswerten Film zu machen, der zwar nicht durchgehend packt, aber immer wieder die Unerbittlichkeit und Gnadenlosigkeit der Natur zur Schau stellt. Und vor allem hatte er Robert Redford.
Denn an ihm hängt dieser Film selbstverständlich. Es gibt nur diesen einen Schauspieler in diesem Film, kein anderer Mensch taucht auf, ist zu sehen oder wird irgendwie behandelt. Dementsprechend sucht man auch nach weiteren Hintergründen zu diesem Segler, der allein in seinem Boot über den Ozean schippert, vergeblich. Warum er diese Tour auf sich nimmt? Was sein Ziel ist? Woher kommt er? Hat er Familie, irgendwo in der Welt? Ist es vielleicht seine letzte große Reise und hat er angesichts solch einer gefährlichen Tour gar irgendwie seinen Lebenssinn verloren? Fragen, die sich aufdrängen angesichts des wilden Kampfes gegen Wind und Wetter. Aber auch Fragen, die keine Antwort erhalten, die nicht thematisiert werden und die auch letztendlich keine Rolle spielen sollen. Denn auf mehr als den Kampf zwischen Mensch und Natur konzentriert sich Chandor nicht. Das mag auf den einen alsbald langweilig wirken, da schlichtweg ein weiterer emotionaler Unterbau fehlt und wir tatsächlich eher als Zuschauer denn als Mitwirkende an diesem Film gebunden sind. Wie eher die immer böseren Rückschläge jedoch inszeniert, bis bald nicht nur der Segler, sondern auch der Zuschauer selbst die Hoffnung auf eine Rettung zu verlieren droht, das hat durchaus Gewicht.
Altstar Redford, der seine Karriere nach eigenen Angaben mittlerweile beendet hat (sein letzter Auftritt war im Jahr 2019 ein gefeierter Cameo im Mega-Blockbuster "Avengers: Endgame"), lastet dabei eine gewaltige Kraft auf seinen Schultern. Ein Will Smith konnte als alleiniger Schauspieler in "I Am Legend" zumindest noch mit seinem Hund und diversen Schaufensterpuppen kommunizieren und gar ein auf einer Insel verschollener Tom Hanks in "Cast Away" hatte neben persönlichen Hintergründen noch seinen Volleyball Wilson dabei. Redford jedoch ist ganz allein und viel mehr als ein kleiner Fluch gleitet ihm über die gesamte Laufzeit nicht über die Lippen. Eine wahnsinnige Herausforderung, die größtmögliche für einen Schauspieler vielleicht, die Redford jedoch mit Bravour annimmt und löst. Mit wahnwitziger Kraft und einem irren Drang, dabei aber niemals überzeichnend und innerhalb der einzelnen Momente seines Charakters durchweg glaubhaft, zieht er das Publikum für sich ein. Als wäre da nur noch er und als wäre die restliche Welt verschwunden. Kaum vorstellbar, was dies physisch und psychisch für ein Kraftakt sein musste, aber Redford beweist am Ende seiner Karriere noch einmal einen ganz klaren Punkt - er ist einer der Größten.
Fazit: Ein gigantisches Wagnis, das wahnsinnig in die Hose hätte gehen können. Als solches umschifft "All is Lost" nicht alle Felsen, die solch ein Konzept eben mit sich bringt, erschafft aber vor allem dank seines grandiosen Hauptdarstellers einen spannenden Kampf zwischen Mensch und Natur.
Note: 3+
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