Scott Carlin (Pete Davidson) ist vierundzwanzig Jahre alt und lebt ohne Job und Aussichten für die Zukunft noch immer zuhause bei seiner Mutter Margie (Marisa Tomei) und seiner jüngeren Schwester Claire (Maude Apatow). Seine Zeit verbingt Scott mit seinen Freunden und dem gemeinsamen Kiffen und dem Ansehen von trashigen Horrorfilmen oder Zeichentrickserien. Als Margie beginnt, mit dem Feuerwehrmann Ray (Bill Burr) auszugehen, mit welchem Scott zuvor in einen Streit geraten ist, fürchtet der junge Arbeitslose um die Zukunft seiner Familie. So will er auch nicht verstehen, dass seine Mutter erneut mit einem Feuerwehrmann aus ist, kam sein eigener Vater und ihr ehemaliger Mann doch bei der Ausübung dieses Berufs ums Leben. Mit der Zeit erkennt Scott jedoch, in welche Sackgassen er sein Leben steuert und beginnt damit, sich echte Träume und Ziele zu schaffen...
"The King of Staten Island" ist der neueste Film von RomCom-Spezialist Judd Apatow und beruht zu Teilen auf der wahren Biografie des heute erfolgreich als Stand-Up-Comedian arbeitenden Pete Davidson, der sich hiermit quasi selbst spielt. Entnommen sind dabei unter anderem die dramatische Familiengeschichte der Davidsons und auch die Morbus-Crohn-Krankheit Petes, welche ihm enorme Schwierigkeiten in der Schule und in der Arbeit bereitete. Eine mainstreamige Komödie, wie sie Apatow zumindest mit Abstrichen bereits gemacht hat, ist hier nicht zu erwarten, auch wenn sich immer wieder leichte Spuren auf sein vorheriges Werk findet. Das Gespür, einen eigentlich ziemlich egomanischen und anfänglich unsympathischen Versager zum Protagonisten aufzubauen, den der Zuschauer mit der Zeit immer mehr zu mögen lernt, hat er auch hier nicht verlernt und auch das Geleit zur (unnötigen) Überlänge ist zu sehen - mit rund 140 Minuten ist "The King of Staten Island" deutlich zu lang geraten, was man dem Film besonders in der ersten Hälfte anmerkt, wenn man schon genauer hinschauen muss, um einen sinnigen roten Faden in der Lebensgeschichte Davidsons zu entdecken.
Mit fortschreitender Laufzeit erkennt man diesen Faden aber immer deutlicher und blickt man schließlich zurück, so sehen wir, dass die zuvor so seltsam aneinandergereihten Einzelszenen, die keine echte Handlung erkennen ließen, später umso eindrücklicher wirken. Trotz einiger Längen und des teilweise schleppenden Erzähltempos braucht der Film diese Zeit, um sowohl Scotts Lebenssituation darzustellen und auch die Nebenfiguren klarer zu zeichnen als es sonst bei diesem Genre der Fall ist. Dass der Film dabei mehr als nur biografische Hintergründe hat, kommt ihm dabei zu Gute: Die Figuren entstammen, auch wenn es anfangs so wirken mag, nicht der Klischee-Schublade und sie verhalten sich auch nicht so. Sie sind immer wieder für emotionale Überraschungen gut, so wie es im echten Leben auch der Fall ist, was dazu führt, dass wir die meisten von ihnen immer wieder aus einer gänzlich anderen Sicht betrachten. Apatow ist dabei mutig genug, Scott nicht sympathisch zu zeichnen, ihn aber auch nicht wie einen Egomanen dastehen zu lassen. Oftmals ist dieser Scott einfach nur emotional überfordert oder glaubt, im Leben gar keine echte Chance zu haben, was ihn zu einigen miesen Handlungen antreibt - eine prekäre Ausgangslage, mit der sich viele Zuschauer aber sicherlich identifizieren können.
Sobald man mit den Figuren und ihren Lebenslagen, Zielen und Träumen schließlich warmgeworden ist, enthüllt sich ein herzliches Gefühl. Unspektakulär und ohne größere Ambitionen, dafür aber sehr ehrlich, charmant und mit dem nötigen Köpfchen folgen wir Scott durch seine Welt und fühlen mit, wenn er fällt, freuen uns, wenn er endlich einen kleinen, aber feinen Erfolg feiern kann. Das ist nicht immer mitreißend: Apatows Regie hätte einfallsreicher sein dürfen, auch wenn er sich mit diesem soliden Stil sicherlich die Ehrlichkeit des Alltags zueigen machen wollte. In der Auswahl der Musikstücke wäre mehr Kreativität gefragt gewesen und hin und wieder drehen sich die Dialoge doch arg im Kreis, wohingegen die einzelnen Humoreinschübe immerhin sehr ungezwungen wirken. Das ist dann insgesamt kein neuer Hit und besonders das Mainstream-Publikum wird aufgrund des doch sehr unspektakulären und überlangen Verlaufs abgeschreckt sein. Dass uns dieser König von Staten Island aber einiges zu erzählen hat und wir uns trotz seiner Fehler einiges von ihm abgucken können, das lässt sich nicht von der Hand weisen.
Fazit: Ein sympathischer Ausflug in das tragische, aber letztendlich auch entlarvend normale Leben eines jungen Mannes, der Träume hat, aber sie gar nicht annehmen möchte. Letztendlich zu lang und auch zu unambitioniert, dank herzlicher Charaktere und einer aufbauenden Geschichte dennoch unterhaltsam.
Note: 3+
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