Der College-Professor Richard Brown (Johnny Depp) erhält die schockierende Diagnose Lungenkrebs - lange unentdeckt konnte dieser bereits streuen und gibt ihm auch mit einer Behandlung nur noch rund ein Jahr Lebenszeit. Die niederschlagende Diagnose nutzt Richard anschließend, um mit seinem Lebensstil und den falschen Entscheidungen, die er zuvor traf, aufzuräumen. So will er die kaputte Ehe zu seiner Frau Veronica (Rosemarie DeWitt), mit welcher sich längst auseinandergelebt hat, so fixieren, dass die gemeinsame Tochter Olivia (Odessa Young) nicht länger beeinträchtigt wird. Auch in seinem Job pfeift Richard ab sofort auf einengende Regeln seitens des Colleges und unternimmt den Versuch, eine kleine Auswahl an Studierenden um sich zu versammeln und einen ganz neuen, lebensnahen Unterricht aufzuziehen. Damit will er verhindern, dass die jungen Menschen ihr Leben ebenso über den Haufen werfen wie er es zuvor getan hat...
Da braucht es erst eine solch endgültige und schockierende Nachricht wie den baldigen, nicht mehr verhinderbaren Tod um sein Leben plötzlich doch noch in die richtigen Bahnen zu lenken. Das ist auf der einen Seite mehr als traurig, wenn man bedenkt, dass ein Mensch erst so spät die Einsichten erhält, durch die er bereits zuvor wesentlich freier und ungestümer hätte leben können. Auf der anderen Seite erhält dieser Richard Brown immerhin noch die Möglichkeit zum Revidieren manch eines Fehlers... und um Warnungen und Weisheiten gegenüber den Menschen auszusprechen, die nicht so bald wie er diese Welt verlassen werden. Sicher: Auf filmischer Ebene ist dieses Thema nicht neu und auch die Art, wie Regisseur Wayne Roberts es anpackt, ist es nicht. Das nimmt "The Professor" aber nun mal nichts von seiner emotionalen Strahlkraft, denn eben dieses Thema kann uns alle noch angehen - warum also das Rad neu erfinden, wenn uns diese alltägliche Bedrohung und das Leben an sich und wie man dieses korrigieren kann, ohnehin alle betreffen?
Roberts gelingen dabei besonders in der zweiten Hälfte, wenn Brown nach diversen Korrekturen und komödiantisch angehauchten, aber niemals albernen Beispielen dafür, wie man seinen Kopf freikriegen und sich endlich mal freier ausprobieren kann, die letzten Schritte gehen muss, einige Momente von großer Kraft. In die Kitschfalle tappt er dabei nur selten, was natürlich auch der Verdienst seines Hauptdarstellers ist: Johnny Depp ist weiterhin einfach viel mehr der Indie-Typ, der selbst das mainstreamigste Drehbuch der Welt noch mit seiner ganz eigenen Ausstrahlung ausbügelt. Und so ermutigt dieser Richard Brown dann nicht nur sich, sondern auch seine erwachsenen Studenten zum munteren Kiffen, Saufen und Vögeln, rein nach dem Motto "Wenn ihr es wollt, warum tut ihr es dann nicht einfach?". Eine simple Weisheit, aber mehr als nur wahr und Depp kann diese mit einer nuancierten Performance übertragen. Da kann man nur hoffen, auch angesichts dieser ungemein lebensechten und kraftvollen letzten Szenen, dass Depps Karriere trotz der Schmutzkampagnen, welche die Medien derzeit gegen ihn ins Feld führen, nicht zu sehr beschädigt wird, denn gerade in solchen Rollen, so fernab der bunten "Alice"- und "Dark Shadows"-Welten, will ich meinen Lieblingsschauspieler unbedingt weiterhin sehen.
Neben Depp überzeugt jedoch auch der unterschätzte ewige Nebendarsteller Danny Huston als Richards herzlicher, bester Freund. Wie dieser erst vollkommen überfordert und sich nahezu angegriffen fühlend auf Richards Lebenseinschnitt reagiert, um anschließend selbst Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, um diesem zu helfen, das ist mehr als nur aufbauend. Eine starke Leistung liefert auch Jungstar Odessa Young als Richards Teenager-Tochter, auch wenn ihr gemeinhin etwas zu wenig Raum eingeräumt wird - dafür ist eine Szene im letzten Drittel zwischen Young und Depp die wohl kraftvollste des ganzen Films. Letzten Endes liefern aber sowohl Huston und Young als auch die in weiteren Rollen auftretenden Zoey Deutch und "Kill the Messenger"-Star Rosemarie DeWitt nur die Zwischentöne, während "The Professor" darüber hinaus voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten ist. Depps Leistung überschattet dabei auch ein Drehbuch, welches sich hin und wieder in den schrägeren Zwischentönen verhebt und im Grunde keine Überraschungen bietet. Ein echter Depp-Film eben - bitte, liebe Filmwelt, lasst diesen Mann noch mehr davon machen.
Fazit: "The Professor" steht und fällt mit Johnny Depp und da dieser in der Hauptrolle mit gewohnter Extravaganz, aber auch mit emotionaler Kraft, die für so schon lange nicht mehr von ihm gesehen haben, überzeugt, gefällt auch der Film... trotz einiger Plot-Klischees und eines etwas zu vorhersehbaren Schlussaktes.
Note: 3+
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