Im Jahr 1999 herrscht ein erheblicher Konflikt zwischen dem jungen Drogendealer Johnny Truelove (Emile Hirsch) und dem rechtsradikalen Kriminellen Jake Mazursky (Ben Foster). Letzterer schuldet Johnny nach einem verpatzten Deal einen Geldbetrag, was bei einem Treffen in Gewalt ausartet. Als Jake damit beginnt, Johnnys Wohnung auseinanderzunehmen und ihm zu drohen, beschließt dieser mit aller Kraft zurückzuschlagen: Gemeinsam mit seinen Freunden Frankie (Justin Timberlake) und Tiko (Fernando Vargas) entführt er Jakes kleinen, unschuldigen Bruder Zack (Anton Yelchin), um somit die Bezahlung des Verbrechers zu erzwingen. Die Straftat verläuft jedoch anders als geplant: Der zuhause eingeengte Zack lebt sich in das Leben seiner Entführer ein und schließt sogar Freundschaften mit ihnen... bis Johnny aufgrund der möglichen Strafe, die ihn wegen der Tat erwarten könnte, plötzlich Panik bekommt.
Der Film von Regisseur Nick Cassavetes, der normalerweise eher für leisere Dramen wie "Beim Leben meiner Schwester" oder harmlose Comedy-Zoten wie "Die Schadenfreundinnen" verantwortlich ist, beruht lose auf einem schier unglaublichen Kriminalfall rund um den Drogendealer Jesse James Hollywood. Aufgrund von Klagen musste Cassavetes alle Namen und Orte abändern, sodass "Alpha Dog" schließlich auch der Öffentlichkeit gezeigt werden durfte. Zum Glück, denn ansonsten wäre uns ein ziemlich energiegeladener, spannender und gar ziemlich bewegender Film entgangen, der nicht nur manch eine Hollywood-Karriere eines heute angesehenen Stars in Gang setzte (und einige weiter ausmauerte), sondern auch eine packende Geschichte erzählt, die man, würde man nicht darauf aufmerksam gemacht, dass dies hier so oder so ähnlich tatsächlich geschehen ist, schlichtweg nicht glauben könnte. In den ersten zwanzig Minuten entwickelt Cassavetes noch ein recht anstrengendes Bild einer posenden Kriminellen-Gang - wer sich nicht zuvor über den Film informiert hat, dürfte in dieser ziellos aneinandergetackerten Reihe von Party- und "Chill Out"-Szenen etwas länger auf eine wirkliche Handlung warten, die über das gegenseitige Beleidigen der Protagonisten hinausgeht.
Doch mit der Zeit wird immer klarer, wohin der Hase läuft und Cassavetes spielt in der ersten halben Stunde geschickt mit den Erwartungen. Er führt jede Menge Figuren ein, die das Potenzial für einen Hauptkonfliktträger hätten und lässt das Publikum dabei lange im Dunkeln, um was es schließlich im Kern gehen wird. Wer im weiteren Verlauf weswegen eher im Fokus des Plots steht, das stellt sich immer wieder als gelungene Überraschung heraus - "Alpha Dog" wandelt sich in dieser Zeit von einem tösenden Gangster-Klopper hin zu einem tiefgründigen Drama und schließlich zu einem brutalen Crime-Thriller. Dank klar gezeichneter Figuren gleitet Cassavetes dies nie aus den Händen und auch wenn einige der Charaktere (da nicht alle genug Zeit erhalten, um sich so richtig zu verausgaben) auf Klischees zurechtgestutzt werden müssen, ist es spannend zu sehen, wie der Regisseur sie innerhalb des siedenden Grundkonflikts (der merklich unaufgeregt beginnt und sich dann immer weiter zuspitzt) in verschiedenen Fronten miteinander konfrontiert. Er entwirft dabei ein Bild einer eskalierenden Situation - angefangen mit nichts, weitergehend mit Nichts, prinzipiell auch endend wegen Nichts. Nur, weil sich die Figuren voller Panik so verhalten, wie sie es eben tun, entsteht eine Eskalation - ein wahrhaft packendes Beispiel dafür, wie schnell sich eine anfangs unbedeutende Situation hochschaukeln kann, bis sogar Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Auf einige Poser-Dialoge hätte man gerade in der ersten Hälfte aufgrund ihrer Masse verzichten können. Da Cassavetes dem Zuschauer aber einen ganz klaren Sympathieträger verweigert, ist es auch gar nicht nötig, sich mit der ziellosen Lebensgrundlage der Hauptfiguren identifizieren zu können. Anfangs wirkt es zudem etwas verwirrend, glänzende Stars in den Hauptrollen zu sehen - nicht immer können wir ihre bekannten Gesichter vergessen und stattdessen die prollenden, teils auch gefährlichen Gangster sehen. Mit der Zeit, wenn die Charaktere mehr Konturen erhalten, spielen sie sich aber weiter nach vorne. "Into the Wild"-Star Emile Hirsch mag optisch nicht wirklich dem Charakter eines geachteten Gangster-Bosses entsprechen, doch die gewaltige Energie, die er darin versprüht, lässt dies vergessen. Achtbar auch Justin Timberlake, der sich hier schon drei Jahre vor seinem erinnerungswürdigen Auftritt im meisterhaften "The Social Network" profilierte und zeigte, dass er ein ernstzunehmender Schauspieler ist. Und dann wäre da noch Anton Yelchin, der seine leider viel zu kurze Hollywood-Karriere hier mit einer nuancierten Leistung anschob und als Mittelpunkt des Chaos' fungiert, wohingegen sein Filmbruder Ben Foster besonders physisch beeindruckt.
Fazit: Nicht immer zeichnet Regisseur Cassavetes seine Ausgangssituation organisch und verliert sich hin und wieder zu stark im unsympathischen Leben der Protagonisten. Die Inszenierung einer rasch eskalierenden, spannenden Handlung und die Schauspielführung zahlreicher namhafter Stars gelingt ihm aber vorbildlich.
Note: 3+
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