Chris Mattson (Patrick Wilson) und seine afroamerikanische Ehefrau Lisa (Kerry Washington) ziehen in eine wohlhabende Straße in Los Angeles. Das Haus ist wunderschön, die Ehe der beiden verläuft weitestgehend harmonisch und alles könnte perfekt sein. Unheil droht jedoch durch ihren neuen Nachbarn Abel Turner (Samuel L. Jackson) - dieser gehört der örtlichen Polizei an und hat dort bereits einen gewissen Ruf weg. Turner stört sich an der Beziehung des jungen Paars und auch an den politischen Einstellungen seiner neuen Nachbarn, was er durch eindeutige Kommentare und schließlich auch durch belästigendes und störendes Verhalten unterstreicht. Chris will den Nachbarschaftsstreit friedlich klären, doch Abel scheint darauf keinen Wert zu legen und legt somit einen Konflikt vor, der immer mehr zu eskalieren droht...
Regisseur Neil LaBute liefert mit "Lakeview Terrace" weniger einen echten Psycho-Thriller mit allerlei Wendungen und Mindfucks ab als viel mehr eine Demontierung der idyllischen Klischees von Vorzeige-Gesellschaften. Wie auch bei ihnen die Verhältnisse unter den einzelnen Menschen brodeln, wie verdrehter und egomanischer Rassismus Menschen zerstören und verändern kann, das zeigt LaBute auf zumeist eindrucksvolle Art und Weise. Dabei ist es überraschend, dass er seinen Abel Turner nicht erst als vielleicht etwas eigenartigen, aber an sich doch recht sympathischen Eigenbrödler darstellt, sondern ihn im Grunde schon nach wenigen Minuten als klaren Antagonisten skizziert. Es dauert nicht lange, bis Turner seine neuen Nachbarn mit kleinen, aber doch zielgerichteten Attacken provoziert. Die Gründe für diesen enormen Hass gegen zwei Menschen, die er kaum kennt, deckt "Lakeview Terrace" im weiteren Verlauf ebenfalls auf, was Abel Turner glücklicherweise zu mehr macht als bloß zu einem verkappten Rassisten. Und auch wenn diese Hintergrundgeschichten nicht überraschend kommen - Turner ist ein verzweigter Charakter, dessen moralische Tiefschläge wehtun und dessen Faszination man sich deswegen nicht ganz entziehen kann.
Im späteren Verlauf weicht dieses fein erzählte Rassismus-Drama jedoch immer mehr auf und LaBute besinnt sich auf wesentlich effekthascherische und überzeichnete Szenen, widmet sich dem Bereich des Thrillers. Der Ton war zwar auch zuvor nie wirklich leise, aber hier dreht man doch plötzlich in aller Gewalt und all den schreienden Konflikten so dermaßen auf, dass selbst das gewalttätige Finale nicht mehr schockiert - zu früh hat man die Leinen bereits losgelassen, weswegen "Lakeview Terrace" zu energetisch und zu übertrieben in den Abspann segelt. Mit der Zeit verliert der Film dabei auch die zuvor noch so interessante Charakterzeichnung aus den Augen. Wo ein Turner eine Hintergrundgeschichte spendiert bekommt, die seine Taten zwar nicht goutieren, sie aber zumindest in seinem Kopf und mit seinen tiefen Gefühlen verständlich machen, bleibt das junge Pärchen, welches dem fiesen Polizisten ausgeliefert ist, bemerkenswert blass. Dass liegt weniger an Patrick Wilson oder Kerry Washington, die sich alle Mühe geben, mit Energie und auch ein wenig Spaß allen Eifer in die Schale zu legen - wohingegen sie natürlich gegen einen freidrehenden Samuel L. Jackson schlichtweg den Kürzeren ziehen müssen. Die Konflikte, die sich die Autoren aber auch angesichts des jungen Paares aus dem Hut zaubern, wirken nicht nur arg soapig und langweilig, sondern auch sehr gewollt. Man kann verstehen, dass der allgemeine Stress der Situation die Gemüter erhitzt, dass sich ein schon seit längerer Zeit verheiratetes Paar so dermaßen gegenseitig im Weg steht und sich kaum mehr zuhört, das riecht schon nach Willkür der Autoren, um diesen ansonsten recht farblosen Charakteren auch noch ein weiteres Drama anzudichten.
Highlight des Films ist dabei also klar "Pulp Fiction"-Star Samuel L. Jackson, dessen im Kern interessanter und bedrohlicher Charakter erst im letzten Drittel mit einigen überzeichneten Wendungen in ein seltsames Licht gestellt wird. An Jacksons energiegeladener Leistung ändert aber auch ein wirres Finale nicht - er gibt dabei tatsächlich alles. Dabei gelingt es ihm auf erstaunliche Art und Weise auch, seine Figur zu erden, wobei Jackson schier gegen das Drehbuch arbeitet, welches seinen Abel Turner immer höher und weiter zum absoluten Psychopathen erhebt. Jackson lotet die kleinen Details seiner Figur aus, was ihn am Ende trotzdem zum klaren Bösewicht macht, ihm jedoch auch einige menschliche Ebenen verpasst, die bei einem anderen Schauspieler vielleicht im schieren Wahnsinn untergegangen wären. Jackson kann jedoch auch nicht verhindern, dass einige zwischenmenschliche Elemente entweder seltsam verwaschen (die Beziehung Abels zu seinen Kindern) oder auf unprovokante Art und Weise behandelt werden (Abels Job und der Umgang mit seinen Kollegen und Vorgesetzten). Hier hätte noch mal ordentliches Konfliktpotenzial gebrodelt, doch leider verlassen sich die Macher zu diesem Zeitpunkt bereits mehr auf die Thriller-Aspekte des Films und weniger auf die, die dem Film mehr menschliches Drama gegeben hätten.
Fazit: Spannender Thriller, der besonders durch die energetische Darstellung von Samuel Jackson gewinnt und in der ersten Hälfte ein zwar einseitiges, aber durchaus aufgeladenes Spiegelbild der Wohlverdiener-Gesellschaft aufzeigt. Später wandelt sich der Film leider zu überzeichnet in Richtung eines unglaubwürdigen Psychospiels.
Note: 3
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