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Awake (2021)

Unsere Welt gerät förmlich von einer Sekunde auf die andere aus den Fugen: Ein gigantischer Stromausfall legt jegliche Energie lahm und sorgt für Chaos in Amerika. Während sich die junge Mutter Jill (Gina Rodriguez) noch mit ihren Kindern Matilda (Ariana Greenblatt) und Noah (Lucius Hoyos) orientiert, stellen sie alsbald im Krankenhaus fest, dass allen Menschen die Fähigkeit des Schlafens geraubt wurde. Aus Furcht vor den baldigen Folgen des unausweichlichen Schlafentzugs, die schnell im Tod enden können, sucht die dreiköpfige Familie nach einer Lösung des Problems. Diese finden sie bald in ihren eigenen Reihen, denn Matilda zeigt bald, dass sie noch des Schlafens mächtig ist. Um sowohl ihre Tochter vor den durchdrehenden Menschen auf den Straßen zu schützen als auch die Menschheit zu retten, macht sich Jill auf, Matilda in ein Labor zu bringen... schließlich könnte sie die Lösung für ein Ende des Unheils darstellen.

Was geschieht, wenn der Mensch nicht mehr fähig ist zu schlafen? Dieser ebenso faszinierenden wie angsteinflößenden Frage geht Regisseur Mark Raso in seinem neuen Thriller "Awake" auf den Grund oder versucht dies zumindest. Dass hierbei nicht nur ein einzelner Mensch, sondern gleich unsere ganze Spezies zum ewigen Wachsein verdammt ist, passt in unsere heutige, pandemische Zeit natürlich ziemlich gut rein und zumindest auf dem Papier sorgt er mit dieser knackigen Grundidee für reges Interesse. Schon früh ahnt der geneigte Zuschauer jedoch, dass es verflixt schwierig werden dürfte, auf die zwei gleich zu Beginn gestellten zentralen Fragen zufriedenstellende Antworten zu finden: Wieso können die Menschen nicht mehr schlafen... und warum kann Matilda es doch noch? Dass Raso uns auf diese beiden Fragen absolut banale und letztendlich in ihrer inneren Logik arg bescheuerte Antworten gibt, ist indes noch das geringste Problem in einem darüber hinaus vollkommen vermurksten Netflix-Film, der seine Protagonisten nicht schlafen lässt, um dafür den Zuschauer ziemlich sicher ins Land der Träume zu schicken.
Raso findet keinerlei Gespür für die katastrophalen Zustände in den USA, nachdem der mysteriöse Vorfall seine Kreise gezogen hat. Als würde er überhaupt nicht wissen, was er mit dieser grandiosen Grundidee anfangen soll, packt er schließlich alles irgendwie zusammen, was für einen apokalyptisch angehauchten Thriller irgendwie nützlich zu sein scheint. Dementsprechend lässt er die Situation sehr schnell eskalieren und bietet mit verrückten Religionsfanatikern, die das schlafende Kind gerne opfern wollen, über ausgebrochene Gefängnisinsassen, Soldaten mit dem Finger am Abzug und natürlich auch einigen komplett durchgeknallten Psychopathen einfach alles auf einmal auf. Das Gefühl, wie er diese bedrohlichen Szenarien auch intensiv umsetzt, scheint Raso jedoch nicht zu besitzen und kann somit zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise ein Gefühl von Spannung erschaffen. Seine maue Inszenierung zeichnet sich durch dunkle, wirre Bilder aus, denen es an Ideen, Kreativität und ganz besonders an echter Gravitas fehlt. Insbesondere der schießwütige Showdown verkommt dabei zu einem leeren Brei aus Gewalt, bei welchem der Zuschauer gar nicht mehr weiß, wo oben und unten ist.
Inhaltlich bewegt sich Raso auf einer ähnlich frustrierenden Ebene. Im Grunde dient der Plot nämlich nur dazu, die dreiköpfige Familie von einer Gefahrensituation in die nächste schlittern zu lassen, wobei der unbeholfene Schnitt diese Einzelszenen niemals kompakt verbinden kann. Das Finale soll dann zumindest noch ein wenig Storytelling bieten, scheitert aber an einer solch lauen Dramaturgie, dass man hier definitiv nicht mehr mitfiebern mag. Auch mit den verschiedenen Auswirkungen der erzwungenen Schlaflosigkeit hat sich Raso offenbar nur wenig auseinandergesetzt, weswegen er die Menschen schon nach kurzer Zeit einfach nur am Rad drehen lässt und anschließend natürlich kaum noch eine Steigerung findet. Mit aufmerksamen Augen und Ohren lassen sich darin dennoch einige starke Ideen finden - wie Rasos Skript zum Beispiel innerhalb seiner Grundsituation mit Komapatienten umgeht, ist interessant und auch der Antrieb von Protagonistin Jill hat in der Tat etwas Intensives. Leider nutzt Raso diese Ansätze in letzter Konsequenz nicht aus, denkt seine Ideen nicht glaubhaft zu Ende und kann deswegen nur noch ein Sammelsurium aus unfokussierten Merkwürdigkeiten aufbieten. Am Ende bleibt so eine echte Filmgurke, die nur wenig mehr aufbieten kann als eine interessante Idee.

Fazit: Ein echter Reinfall, der aufgrund seiner banalen Inszenierung und seines stumpfen Inhalts einen echten Tiefpunkt für Netflix darstellt. Wenn die Antworten auf die großen Mysterien in ihrer Dummheit noch das geringste Ärgernis in dieser Schlaftablette darstellen, dann muss tatsächlich eine ganze Menge schiefgelaufen sein.

Note: 5





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