England, 1932: Gräfin Constance von Trentham (Maggie Smith) reist gemeinsam mit ihrer Zofe Mary Maceachran (Kelly Macdonald) zum Landsitz von Sir William McCordle (Michael Gambon) und seiner Frau Lady Sylvia (Kristin Scott Thomas), wo eine Wochenendgesellschaft und ein Jagdereignis stattfinden soll. Während sich die wohlhabenden Gäste an Speis und Trank gütlich tun und dabei gegeneinander sticheln, findet in der Dienerschaft in den unteren Geschossen ein reges Treiben ab. Viele der Diener der einzelnen Gäste begegnen sich zum ersten Mal und die resolute Mrs. Wilson (Helen Mirren) hat alle Hände voll damit zu tun, die Arbeiterschar beieinander zu halten. Mary erfährt eher zufällig einige düstere Geheimnisse der derzeitigen Hausbesetzer... und als es während einer Festlichkeit zu einem schockierenden Vorfall kommt, könnte plötzlich jeder der Adelsmenschen und Diener ein potenzieller Verdächtiger sein.
Für "Gosford Park" gab es im Jahr 2002 gleich sechs Oscarnominierungen, wovon der Film den Preis für das beste Drehbuch mit nach Hause nehmen konnte. Und genau dieses ist das Salz in der Suppe in einem auch darüber hinaus vortrefflich inszenierten Werk. Die Dialoge sind wunderbar geschrieben, geschliffen scharf und von einer enormen Intriganz. Intrigant gestaltet sich auch das Leben auf dem Landsitz von Mr. McCordle, wo jeder etwas von einem anderen will und ein jeder auch ein unangenehmes Geheimnis mit sich herumzutragen scheint. Regisseur Robert Altman entblättert das Leben der Reichen und Adeligen aus einer anderen Zeit und zeigt die Missstände, die Intrigen und gar die blutigen Taten einer Gesellschaft auf, die vor allem anderen nach Glanz und vornehmen Verhaltensweisen zu leben scheint. Diese Entfesselung gelingt Altman mit sehr viel subtilem Witz und vor allem einem Ensemble aus brillant geschriebenen Figuren. Mehr als zwanzig Charaktere tummeln sich über die größte Dauer der Spielzeit in einem Haus und über jeden von ihnen erfahren wir viel - dementsprechend ist die Halbzeit auch bereits überschritten, als es zu dem einen Vorfall im Haus kommt, der eigentlich erst die Handlung so richtig in Gang bringen sollte.
Genau diese Zeit benötigt "Gosford Park" jedoch, um all seine Figuren auf Haupt- und Nebenschauplätzen vorzustellen und ihnen Manirismen, Vergangenheiten und Ziele anzudichten. So richtig trauen will man am Ende niemanden mehr und selbst die nach außen hin vollkommen ergebenen Diener der Oberklasse scheinen etwas hinter Knopf und Farn zu verbergen. Wenn Altman all diese Figuren in der Düsternis der Extremsituation nach einer langen Vorstellung also aufeinander loslassen kann, dann gehört das zu einem lange vorbereiteten und erst deswegen so brillant funktionierenden Coup. Sicher, kurzweilig fühlt sich der Film aufgrund seiner wahren Dialoglast nicht an und es lässt sich auch nicht verbergen, dass ihm ausgerechnet in der zweiten Hälfte immer wieder der Schwung fehlt. Manchmal wirkt es gar ein wenig bemüht, wenn ausgerechnet noch jedem Nebencharakter ein Drama mitgegeben werden muss... auch weil nicht alle diese Geschichten am Ende zufriedenstellend aufgelöst werden. Da Altman all diese Storys jedoch mit Leichtfüßigkeit inszeniert und sie nicht unter einem Deckmantel des Überdramatischen inszeniert und da sich aufgrund der vielen Charaktere immer wieder Abwechslung ergibt, fallen einige Längen nicht zu stark ins Gewicht.
Und wen die Geschichte von "Gosford Park" nicht packen will (was angesichts seiner Sperrigkeit zumindest ansatzweise nachvollziehbar wäre), der darf sich an einem grandiosen Ensemble aus britischen Schauspielstars sattsehen. Fast alles, was Rang und Namen hat im britischen Hollywood ist hier mit von der Partie und dementsprechend ist es sehr schwer, einige von ihnen noch einmal gesondert hervorzuheben. Dass "Best Exotic Marigold Hotel"-Star Maggie Smith eine absolut großartige Performance als versnobte Adelsfrau aus Parkett legt, war zu erwarten und trotzdem ist jeder einzelne ihrer Momente noch besser als man es sich hätte vorstellen können. Feuer versprüht auch Helen Mirren als Knotenpunkt unter den Bediensteten und Clive Owen kann in seinem wortkarg angelegten Part wunderbar undurchsichtig agieren. Als Zentrum des Films hält jedoch die von "Harry Potter"-Star Kelly MacDonald verkörperte Zofe Mary her und wie Regisseur Altman es schafft, dass wir sogar der jungen Frau, aus deren Augen wir das rege Treiben zu sehen scheinen, nicht ganz über den Weg trauen wollen, ist tatsächlich bewundernswert.
Fazit: Im letzten Akt geht "Gosford Park" in der Verästelung all seiner Plots und Charaktere leider etwas die Puste aus. Zuvor glänzt das fantastische Drehbuch jedoch mit großartigen Dialogen und die leichtfüßige Inszenierung unterhält mit viel englischem Witz, den de britische All-Star-Besetzung zu verwandeln versteht.
Note: 3+
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