Direkt zum Hauptbereich

Luca

Luca Paguro ist ein aufgewecktes Wassertier und lebt nah der italienischen Riviera im kühlen Nass. Obwohl er neugierig auf die Wasseroberfläche und das in der Nähe befindliche Land ist, verbieten ihm seine Eltern, auch nur an diese andere Welt zu denken. Seine Neugier wird von diesen Verboten natürlich nur noch befeuert, weswegen er schon bald mit seinem neuen Freund Alberto einen Trip ans Land wagt - wo sich beide prompt in Menschen verwandeln. Mit dieser Tarnung beschließen die beiden Freunde, das kleine Städtchen an der Küste in Augenschein zu nehmen. Alberto träumt von einer eigenen Vesper, die er sich irgendwo an Land besorgen will. Da kommt das Aufeinandertreffen mit der aufgeregten Giulia an Land gerade Recht, denn diese möchte an einem sportlichen Wettkampf teilnehmen, dessen Preisgeld für eine Vesper locker reichen würde... und sie könnte dabei Unterstützung brauchen, da sie dem angeberischen Titelverteidiger Ercole Visconti eins auswischen möchte.

Der neueste Pixarstreich "Luca" kommt eine ganze Ecke kleiner als die vorherigen Werke des Studios daher. Tatsächlich hat der Film aber auch gar nicht die Intention, so dermaßen originell und verändernd zu sein und will uns dabei nicht über eine Existenz zwischen Leben und Tod beraten wie noch bei "Soul" oder eine ergreifende Liebesgeschichte zwischen zwei Robotern erzählen. In den ersten Minuten wirkt das gar ein wenig enttäuschend, wenn die Ausgangssituation dieses feinen Abenteuers eher an eine Mischung aus "Findet Nemo" und "Arielle" erinnert, ohne in dieser Prämisse einen eigenen Stempel beisteuern zu können. Tatsächlich braucht "Luca" auch rund zwanzig Minuten, um irgendwie in Schwung zu kommen - dass er das dann aber auf beeindruckende Art und Weise tut, lässt sich nicht von der Hand weisen. Mit viel Witz und einer Menge Herz erzählt der Film von dort an eine liebevolle Geschichte über Freundschaft, Mut und Loyalität... nur eben nicht in Form eines epischen Abenteuers, sondern als kleine, menschliche Geschichte.
Das Tempo schraubt sich dabei mit der Zeit immer höher und die Macher rund um Regisseur Enrico Casarosa schaffen es, um so etwas simples wie einen sportlichen Wettkampf in einem kleinen, italienischen Küstenstädtchen eine sicherlich nicht originelle, aber dennoch ungemein packende Geschichte zu erzählen. Da sich Luca und Alberto bei der kleinsten Berührung mit Wasser auch an Land wieder in die Fischwesen verwandeln, die dort von den Menschen gefürchtet und gejagt werden, müssen sie sich mit allerlei Hindernissen herumschlagen, um nicht entdeckt zu werden. Das führt zu einigen urkomischen Verwechslungsmomenten, während welchen der absurd-herzliche Pixarhumor wie zu Bestzeiten aufschlägt. Skurille Nebencharaktere geben sich die Klinke in die Hand und auch mit einer vorhersehbaren und dennoch sehr treffsicheren Message wartet der Film gegen Ende noch auf. Dass der einzige Antagonist in dieser Form ebenso blass wie nervig ausfällt, ist kaum der Rede wert, da das Werk sich lieber auf die doppelbödig gezeichneten Hauptfiguren verlässt und zwischen ihnen interessante, kraftvolle Konflikte entwirft.
Animationstechnisch fallen erstmal die cartoon-artigen Charakterzeichnungen ins Auge, die wesentlich simpler wirken als in anderen Filmen, was aber wunderbar zu den schrägen Slapstick-Momenten und dem hohen Tempo passt. Ansonsten gibt es wahnsinnig viele Details und liebevolle Kleinstarbeiten in den grandiosen Landschaftsaufnahmen zu bewundern, wobei Casarosa auf beeindruckende Art und Weise mit den prächtigen Farben spielt. "Luca" ist kein Film, der auf technischer Ebene nach möglichem Fotorealismus dürstet. Stattdessen spielt er seine Cartoon-Noten voll aus und überzeugt dabei auf ganzer Linie. Anders als manch ein seelenloses Disney-Real-Remake, die sich mehr Sorgen um die Echtheit der Haare ihrer Protagonisten als um funktionierenden Humor machten, kann dieses Werk aus größter Situationskomik profitieren und hält dabei viele Lacher parat. Das reicht dann zwar nicht zu einem echten Meisterwerk, da der Film anfangs zu lange braucht, um wirklich zu begeistern - ein kurzweiliger und berührender Trip ins Italien der 50er-Jahre ist aber dennoch drin, weswegen sich eine Sichtung auf Disney Plus sowohl für Groß als auch Klein lohnen dürfte.

Fazit: Mit glänzender Situationskomik, charmanten Animationen und herzlichen Charakteren unterhält "Luca", sobald er nach dem schwerfälligen ersten Akt erstmal richtig in Schwung kommt. Dann erzählt er eine kleine, aber feine Geschichte mit viel Herz und wunderbarem Humor.

Note: 2-





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...