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Die dunkle Seite des Mondes

Urs Blank (Moritz Bleibtreu) verdient sich in seinem Job als enorm erfolgreicher Wirtschaftsanwalt nicht nur viel Geld, sondern auch Anerkennung von seinen Kollegen. Nachdem er die Übernahme der Pharmafirma von Dr. Fluri (Marco Lorenzini) in die Wege geleitet hat und der Arzt nach seinem Ruin in Blanks Büro Suizid begeht, ändert sich das Leben des Anwalts und er versucht, Abstand von allem Bekannten zu nehmen. Dabei trifft er in einem nahen Waldstück auf eine Kommune und beginnt eine Affäre mit der jungen Lucille (Nora von Waldstätten). Auch wird er von Lucille dazu überredet, einen Pilz einzunehmen, um seine depressive Phase zu überwinden. Tatsächlich scheint Blank diesen Trip jedoch nicht mehr loszuwerden und entwickelt unkontrollierbare Aggressionen, die er sogar gegen Menschen zu richten beginnt...

Der Film beruht auf dem gleichnamigen Roman von Martin Suter und schleppt ziemlich viel Holz mit sich herum. Zu viel, wie sich später noch herausstellen soll, da das Werk letztendlich nur wenig von dem, was er an Konflikten und Gesellschaftskritik heranzieht, wirklich tief ausarbeiten kann. Im Fokus steht dabei der Ansatz, dass in jedem Menschen auch eine böse Seite schlummert, eine animalische und brutale sogar. Dass Urs Blank kein ganz feiner Typ ist, ist jedoch bereits von Anfang an klar, wenn er einen offensichtlich durch und durch sympathischen Doktor mit ehrgeizigen und wichtigen Zielen allein auf Grund seiner Karriere ausbootet. Welche Seite Blank von sich jedoch noch nicht kennt, das ist die brutale, die auf Urinstinkte zurückgestufte, finstere Seite. "Die dunkle Seite des Mondes" findet ganz und gar erschreckende Bilder, um diese Dunkelheit in einem Menschen angesichts seiner brutalen und wie aus dem Nichts kommenden Taten auf Film zu bannen - darüber hinaus kann er dem Thema aber leider nur wenig entgegensetzen.
So zeigt uns das Werk ein Bild eines Mannes, der in einem Job mit viel Geld und der Ehe zu einer schönen Frau offensichtlich das Traumleben vieler Menschen lebt. Dass dieses jedoch offensichtlich auch viel Leere bietet, ist klar - allerdings fällt der Vergleich zwischen dem wohlhabenden Lebensalltag eines Büromenschen sowie der zurückgezogenen, aber zugleich auch viel aufgeweckteren Kommune nicht nur klischeehaft, sondern auch dünn aus. Trotzdem hat sich "Die dunkle Seite des Mondes" bis zu diesem Zeitpunkt so viel Stoff aufgeladen, dass er mit seinen anderthalb Stunden viel zu kurz ist, um diesem Ballast noch gerecht zu werden. Dementsprechend bleibt nicht nur die Beziehung zwischen Urs und seiner Ehefrau schwammig, auch seine Affäre mit der lebensfrohen Lucille scheint nur wenig mehr als eine Behauptung zu sein, die darüber hinaus nicht viel Konfliktpotential weckt. Am spannendsten gerät der innere Konflikt von Urs Blank selbst, der nach gewalttätigen Ausbrüchen mit seinen Taten hadert und auch sich selbst in Frage stellt - leider findet der Film für solch gewichtige, existenzielle Fragen keine wirklich spannenden Antworten und auch nur abgenutzte Bildsprachen von Herbstwäldern und finsteren Schatten, die kunstvoll wirken, aber eher die innere Leere der Handlung überzeichnen sollen.
Dass Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle nicht wirklich überzeugt, verwundert indes nicht: Mit diesem Gepäck auf dem Rücken, mit solch einer emotionalen Extravaganz, Kraft und Zerrissenheit hätte wohl beinahe jeder Schauspieler seine Probleme gehabt. Bleibtreu müht sich redlich, rast aber trotzdem zielgenau an dem Bruch seiner Figur vorbei. Dass er dabei auch immer wieder ins unangenehme Overacting verfällt, besonders wenn sein Urs Blank Angst vor sich selbst bekommt, fällt durchaus negativ auf. Die recht einseitige und besonders in den wenigen Actionszenen absolut schwammige Regie von Stephan Rick tut dem Hauptdarsteller darüber hinaus aber ebenfalls keinen Gefallen und lässt ein finales Duell im Wald ziemlich banal aussehen. Insgesamt hat sich der Film auch aufgrund der komplexen Romanvorlage viel vorgenommen und dass er dabei scheitert, war abzusehen und ist dementsprechend auch keine große Enttäuschung. Dass er darüber hinaus aber auch keine echte Spannung erzeugt, atmosphärisch dürftig ausgestaltet ist und kein Interesse an den Figuren entfachen kann, da diese viel zu flach gezeichnet sind, das ist durchaus schade.

Fazit: Schwammiger Thriller, der seine komplexen Themen zu banal anfasst und dabei weder einen kohärenten Spannungsbogen noch eine intensive Charakterstudie aufstellen kann. Moritz Bleibtreu wirkt in der Hauptrolle überfordert, auch die Regie kann sich nicht über einige wirkungsvolle Einzelmomente hinaus profilieren.

Note: 4-



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