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The Empty Man (2020)

Der ehemalige Polizist und heutige Privatdetektiv James Lasombra (James Badge Dale) untersucht das mysteriöse Verschwinden der Teenagerin Amanda Quail (Sasha Frolova), die Tochter seiner Freundin Nora (Marin Ireland). Als er mit Freunden des verschwundenen Mädchens spricht, erfährt er von der Legende des finsteren "Empty Man", von welchem Amanda mehrfach gesprochen haben soll. Der Legende nach solle man des Nachts auf einer Brücke in eine leere Flasche pusten und dabei an den Mann denken, um diesen zu erwecken. James glaubt auch nach diesen eher schwammigen Informationen an ein reales Verschwinden Amandas und forscht deshalb weiter in ihren Dunstkreisen nach. Schon bald muss er jedoch einsehen, dass mehr an der Legende des Empty Man dran ist als er sich zuvor eingestehen wollte...

"The Empty Man" ist ein typisches, filmisches Opfer der Corona-Pandemie. In einem normalen Kinojahr hätte der anfangs kaum beachtete Film wohl durch eine hervorragende Mund-zu-Mund-Propaganda einen wahren Glanzzug in den Kinosälen hingelegt, denn tatsächlich entstand ein kleiner Hype um diesen etwas anders gearteten Horrorfilm. Da die Kinos jedoch alsbald wieder geschlossen wurden, musste das Werk weitestgehend über VOD-Abrufe leben und kam vor wenigen Tagen ins Programm von Disney Plus, wo er förmlich ekstatisch beworben wird. Und tatsächlich ist das Interesse an dem Film dementsprechend groß, da uns hier nicht erneuter, billig produzierter Horror-Trash erwartet, sondern wirklich eine recht feine Perle, die mit Herz und Hirn geschaffen wurde. Darauf weist bereits die überraschend lange Laufzeit von 137 Minuten hin, die fürs Horror-Genre eine Seltenheit darstellt und obwohl die Prämisse erst einmal nach dem typischen Schauerstoff klingt, ist es durchaus überraschend, wie sehr man sich hier in weitesten Teilen gegen die altbekannten Klischees stemmt.
Diese gibt es zwar auch in Form des von einem persönlichen Trauma geplagten Protagonisten, welches hier leider wieder aus der Mottenkiste stammt. Auch lässt sich nicht verhehlen, dass die Laufzeit, auch wenn sie über weite Strecken ganz ausgezeichnet für die langsame, atmosphärische Erzählung genutzt wird, etwas schwer wiegt: Im Mittelteil verliert "The Empty Man" innerhalb der etwas breit aufgefächerten, zähen Ermittlungen Lasombra's ein wenig an Fahrt. Dafür entschädigt uns Regisseur David Prior mit einigen der intensivsten Schauerszenen der letzten Jahre, in denen sogar ich mir als alter Horrorhase mehrfach beinahe ins Hemd gemacht hätte. Mit einem bemerkenswert grausamen Sounddesign, einem fantastischen Soundtrack und einer düsteren Bildsprache, die weniger mit Jump Scares als mit nervenzehrenden, alptraumhaften Szenen für viel Schrecken sorgt, gelingt ihm dabei das scheinbar Unmögliche: Er erschafft (fast) ganz ohne Blutvergießen oder schnöde Buh-Effekte Momente von solch unaussprechlicher Angst, dass sich diese Bilder nachhaltig ins Gedächtnis einprägen. Prior beweist ein Verständnis für unsere Urängste in Bild und Ton, die in dieser Form und heutzutage wohl nur noch ein Ari Aster (und vielleicht ein James Wan) hinbekommt.
Rein handlungstechnisch verlässt man dabei zumindest über weite Strecken die ausgelatschten Pfade des Spukfilms, auch wenn dies in der stimmungsvollen ersten Hälfte noch gar nicht unbedingt so aussieht. Dafür wirken in der ersten Stunde einzelne Bilder und lange Szenen des ganz leisen Schreckens umso schwerer, bevor sich später das wahre Konstrukt der Handlung entfaltet. Und an diesem werden sich die Geister durchaus scheiden, denn eine zentrale Wendung im Mittelteil muss man in dieser doch recht mutigen Version erst einmal schlucken, um im weiteren Verlauf nicht zwingend das Interesse am Weitergang zu verlieren. Zugegeben: Mein Fall war diese Wandlung hin zum Übermystischen nicht unbedingt, auch wenn dadurch einige furchtbar gruselige und spannende Einzelmomente entstehen. Spätestens während eines wirren und ausgesprochen zähen Erklärbär-Finales hatte mich dieser Plot dann aber verloren, was aber hier ganz eindeutig im Auge des Betrachters liegen dürfte. Durchgehend stark ist hingegen die nuancierte Performance von "The Grey"-Star James Badge Dale sowie die wunderbar sichere Hand von Regisseur Prior. Der nutzt dann indes auch Mittel des Horror-Kinos, die schon ein Steven Spielberg kannte, die heutzutage aber leider nur noch selten genutzt werden, obwohl sie so treffsicher funktionieren. So zeigt und auch Prior das Böse zumeist nur im Vorbeigehen oder verschleiert und wartet lange, bis er es uns in voller Größe präsentiert. Dies erschafft Momente des Grauens, die beinahe vollständig in unserem Kopf ablaufen und somit eine nervenzerfetzende Spannung erzeugen, die man in diesem Genre fast ausgestorben wähnte.

Fazit: Leider waren gewisse Abzweigungen des mystischen Plots nicht mein Ding, weswegen mich "The Empty Man" in der zweiten Hälfte deutlich verloren hat. Rein inszenatorisch ist der Film jedoch im besten Sinne klassischer und furchtbar gruseliger Schauerstoff, der einige der furchterregendsten Horrormomente der letzten Jahre für uns bereithält.

Note: 3+





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