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Fear Street - Teil 1: 1994

1994: Shadyside wirkt wie eine kleine, wenig beachtete Kleinstadt in Ohio, in der eigentlich nichts sonderlich Aufregendes geschieht. Tatsächlich tragen sich dort aber in regelmäßigen Abständen blutige Vorfälle zu - so nun auch nach einem Massaker in einer Mall. Deena Johnson (Kiana Madeira) hat aufgrund ihres Liebeskummers, den ihre Ex-Freundin Samantha (Olivia Scott Welch) verursacht, eigentlich gar keine Lust, sich der Tragödie zu widmen. Schon bald werden sie und ihre Freunde aber ebenfalls zu Gejagten eines mysteriösen Killers in einer Totenkopf-Maske. Dabei finden sie auch heraus, dass die vergangenen Morde mit den jetzigen Vorfällen in Zusammenhang stehen... und beschließen, den Spuk ein für alle Mal zu beenden.

Netflix ist, nicht wirklich überraschend, einer der großen Sieger in der Pandemie. Im Gegensatz zu den über Monate geschlossenen Lichtspielhäusern kann der Streaming-Gigant immer mehr Zuschauer für sich gewinnen. Statt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, bringt er aber auch immer wieder neue, interessante Originalstoffe und experimentiert dabei sogar. Eines der spannendsten Werke soll die "Fear Street"-Trilogie sein - eine brutale Horrorreihe, die in drei Teilen verfilmt und nun im Wochentakt veröffentlicht wird, sodass nun nicht mehrere Jahre auf eine potenzielle Fortsetzung gewartet werden muss, sondern nur wenige Tage auf ein bereits beschlossenes Sequel. Netflix vermischt somit die Produktionsaspekte ihrer Filme und der Serien, was sich auch inszenatorisch niederschlägt. Der erste Teil der "Fear Street"-Trilogie ist eine recht krude Mischung aus den kultigen "Scream"-Slashern und der eigenen Hitserie "Stranger Things". Das wirkt im ersten Anlauf noch ziemlich wirr, hat aber auch einen gewissen Reiz... auch wenn das wirkliche Potenzial dieses ersten Films wohl erst dann abschließend bewertet werden kann, wenn man gesehen hat, was die beiden nachfolgenden Teile noch daraus machen.
Bereits die erste Szene ist dabei eine ebenso gelungene wie spannende Verbeugung vor dem ersten Ghostface-Schocker von Wes Craven - sowohl was die Inszenierung als auch die Besetzung angeht. Auch zeigen diese ersten Minuten gleich, wohin der Hase in den nächsten hundert Minuten laufen wird. Obwohl die Buchreihe der "Fear Street" aus der Feder von R.L. Stine stammt, der sich mit "Gänsehaut" eher dem kinderfreundlichen Grusel verschrieb, geht es hier sehr blutig zur Sache. Das hier ist zwar kein "Hostel", hinter sehr grafischen Slashern wie "Freitag der 13." oder den neuen "Halloween"-Teilen muss sich das hier aber auch nicht verstecken. Die Todesszenen hätten zwar kreativer sein können, aber mutig genug für ein paar ziemlich harte Nummern war Netflix dann schon und spricht somit definitiv nicht nur Teenies an. Die Inszenierung ist im direkten Vergleich aber vielleicht eine Nummer zu stark - der aufdringliche Soundtrack tobt selbst in Szenen, in denen ein leiserer Spannungsaufbau wesentlich griffiger gewesen wäre und die Jumpscares sind ein alter Hut. Ansatzweise aus der Klischeekiste stammen auch die Figuren, wobei man sich sowohl bei aktuellen Diversity-Maßstäben als auch den nervigen Überzeichnungen anbandelt. Die Charaktere wirken dabei zu Großteilen von Anfang an eher unsympathisch, sodass es im weiteren Verlauf schwierig wird, wirklich mit ihnen mitzufiebern. Die wenigen Versuche, den handelnden Protagonisten etwas mehr Tiefe auf den Leib zu schreiben, bleiben im gut gemeinten Ansatz stecken.
Auch bezüglich des Storytellings haben sich die Macher irgendwie verrannt. Bis über die Halbzeit hinaus verbringen wir die Zeit mit dialoglastigen Erklärungen und Zusammenfassungen über die Vergangenheit der Stadt Shadyside, um endlich das Geheimnis der merkwürdigen Vorfälle zu lüften. Dabei entstehen zwei große Probleme. Zuerst gelingt es den Machern nicht, die Stadt Shadyside, die hier so im Fokus der Geschichte steht, wirklich als Schauplatz darzustellen, der neugierig macht oder etwas Besonderes bietet - die Fortsetzungen werden da wahrscheinlich mehr bieten, was dem jetzt erstmal für sich stehenden Erstling aber noch nicht hilft. "Fear Street 1" verbringt viel zu viel Zeit mit wirrer Exposition, wobei dem Zuschauer jedoch (und das ist das zweite Problem) viel schneller als den Protagonisten klar ist, was hier eigentlich läuft. Während sich die wild durcheinanderquasselnde Truppe aus Teenies also immer wieder streitet und eine Lösung für das Problem zu finden versucht, hat der Zuschauer aufgrund ziemlich eindeutiger Verweise lange verstanden, was das Mysterium ist... und ist am Ende auch nicht mehr überrascht, wenn es dann eben genauso kommt. Das sorgt, auch angesichts der an sich noch eher mauen Geschichte und der wenig ansprechenden Figuren, für einige Längen.
Es gibt noch mehr, worüber man sich ärgern kann, auch wenn bei diesen Punkten noch nicht klar ist, ob sie als Schludereien im Plotdesign zu beklagen sind oder ob die Fortsetzungen da noch Abhilfe schaffen können. So sind Polizisten in handelsüblichen Slashern zwar immer etwas stumpf, aber die beiden Cops in diesem Film, die nicht mal einem deutlichen Tatverdacht nachgehen wollen, schießen tatsächlich den Vogel ab. Mehr als fragwürdig, gerade im Hinblick auf den LGBTQ-Part des Films, ist die Nutzung eines in dieser Form eigentlich mehr willkommenen Sexisten innerhalb der Hauptdarsteller, der ständig von "heißen Bitches" fröhnt und damit sogar sympathisch herüberkommen soll. Nein, hier weiß man wirklich nicht, was Netflix sich dabei gedacht hat. Es gibt jedoch ein großes "Aber": Dem Streaminggiganten gelingt es während eines sehr soliden Showdowns und mit einem anschließenden, recht gelungenen Cliffhanger, die Neugier auf die beiden kommenden Filme im Eiltempo zu entfachen. Es ist nicht so, dass er diese auf sonderlich einfallsreiche Art und Weise anregen würde, aber indem er mit hohem Tempo, einigen überraschenden Wendungen und vielen Hinweisen darauf, wohin die Reise als nächstes gehen wird, zum Höhepunkt hetzt, hat er die Zuschauer doch klar am Haken. Wenn die beiden Folgeteile die ausstehenden Fragezeichen clever beantworten und die verschiedenen Geschichten sinnig miteinander verknüpfen können, könnte somit auch der bis hierhin noch arg durchschnittliche erste Film nachfolgend deutlich aufgewertet werden.

Fazit: Der erste Teil der Horror-Trilogie krankt noch an einer umständlich erzählten Handlung, nervigen Protagonisten und einer überzeichneten Inszenierung. Das darin schlummernde Potenzial zeigt sich aber immer wieder und könnte in den Fortsetzungen voll ausgespielt werden.

Note: 3-







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