Nachdem es Deena (Kiana Madeira) und Josh (Benjamin Flores jr.) gelungen ist, die von der Hexe Fier besessene Sam (Olivia Scott Welch) zu fangen, suchen sie die mysteriöse C. Berman (Gillian Jacobs) auf. Diese hat vor einigen Jahren das Massaker rund um die Hexe überlebt und soll den Jugendlichen nun Antworten darauf geben, wie sie den Fluch brechen und Sam retten können. Berman erzählt den beiden Überlebenden die Geschichte eines Sommercamps im Jahr 1978. Damals waren die beiden Schwestern Ziggy (Sadie Sink) und Cindy (Emily Rudd) als Camperinnen Teil eines Treffens zwischen zwei konkurrierenden Gruppen. Schon bald greift der Wahn der Hexe auch dort um sich und ein Blutrausch bricht unter den Teenagern und Erziehern des Camps aus...
Als zweiter Teil der Netflix-Horrortrilogie dieses Sommers hat "1978" ohnehin einen schweren Stand, da er weder einen stimmigen Anfang noch ein wirkliches Ende liefern kann. Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, erzählt der Film eine bereits im Vorgänger angeteaste Geschichte, die sich einige Jahre vorher zugetragen hat und möglicherweise Antworten auf das Fiasko liefert, welches die Protagonisten erlebt haben. Wahrscheinlich wird dieser Teil aber als handlungsmäßig irrelevantester Teil aus der Trilogie herausgehen, denn auch wenn er einige neue Wendungen für das große Ganze präsentiert, so dürften die vergangenen Geschehnisse zu großen Teilen kein besonderes Licht auf das Finale werfen... auch wenn man sich da ja niemals ganz sicher sein kann. Dass die Handlung dieses Films nun etwas dünner ist, ist aber gar nicht so wild, da sich Regisseurin Leigh Janiak hier ohne die Last etlicher Querverweise auf ein geradliniges Schlachtfest einlassen kann, zu welchem die schwerfälligen Einführungen sogar bereits im Vorgänger gemacht wurden.
Und trotzdem lässt sie sich während des ersten Drittels angenehm viel Zeit, um die vielen Charaktere, die sich im Sommercamp im Jahr 1978 tummeln, ordentlich vorzustellen. Bei manchen ist das vergebene Liebesmüh, da einige Konflikte förmlich gekappt werden, sobald das blutige Gemetzel beginnt und einige Figuren gar so klischeehaft daherkommen, dass sich jeglicher Dialog mit ihnen wie ein Füller anfühlt. Wesentlich gelungener ist dafür die Geschichte der zwei unterschiedlichen Schwestern, insbesondere die der kecken und durchweg gemobbten Ziggy. Das führt dann auch zu einer recht charmanten, aber unaufgeregt erzählten Liebesgeschichte und zu einigen ganz starken Momenten für Sadie Sink. Die war in den letzten beiden Staffeln der Hitserie "Stranger Things" bereits eins der Highlights und untermauert ihren Starstatus auch hier wieder mit einer sympathischen und kraftvollen Performance. Ihre Ziggy ist dann auch mit Abstand der lebendigste Charakter des Films, wohingegen bei anderen Figuren die dramatische Tiefe eher bemüht ausgebaut wird. So schön es auch ist, Figuren in einem Slasher mehr Bedeutung als die des reinen Opfers zu geben, so gewollt wirkt es dann aber auch, wenn sie quasi im Angesicht des bedrohlichen Killers noch sensible Geschichten aus ihrer komplizierten Vergangenheit zum Besten geben.
Der Gore-Gehalt ist indes im Vergleich zum Vorgänger nicht signifikant gestiegen. Zwar gibt es auch hier einige Momente, welche die Altersfreigabe ab 18 Jahren generell rechtfertigen - der wahre Mut zum gepflegten Matschen fehlt aber auch hier. Nicht nur ist der Bodycount angesichts der Masse an Figuren nicht so hoch wie erwartet (und es trifft dabei auch oftmals Charaktere, mit deren Ableben man nun nicht zwingend gerechnet hat), auch schneidet man hier oftmals um das Blutbad herum. Da wird sich dann mit simplen Tricks wie dem plötzlichen Wegschwenken von der eigentlichen Tat sowie den markigen Schreien der erschrockenen Opfern bedient - fraglich, warum man solche Verharmlosungen bei einem FSK-18-Horror gehen muss. Vielleicht wollte man sich da aber auch an dem ungenügenden CGI vorbeischleichen, welches in den Momenten, in denen man wirklich etwas sieht, ziemlich mau wirkt. Zudem sorgt der extrem dunkle Farbton, der alles in einen milchig-grauen Schleier zu tunken scheint, dafür, dass man ohnehin nicht allzu viele Details ausmachen kann.
Doch auch ohne des Blutgehalts, welches Gorefans hier sicherlich gerne gesehen hatten, hängt "1978" dank einiger aufgeweckter Figuren niemals durch. Das Tempo ist angenehm hoch und auch im ersten Drittel, wenn noch menschliche Konflikte die Handlung beherrschen, bleibt die Erzählung charmant - auch wenn Klischees aus dem Horror- und Coming-of-Age-Genre nicht ausgelassen werden. In einer witzigen Zitierwut und mit einigen schönen Charaktermomenten gibt man "Fear Street 2" aber auch eine etwas ausgelassenere, ruhigere Note als dem hyperaktiven Vorgänger und gibt den Figuren wesentlich mehr Sympathie mit auf den Weg. Damit ist es dem Zuschauer dann nicht ziemlich gleich, wer hier wann das Zeitliche segnet, auch wenn Netflix nicht jede Überraschung durchziehen kann. So ist zum Beispiel der Trick zur Verschleierung, welche der beiden Schwestern das Massaker auf dem Campingplatz zwangsläufig überleben muss, eine so offensichtlich falsche Fährte, dass wohl ein jeder sogleich die richtige erkennen wird. Wie die Geschichte ausgeht, erfahren wir dann nächste Woche - im Finale geht es dann nochmals um mehrere hundert Jahre in die Vergangenheit zurück. Welche Plotpoints dieses zweiten Teils dort noch signifikante Rollen spielen werden oder ob "Fear Street 2" bis auf wenige Ausnahmen eher ein Überbrückungs-Prequel sein wird - das wird interessant zu sehen sein. Ich bin jedenfalls weiterhin gespannt.
Fazit: Es wäre auch hier mehr drin gewesen - sowohl im Horrorbereich als auch in der etwas dünnen Erzählung. Dank wesentlich sympathischerer Hauptfiguren, einem hohen Tempo und dem Bemühen um mehr charakterlicher Tiefe wirkt "1978" aber wesentlich runder und zielstrebiger als sein recht umständlich erzählter und überzogener Vorgänger.
Note: 3+
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