Heute ist die Landkarte gefüllt und es gibt im Grunde keine weißen Flecken mehr auf ihr - der Mensch war zumindest scheinbar überall. Das war zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts noch nicht so, damals gab es noch etliche Flecken, an denen zuvor kein Mensch je gewesen war... zumindest glaubte man das. Das entfachte den Abenteuergeist vieler Männer, die oftmals für ihre Theorien und ihren lebensmüden Wagemut belächelt wurden und die dann jedoch Unglaubliches entdeckten. Eine solche Geschichte erzählt auch das Abenteuerdrama "Die versunkene Stadt Z", basierend auf einer Romanvorlage... und einer wahren Begebenheit.
DIE VERSUNKENE STADT Z
Im Jahr 1906 wird der britische Offizier Percy Fawcett (Charlie Hunnam) in Richtung Bolivien: Mit einer mutigen Expedition, bei welcher er das weitestgehend unentdeckte Land vermessen und erforschen soll, soll er auch den Namen seiner Familie, welche sein Vater zuvor beschmutzte, wieder reinwaschen. Gemeinsam mit Henry Costin (Robert Pattinson), einem ihm zur Seite stehenden Assistenten, wagt sich Fawcett über reißende Flüsse und tödliche Urwälder voller giftiger Tiere und grausamer Temperaturen bis ins Herz des Landes vor... wo er menschliche Spuren entdeckt. Fawcett glaubt an eine unentdeckte Stadt und wagt sich immer weiter vor, viel weiter, als es seine Mission eigentlich vorgibt, und bringt dadurch sich und seine Mitstreiter in Gefahr.
Regisseur James Gray verweigert sich den Konventionen eines herkömmlichen Abenteuerfilms, wozu dieses Werk leicht hätte werden können. Stattdessen konzentriert er sich weitestgehend auf seinen Protagonisten Percy Fawcett, um den sich auch heute noch Legenden und Geschichten ranken... leider verspielt Gray gerade auf dieser Ebene viel Potenzial. Fawcett bleibt für den herkömmlichen Zuschauer, der sich mit der realen Geschichte bislang wenig oder gar nicht beschäftigt hat, ein Mysterium und über seine wirklichen Ansätze, über seine Person und seine Ziele erfahren wir viel zu wenig. Sicherlich ist das gewollt und soll den ungeklärten Fragen bezüglich Fawcetts Expeditionen Tribut zollen, auf dramaturgischer Ebene ist das aber etwas schwierig. Generell werden sich Mainstream-Fans mit dem Werk schwer tun, denn herkömmliches Abenteuerkino ist das natürlich nicht.
Gray lässt sich viel Zeit, um die einzelnen Expeditionen auszuerzählen, er erhöht dabei aber auch nicht das Tempo. Einzelne Spannungsspitzen werden rasch, beinahe unwirsch abgehandelt und durch die episodenhafte Struktur der Erzählung bleibt eine wirkliche Spannung aus. Immerhin wird es während den eben auch nicht unbedingt kurzen 140 Minuten niemals wirklich langweilig, da Gray in seinem Material verwurzelt ist. Wunderschöne Bilder des ebenso tödlichen wie stillen, indonesischen Dschungels und eine Floßfahrt auf einem Fluss lassen Erinnerungen an Filme wie "Apocalypse Now" wachwerden - Gray geht dabei mit ebenso viel Ruhe an die Arbeit, wie es Francis Ford Coppola tat. Das lässt den Puls dann natürlich nicht ansteigen, da der Film kein echtes Ziel zu haben scheint, recht flott zwischen Abenteuerreisen, persönlichen Dramen und historischer Aufarbeitung hin und herspringt, dabei etliche Jahre überfährt... und sogar eine Kriegsepisode einbaut.
Dank Gray's eigensinniger und sogartiger Inszenierung bleibt man nicht unbedingt gebannt, aber immerhin durchgehend interessiert, ein etwas stringenterer roter Faden, ein klares Ziel, eine Aufbrechung der Episodenstruktur, die dem Film offenbar ein Klotz am Bein ist, hätten "Z" aber womöglich noch besser gemacht. Charlie Hunnam, zuletzt vor allem aus dem gefloppten "King Arthur"-Reboot bekannt, macht seine Sache so weit es geht sehr gut - sein Percy Fawcett nimmt die Zuschauer nicht bei der Hand, er funktioniert nicht als Held einer Geschichte, Hunnam verleiht ihm aber genügend stoischen Mut, alsdass man ihm das Gelingen der Reise wünscht.
Noch beachtlicher wirft sich aber "G.I. Joe"-Star Sienna Miller in den Ring: Obwohl sie mit der Rolle der daheim wartenden und zitternden Ehefrau sicherlich den undankbarsten Part erhalten hat, kann sie diesen mit emotionaler Kraft füllen und macht dabei mehr als nur das Beste aus diesem Auftritt. Jüngere Zuschauer dürfen sich zudem an großen Rollen der Blockbuster-Stars Robert Pattinson (aus "Twilight" und "Harry Potter") und Tom Holland (aus dem Marvel Cinematic Universe) erfreuen - und auch sie machen ihre Sache mehr als ordentlich, wobei gerade Holland ein für sein Alter sehr nuanciertes und gelungenes Spiel darlegt.
Fazit: Kein herkömmlicher Abenteuerfilm, eher eine episodenhafte Reise. Der rote Faden schlägt dabei eigene Wege, der Protagonist wirft Fragen auf. Es ist ein Film, der ebenso ruhig wie intensiv inszeniert ist, dem aber eine holprige Dramaturgie immer wieder ein Klotz am Bein ist.
Note: 3+
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