Seit vierzehn Jahren sitzt Reporter Borat Sagdiyev (Sacha Baron Cohen) in seiner Heimat Kasachstan in Haft, da er durch seine voerhergehende Reportage in den USA und mit dem Erfolg des daraus entstehenden Kinofilms Schande über sein Land gebracht haben soll. Nun wird er jedoch befreit, da ein neuer Auftrag ausgeführt werden soll: Er soll erneut in die USA reisen, um seine Vergehen dort zu tilgen und mit dem Überreichen eines Geschenks an den Vizepräsidenten Michael Pence die kritischen Beziehungen der Länder zu klären. Sollte Borat dies nicht gelingen, droht ihm in Kasachstan die Hinrichtung. Natürlich bricht Borat sogleich auf und muss in den Vereinigten Staaten nicht nur erkennen, dass das mit der Übergabe des Geschenks nicht so ganz einfach ist, da ihm seine Tochter Tutar (Maria Bakalova) dazwischenfunkt... sondern auch, dass sich durch den Präsidenten Donald Trump und dem Ausbruch eines gewissen Virus so einiges verändert hat.
Nach dem finanziellen Übererfolg des ersten "Borat"-Films aus dem Jahr 2006 (dem aber auch einige üble Kontroversen folgten) war eine Fortsetzung schon früh ausgemachte Sache. Hauptdarsteller, Produzent und Autor Sacha Baron Cohen ließ dieses Sequel jedoch schon bald zurück, da seine Kunstfigur besonders in den USA eine solche Popularität erreicht hatte, dass er sich nicht mehr unerkannt bewegen konnte - da noch jemanden unwissend vor der Kamera zu blamieren und politische Aufklärung im Rahmen einer brutalen Satire zu betreiben, schien unmöglich. Und so dauerte es dann auch runde vierzehn Jahre, bis das lange erwartete und dann doch sehr plötzlich erschienene Sequel unter der Hand des Streaminganbieters Amazon endlich das Licht der Welt erblickte. Um die Fortsetzung zu ermöglichen, mussten sich Cohen und sein kleines Team einiges einfallen lassen - eine erneute Überraschung, ein so gigantischer Schlag ins Gesicht ist ihm diesmal erwartungsgemäß nicht mehr gelungen, obwohl der Film gerade in der zweiten Hälfte einige herrlich fiese und entblätternde Szenen aufbieten kann.
Bis es zu diesem Punkt kommt, braucht "Borat 2" aber eine Dreiviertelstunde und während diesen ersten fünfundvierzig Minuten sieht es gar nicht so rosig aus für die Fortsetzung. Natürlich kommt Borat auch hier wieder in Kontakt mit schier dummdreisten Typen, doch haben die Konsequenzen der einzelnen Szenen (deren Echtheit diesmal in Frage gestellt werden darf) keinen ganz so großen Rattenschwanz. Die Überraschung des ersten Films lässt sich kaum mehr wiederholen, weswegen für kleine Momente wie der Besuch bei einer Tortendeckerin, die doch bitte einen rassistischen Schriftzug für das Gebäck verwenden soll (und das auch direkt tut) doch nur noch ein Schmunzeln übrig ist. Auch aufgrund der Tatsache, dass die Macher diesmal versuchen, eine Art übergreifende Handlung über all diese kleinen Begegnungen zu legen, wird klar, dass die politische Giftsprüherei, die der erste Teil noch so genial innehatte, hier nicht mehr ganz so stark zum Tragen kommt. Überraschend ist da eher, dass "Borat 2" mit seinen schockierenden Aussagen, gerade im Bezug auf Feminismus, eben nicht mehr so richtig von den Socken hauen kann... denn die vollkommen depperten Reaktionen der Amerikaner auf manch ein Verhalten der Kultfigur schockieren nicht mehr, da wir sie mittlerweile, so traurig es auch klingt, gewohnt sind.
Doch kurz nach der Halbzeit sprengt "Borat 2" plötzlich wieder Grenzen - und aufgrund einer prägnanten, absolut schockierenden und genial inszenierten Szene stehen die Social-Media-Seiten seitdem nicht mehr still. Hier beweist Cohen doch noch einmal, dass er sich ungemein viel traut und zur Stelle sein kann, wenn es darum geht, unbequeme Wahrheiten aufzudecken. Schauspielerin Maria Bakalova muss dabei mindestens ebenso viel Applaus zugesprochen werden wie Titelstar Cohen selbst, denn diese wirft sich mit Elan und Mut in die Szenerie, um uns daraufhin Momente zu präsentieren, die ernstgenommen werden müssen. Absolut herrlich, auch wenn einem das Lachen mehr als nur einmal im Halse steckenbleibt. Nach einer recht vermurksten und nur selten wirklich erhellenden ersten Hälfte findet die Fortsetzung später also plötzlich einen Schwung, den man so kaum mehr erwartet hätte und der nur noch für erhebliche und wichtige Diskussionen und Enthüllungen sorgen wird. So ist auch "Borat 2" ein Film, den es zu dieser Zeit dringend braucht und der letztendlich sogar das Herz anspricht... auch wenn er eine Weile braucht, bis er zu diesem Punkt kommt und den Zuschauern nicht nur mäßigen Fanservice bietet.
Fazit: "Borat 2" braucht rund die Hälfte seiner Spielzeit, um sich von albernem und wenig bissigen Szenen zu verabschieden. Sobald er das tut, läuft er jedoch mit schockierenden Enthüllungen und schmerzhaften Seitenhieben innerhalb seiner Fake-Documentarys so dermaßen gut, dass man ihn beinahe mit dem ersten Teil auf eine Stufe hieven will. Aber nur beinahe.
Note: 3+
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