Buck ist ein St. Bernard/Scotch Collie, der zur Zeit des Goldrausches im 19. Jahrhundert lebt und besonders durch seine enorme Größe und Kraft auffällt. Aufgewachsen unter wohlhabenden Menschen wird er eines Tages von Hundefängern verschleppt, was der Auftakt für ein großes und gefährliches Abenteuer sein soll. Er entkommt seinen Fängern, die ihn für viel Geld verkaufen wollen und landet schließlich in Alaska bei dem Schlittenführer Perrault (Omar Sy), der in Buck ein wichtiges Mitglied des Rudels erkennt. Doch dies soll erst den ersten, markanten Punkt von Bucks Reise in die Wildnis darstellen, trifft er auf dieser doch auch noch den gemeinen Schatzsucher Hal (Dan Stevens) und den alten Arbeiter John Thornton (Harrison Ford), der auf dem Grund einer Flasche um seinen verstorbenen Sohn trauert...
Wenn man es ganz genau nimmt, ist "Ruf der Wildnis" ein Disney-Film, da das Mausstudio den Konzern 20th Century Fox (der mittlerweile und mit diesem Film als erstes in "20th Century Studios" umbenannt wurde) aufkaufte und somit die Rechte an allen Werken aus der langen Geschichte von Fox hält. Wäre man sich dieser Hintergrundgeschichte nicht wirklich bewusst, würde aber wohl kaum jemand darauf kommen, dass die Geschichte um den wilden Hund Buck nicht von vornherein von Disney konzipiert gewesen wäre. Genau genommen geht es in diesem Film nämlich so disneyfiziert zu, dass man sich später im Grunde in den ähnlich gearteten Produktionen des Mausstudios wähnt - gerade die Parallelen zum Disney+-Original "Togo" sind, in Sachen Dramaturgie, Setpieces und Konflikten, quasi unübersehbar. Es passt also ziemlich gut in Disneys Portfolio und unter normalen Umständen wäre vielleicht noch ein moderater Erfolg aus dem Werk geworden. Doch wenige Wochen nach dem Kinostart im Februar schlossen bekanntlich die Kinos und bis heute ist es "Ruf der Wildnis" nicht gelungen, sein strammes Budget vollständig einzuspielen.
Man fragt sich aber auch ein wenig, wo dieses Budget geblieben ist. Computertricks sind, wie uns die heutigen Blockbuster in den obersten Sphären beweisen, nicht günstig, doch sind gerade diese (und von ihnen lebt "Ruf der Wildnis" aufgrund seines vollständig am Computer animierten, tierischen Helden weitestgehend) hier erstaunlich mittelmäßig und dürftig ausgefallen. Dem Abenteuerfilm von Disney-Animator Chris Sanders (hier also eine weitere Parallele zum Mausstudio) wird dadurch in genau entgegengesetztem Maße die Tricktechnik zur Falle, wie es auch bei Disneys mauem Remake von "Der König der Löwen" geschah. Wo damals jegliches Gefühl aufgrund der beeindruckenden, möglichst real aussehenden Effekte abgetötet wurde und der Film zu einer emotionslosen Technikdemo verkam, soll "Ruf der Wildnis" seine Hauptfigur, um mehr Zugang zu schaffen, comichafter gestalten. Die mittelmäßigen Visual Effects, die gerade im Bereich der Tiere regelrecht matschig wirken können, gehen jedoch nie mit den ansonsten durchaus beeindruckenden Naturaufnahmen und Actionszenen Hand in Hand, weswegen ein recht seltsam aussehender und sich auch so anfühlender Mix aus alberner Tierkomik und streckenweise düsterem Wildnis-Abenteuer herauskommt.
Die jüngeren Zuschauer werden sich dabei vermutlich über die clownesken und in Sachen Mimik seltsam vermenschlichten Einlagen des Titelhelden amüsieren. Ob sie darüber hinaus aber auch der ebenso flachen wie ziellosen Dramaturgie des ständig seinen Besitzer wechselnden Hundes folgen wollen, dürfte durchaus fraglich sein. Diese erfüllt nämlich einfach nur das ziemlich maue Abhaken der üblichen Checkliste für dieses Genre, wobei Mensch und Tier in Gefahr geraten und sich gegenseitig retten und natürlich auch für sich und andere lernen. Das ist bemerkenswert kitschig und steckt voller Klischees, auch wenn immer wieder amüsante und bewegende Momente herumkommen. Der herausragendste Moment gehört jedoch der Action, denn eine Szene, in welcher Buck und sein Geschwader den Massen einer gigantischen Lawine zu entkommen versuchen, ist tatsächlich (auch in visueller Hinsicht) so dermaßen gut gelungen, dass einem kurz die Luft wegbleibt. Davor und danach passiert aber wenig - selbst die Schauspieler, angeführt von "Indiana Jones"-Star Harrison Ford, haben wenig zu melden. "Ruf der Wildnis" erzählt also rein gar nichts Neues, wärmt Altbekanntes neu auf und macht das selten wirklich gut. Ein Flop mit Ansage also irgendwie, auch wenn wir nun nie mehr wirklich sicher sagen können, ob dieser ausschließlich der mauen Qualität des Werkes oder eben auch der Pandemie, die das Jahr 2020 bestimmt, geschuldet ist.
Fazit: Klischeehaftes Abenteuer, welches weder visuell noch dramaturgisch überzeugt. Gerade der Titelheld wirkt sowohl im Animationsbereich als auch auf seiner eigentlichen Reise kaum ausgereift. Hundefans können die Note noch ein wenig anziehen, für alle anderen gibt es aber wesentlich bessere Genre-Alternativen.
Note: 4
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