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Karate Kid (2010)

Der zwölfjährige Dre Parker (Jaden Smith) zieht gemeinsam mit seiner Mutter Sherry (Taraji P. Henson) aus Amerika nach Peking. Dort wird er gleich am ersten Tag ein Opfer von dem gleichaltrigen Cheng (Wang Zhenwei) und seinen Freunden. Da Cheng Dre ab sofort auf dem Kieker hat und diesem mit seinen jahrelang antrainierten Kung-Fu-Fähigkeiten weit überlegen ist, bittet Dre den ansässigen Hausmeister Mr. Han (Jackie Chan), welcher in den Kampf eingreift, ihn zu lehren. Han lehnt erst ab, lässt sich anschließend aufgrund Dre's auswegloser Situation dennoch erweichen und führt ihn in die Lehre des Kung Fu ein. Nach dem Training soll Dre dann an einem großen Wettbewerb teilnehmen, während welchem er auch auf seinen Rivalen Cheng treffen wird...

Ein Remake, dass die Welt nicht braucht - das werden sicherlich viele, wenn nicht gar alle Kenner des kultigen Originals sagen. Im Jahr 2010 wurde der "Karate Kid"-Neuauflage dann auch keine große Aufmerksamkeit zuteil und nach der ersten Stunde des Films von Regisseur Harald Zwart sieht man auch keinen Grund, wieso das nicht so sein sollte. "Karate Kid" kommt anfangs unglaublich schwer in Gang und dass sich Zwart für eine Laufzeit von 140 Minuten entschieden hat, scheint nur mit der Liebe zu den prunkvollen, atmosphärischen Aufnahmen des aktuellen China begründet zu sein. Denn rein plottechnisch ist der Film natürlich so simpel, dass sich eine solche Überlänge nicht lohnt: Die wenigen Charaktere werden eher vorhersehbar gezeichnet und die eiskalten Antagonisten kommen sogar regelrecht eindimensional daher. Die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Dre und der gleichaltrigen May Ying ist solide inszeniert, aber auch reichlich unglaubwürdig und der dramatische Background seiner Hauptfiguren ist flatterhaft, wobei auch dieser recht schnell hinweggefegt wird.
Es dauert also reichlich lange, bis "Karate Kid" an Fahrt gewinnt - dass er das aber alsbald tut, das ist nicht von der Hand zu weisen. Sobald sich Mr. Han endlich dazu bereit erklärt, den jungen und ziemlich egoistisch auftretenden Dre in der Kunst des Karat... oh nein, Verzeihung, Kung Fu zu unterrichten, sind bereits mehr als fünfzig langatmige Minuten vergangen und erst dann kommt der Film mit seiner eigentlichen Prämisse herum. Ab diesem Moment fragt man sich zwar weiterhin, warum man den Titel angesichts der hier völlig anderen Kampfsportart beibehalten hat (sicherlich: der Name ist eben Programm), aber das Werk legt auch deutlich an Charme und Tempo zu. Wo Will Smiths Sohn Jaden bis zum Erreichen der 1-Stunden-Marke durch seine großkotzige und wichtigtuerische Art erwartungsgemäß genervt hat, gelingt es einem nuancierten Jackie Chan, auch ihn einigermaßen zu erden. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern stimmt und die Trainigssequenzen sind dabei die erwartbaren Highlights des Films - sowohl im Bereich des leisen Humor als auch in Sachen Inszenierung.
Löblich auch, dass "Karate Kid" den Schauplatz im Gegensatz zum Original zwar wechselt, ihn aber dennoch nicht auf egoistische Art und Weise amerikanisiert. Zwart nimmt sich viel Zeit, um die chinesische Kultur in Bild und Ton abzuzeichnen und verzichtet dabei weitestgehend auf amerikanische Angleichungen. Das ist dann zwar nicht besonders tief, doch offenbart der Film eine Verneigung vor der Kultur der westlichen Welt. Erst mitten während des spektakulären Showdowns wirkt es verwirrend, wenn die wichtigen Kämpfe plötzlich mit einem US-Rocksound unterlegt werden, aber das mag man dem Film dann auch nicht zu sehr ankreiden. Wesentlich schwerer wiegt da schon, dass sich trotz schöner Aufnahmen die lange Laufzeit angesichts einer solch simplen Geschichte nicht rechtfertigt und dass Jackie Chan seinen Humor nur so dosiert einsetzen darf, dass im Grunde kaum ein Lacher sein Ziel trifft. Aber gut, zu diesem Zeitpunkt ist man "Karate Kid" kaum mehr böse, da er sich in der zweiten Hälfte von einem arg langweiligen und farblosen Drama hin zu einem wesentlich spannenderen und auch packenderen Film wandelt. Das rechtfertigt noch immer kein Remake, behält aber auch die befürchtete Bauchlandung vor.

Fazit: Nötig war das Remake dieses 80er-Kultklassikers sicher nicht und in der ersten Hälfte finden die Macher in ihrer langatmigen und erstaunlich simplen Erzählung kaum einen Zugang zum Stoff. Später wird der Film dank der stimmigen Chemie zwischen Chan und Smith sowie höherem Tempo durchaus besser.

Note: 3-



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