Tim Jenkin (Daniel Radcliffe) und Stephen Lee (Daniel Webber) sind zwei der wenigen weißen Männer, die in den 70er Jahren in Südafrika gegen das Apartheim-Regime und für die Rechte der schwarzen Bevölkerung demonstrieren. Dies bringt beiden schließlich eine Haftstrafe von zwölf bzw. acht Jahren im Pretoria-Gefängnis ein. Unter niedersten Bedingungen werden die dortigen politischen Gefangenen untergebracht und eine Flucht scheint unmöglich. Tim und Stephen peilen diese dennoch mit einem ausgefeilten Plan, der das Schnitzen von Holzschlüsseln für mehrere Türen des Gebäudes vorsieht. Erst werden sie von ihren Mitgefangenen für den waghalsigen Plan belächelt, doch mit der Zeit schließt sich den beiden auch der bereits seit mehreren Jahren in Haft befindliche Franzose Leonard (Mark Leonard Winter) an...
Diese auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte hat zwar einen durchaus gewichtigen politischen Hintergrund, der besonders dazu dient, die Hauptakteure als heldenhaft zu zeichnen. In den ersten Minuten begegnen wir Tim und Stephen als mutige Kämpfer gegen die Apartheid - wer ihnen nach diesen Taten während ihrer langen Pläne des möglichen Gefängnisausbruches nicht die Daumen drücken mag, der hat wohl etwas falsch gemacht. Als kleinen, aber gewichtigen Kritikpunkt kann man dahingehend anführen, dass diese politische Motivation und das, was diese beiden Männer zuvor an Heldentaten vollbrachten, eher ins Hintertreffen gerät. So fühlen sich auch die Diskussionen mit anderen, wegen ähnlicher "Vergehen" sitzender Mithäftlinge nach einem eher verklärten Ansatz an, der recht rasch beiseite gefegt wird und nur erahnen lässt, was die Motivation zur Flucht ist. Diese besteht nämlich nicht nur einfach darin, aus dem Gefängnis zu entkommen, sondern dies unbedingt zu tun, um draußen weiterhin einen Kampf auszutragen.
Statt sich dieser Motivation tiefer zu widmen verfällt "Flucht aus Pretoria" in die Manirismen eines recht typischen Gefängnisflucht-Films. Ohne die Charaktere weiterhin tiefer zu zeichnen (besonders Daniel Webber spielt hier nur die zweite Geige ohne großartige, weitere Tiefen) sehen wir ihnen bei der gnadenlos durchgetakteten Austarierung ihres Plans zu... und das ist tatsächlich verflixt spannend. Den großen Vorbildern wie "Die Verurteilten" und "Prison Break" eifert der Film natürlich auch in der Grundlage des Haupthandlungsorts nach - dementsprechend sind die Wärter fies, das Essen schlecht und die Sicherheitsbedingungen enorm. Das sind durchaus Klischees, die den Spannungsspitzen des Films aber helfen. Denn wenn man schon keine dramaturgische Tiefe bekommt, die ein solches Werk mit einer längeren Laufzeit hergegeben hätte, dann kann man sich zumindest an einigen der spannendsten und handwerklich beeindruckendsten Suspense-Szenen der jüngeren Filmgeschichte bewundern. Regisseur Francis Annan beweist ein grandioses Gespür dafür, seine Hauptfiguren immer wieder nur haarscharf dem endgültigen Ende ihrer Pläne aus dem Weg zu gehen. Diese dramaturgischen Zuspitzungen dürften vielleicht nicht zwingend etwas mit der realen Geschichte zu tun haben, sind aber von Anfang bis Ende so herausragend spannend inszeniert, dass man bisweilen vergisst zu atmen. Annon schießt dabei das Publikum nicht taub und lässt sich für jede neue Situation, für jeden Testlauf und jedes neue Hindernis etwas Neues einfallen, um die Daumenschrauben immer weiter anzuziehen.
Beeindruckend auch zum wiederholten Male die Leistung von "Die Frau in Schwarz"-Star Daniel Radcliffe, der hier mit enormer Dringlichkeit in seine Rolle schlüpft. Die Unsicherheit zu den Zeiten seiner Zauberlehrling-Reihe hat er längst abgelegt und wirkt hier durchgehend extrem glaubhaft und energiegeladen. Noch energischer aufgrund seiner wesentlich klareren Motivation agiert Mark Leonard Winter, welcher in der Not der Situation dann auch mal die durchstrukturierten Sicherheiten über den Haufen wirft, weil er endlich, endlich das Gefängnis von außen sehen will. In einem interessanten Nebenplot trifft Radcliffe zudem auch auf Ian Hart - beide spielten zuletzt gemeinsam in Radcliffes Mega-Durchbruch "Harry Potter und der Stein der Weisen" und finden rund 20 Jahre später wieder auf der Leinwand zueinander. Harts Charakter ist interessant und der britische Schauspieler verleiht ihm passendes Kalkül, leider werden seine Motivationen und Hintergründe aber auch etwas zu leichtfertig verklärt.
Fazit: Enorm spannender Ausbruchs-Thriller mit einer fabelhaften Besetzung, der in den häufigen Spannungsspitzen ungemein intensiv und clever daherkommt. In diesen Einzelszenen ist er dabei wesentlich packender als in den dramaturgischen Hintergründen, die mehr als Aufhänger denn als wirkliche Motivation daherkommt.
Note: 2-
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