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Oxygen (2021)

Eine Frau (Melanie Laurent) erwacht in einer Kryokapsel. Sie hat keinerlei Erinnerung daran, wie sie in die Kapsel hineingekommen oder wer sie überhaupt ist. Die Sauerstoffanzeige der Kapsel steht bei nur noch vierunddreißig Prozent und der Computer "Milo" spricht mit der Frau, kann ihr jedoch keine echte Hilfestellung leisten, da er weder die Kapsel öffnen noch echte Hilfe anfordern kann. Um sich einen Ausweg aus der Enge der Kapsel und dem nahenden Erstickungstod zu bahnen, versucht die Frau herauszufinden, wer sie ist und stößt bald auf die Spur, dass sie eine Wissenschaftlerin namens Elisabeth Hansen zu sein scheint. Mit Hilfe ihrer verschwommenen Erinnerungen und den Informationen, die Milo der Frau über Hansen bereitstellt, versucht sie einen Kontakt aufzunehmen und zugleich die Systeme der Kapsel auszutricksen, um in die Freiheit zu entkommen...

Die Ausgangssituation ist ebenso simpel wie wirkungsvoll und erinnert natürlich nicht rein zufällig an den mordsspannenden Thriller "Buried": Damals war es Ryan Reynolds, der lebendig begraben in einem Sarg aufwachte und versuchen musste, sich irgendwie einen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Hier wurde der Sarg nun durch eine intelligente Kryokapsel ausgetauscht, während sich nicht mehr der "Life"-Star in bedrohlicher Enge befindet, sondern die unter anderem aus "Inglourious Basterds" und "Enemy" bekannte französische Schauspielerin Melanie Laurent. Unter der versierten Regie des ehemaligen Horror-Spezialisten Alexandre Aja fällt dabei erst einmal die beeindruckende Optik auf: Obwohl der Handlungsspielraum des Films enorm begrenzt ist, ist der einzige Handlungsort so clever und letztlich ebenso wunderschön wie bedrohlich inszeniert, dass man sich auch über hundert Minuten lang nicht an dem wabernden, aus einem blauen Kreis bestehenden Fenster sattsehen kann. Aja konzipiert den engen Raum durch stilsichere Kamerafahrten, wobei er stets sehr nah an seiner Protagonistin dranbleibt.
Das Tempo hält er dabei fast durchgehend hoch. Insbesondere in der ersten Hälfte greift "Oxygen" förmlich aus dem Vollen, da er zu diesem Zeitpunkt die einfachsten, aber auch die spannendsten Fragen zu klären hat und eine ganze Menge cleverer Fährten legt, die sich der Zuschauer selbst erspinnt. Über die Frage, wer die Frau in der Kapsel ist, wie sie dort hineingelangt ist und was überhaupt Sinn und Zweck dieses Ortes ist, denkt man lange nach. Beinahe noch interessanter sind die oftmals frustrierenden Versuche von Elisabeth, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen, was weitere Fragen aufwirft. Sind die Anrufer tatsächlich kaum in der Lage, der Frau zu helfen oder sie zu lokalisieren? Oder steckt mehr hinter den eindeutigen Ausflüchten? Auch das Element, dass Elisabeth in der klaustrophobischen Enge der Kapsel den Verstand zu verlieren scheint, sodass man als Zuschauer nie wirklich sicher sein kann, ob einige Ereignisse nun wirklich geschehen oder nur in ihrem Kopf stattfinden, sorgt für ein gehöriges Maß an Spannung. Dass sich eine grandiose Schauspielerin wie Laurent, die hier vollständig allein agieren muss, dabei zu absoluten Höchstleistungen aufschwingt, versteht sich quasi von selbst. Ohne sie würde der Film zumindest über weite Strecken nicht so gut funktionieren, wie er es letztendlich tut.
Überraschend ist, dass "Oxygen" ungefähr zur Halbzeit einen ganzen Haufen der zuvor so wichtigen Fragen recht eindeutig beantwortet. Dies geschieht auf überraschende, aber sehr runde Art und Weise. Dass Aja anschließend Probleme hat, die Spannungskurve weiterhin hochzuhalten, ist verständlich, da sich das Mystery-Element nach dem einigermaßen klargewordenen Plan verabschiedet. Es ist immer noch ein interessanter Weg, den Aja und sein Team anschließend einschlagen und der nachfolgend ebenfalls noch mit einigen überraschenden Wendungen gepflastert wird. Die intensive Spannung der ersten Hälfte erreicht dieser anschließend aber nicht mehr, da über einige ethische Fragen und Handlungen nicht mehr wirklich intensiv nachgedacht wird. So verliert sich "Oxygen" schlussendich im zwar spannenden, aber nicht mehr allzu überraschenden Überlebenskampf. Langweilig wird es trotz des eingeschränkten Radius aber zu keinem Zeitpunkt, da die Macher aus vielen Ideen und einem insgesamt sehr runden Plot schöpfen können. 

Fazit: Mit simplen und deswegen so effektiven Methoden erschafft Alexandre Aja ein mordsspannendes Mysterium im beengten Raum und inszeniert den klaustrophobischen Überlebenskampf clever und wendungsreich. In der zweiten Hälfte geht dem Film mit der Beantwortung essentieller Fragen zwar zu früh die Puste aus, trotzdem rettet er sich dank einer fantastischen Melanie Laurent und einem insgesamt sehr runden Bogen noch locker über die Ziellinie.

Note: 2-




 

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