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Colossal

Seit mehr als zwanzig Jahren war sie weg, nun ist sie wieder da: Die arbeitslose und ihre Sorgen im Alkohol ertränkende Gloria (Anne Hathaway) kehrt nach der Trennung von ihrem Freund Tim (Dan Stevens) in ihre Heimatstadt New Hampshire zurück. Dort trifft sie auf ihren alten Jugendfreund Oscar (Jason Sudeikis) und macht mit ihm und seinen Freunden verlorene Zeiten wett. Zur scheinbar gleichen Zeit attackiert ein gigantisches Monster in Seoul die Menschen und fordert zahlreiche Opfer. Erst ist Gloria mehr als geschockt, als sie nach einer durchzechten Nacht von dem schrecklichen Ereignis erfährt... bis sie schließlich merkt, dass sie selbst wohl etwas mit dem plötzlichen Auftauchen des Ungetüms zu tun hat. Dieses scheint nämlich ihre eigenen Gestiken nachzunahmen oder auszuführen - hat Gloria das Monster etwa erschaffen? Und wenn ja, kann sie es dann auch lenken?

In den USA war "Colossal" bei seinem Erscheinen im Jahr 2016 ein (Achtung: Wortwitz) kollossaler Flop, der nur rund vier Millionen Dollar einspielte. In Deutschland erschien der Film daher trotz Starbesetzung und teuren, visuellen Effekten nur für eine Direct-to-DVD-Auswertung - angesichts der recht skurillen Grundidee, die sich schwierig vermarkten lässt und neugierige Fans, die auf einen zweiten "Godzilla" hofften, sicherlich enttäuscht hatte, vielleicht keine ganz blöde Entscheidung. Ein großes Publikum hätte man wohl auch hierzulande nicht angelockt, was angesichts der extrem originellen Grundidee etwas schade ist. Zwar reizt "Colossal" diese letztendlich auch nicht wirklich zufriedenstellend aus und verheddert sich in den Folgen dieser Idee, wobei er mit der Zeit immer abstruser und diffuser wird - aber als Genre-Experiment, der sich nicht nur auf diesem einen Einfall ausruht, sondern ihn auch storyrelevant zu nutzen versucht, ist es ein recht spannendes Filmchen geworden.
Dabei fokussieren sich die Macher (was später immer mehr Sinn ergibt) wesentlich mehr auf die menschlichen Charaktere als auf die optisch bombastischen Attacken der unbekannten Kreatur am anderen Ende der Welt. Und wenn die freche Gloria nach der Entdeckung, dass sie doch eine gewisse Macht über das Monster hat, damit erstmal fröhlich hausieren geht, erreicht "Colossal" auch ein angenehmes Humorlevel, irgendwo zwischen kessen Charaktermomenten und sympathischem Slapstick. Doch worauf soll die ganze Nummer denn am Ende hinauslaufen, wird sich manch einer fragen... und Regisseur Nacho Vigalondo liefert darauf durchaus kreative, wenn auch nicht wirklich sinnige Antworten. Die Idee, wie man aus diesem Plot noch einen recht spannenden Film mit einer gewissen, ernsten Grundlage formen kann, ist im Kern nicht schlecht, wirkt aufgrund der mäßig geschriebenen Charaktere, die hier so etwas wie einen "Gut gegen Böse"-Fight austragen müssen, ziemlich mau zusammengeschrieben. Wirklich Sinn ergibt das nicht - weder in Form der mühseligen Charakterzeichnung noch bezüglich der inneren Logik. Gerade bei letzterem schleichen sich immer wieder harsche Fehler ein.
So fragt man sich mit deutsamen Kopfschütteln, warum die armen Menschen in Seoul tatsächlich noch jeden Tag (denn das Monster erscheint, wenn es denn auftaucht, immer zur gleichen Zeit und am gleichen Ort) noch immer um die besagte Stelle herumstehen, fröhlich spazieren gehen und mit dem Auto herumdüsen - sollte man eine solche Zone nicht zumindest nach dem dritten Auftauchen eines haushohen Ungetüms nicht absperren und evakuieren? Und wenn es nur zur Sicherheit ist? Sicher, in einer menschenleeren Stadt würde das finale Spektakel nicht ganz so sehr zünden und trotzdem kann man nicht umhin, der dortigen Regierung den Vogel zu zeigen. Auch die (so gar nicht notwendige) Aufklärung, was es denn mit dem Monster und Gloria und auch deren Verbindung auf sich hat, ist im besten Sinne dürftig geraten - da es sich hier jedoch um große Fantasy-Elemente handelt, sollte man diese nicht zu harsch abwerten. Denn obwohl "Colossal" im fortschreitenden Verlauf besonders auf zwischenmenschlicher Ebene arg aus den Fugen gerät, bleibt dank einer aufgeweckten Anne Hathaway und einer wirklich kreativen Ausgangsidee noch eine ganze Menge, das Spaß macht... und ein Rest, der wirklich blöde daherkommt.

Fazit: Eine herrlich kreative Grundidee wird in diesem Film zu einem ziemlich einzigartigen Mix genutzt. Düstere Charakterwendungen und herbe Logikfehler können einem den Spaß an diesem speziellen Fantasy-Film auf Dauer aber vermiesen.

Note: 3-





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