Direkt zum Hauptbereich

Seite an Seite

Die junge Fotografin Isabel Kelly (Julia Roberts) wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich mit Ben (Liam Aiken) und Anna (Jena Malone), den Kindern ihres neuen Freundes Luke Harrison (Ed Harris), zurecht zu kommen. Diese verachten sie jedoch aus tiefster Seele, da sie noch immer für die Rückkehr ihrer leiblichen Mutter und Lukes Ex-Frau Jackie (Susan Sarandon) kämpfen. Jackie legt Isabel zudem so viele Steine in den Weg, dass es für sie schier unmöglich ist, zu den Kindern durchzudringen und ihre Sympathien zu gewinnen. Luke kann nicht viel mehr tun als zu versuchen, zwischen den beiden Frauen zu verhandeln. Als Jackie eines Tages eine schwerwiegende Diagnose erhält, versucht sie alles, um die Kinder zu sich zu holen... wobei sie die Rechnung aber ohne Isabel gemacht hat.

Chris Columbus ist seit jeher bekannt für unterhaltsames, aber weitetsgehend braves Familienkino. So begeisterte er mit "Mrs. Doubtfire" mit einer temporeichen Komödie die Massen und inszenierte auch die ersten beiden "Harry Potter"-Filme, bevor die Buchvorlage doch zu düster und komplex wurde, weswegen er den Regiestuhl anschließend an Alfonso Cuaron abtrat. Man kann also schon sagen, dass Columbus oftmals Werke macht, bei denen er auf Nummer sichergehen kann. Zwischen der turbulenten One-(Wo)man-Show von Robin Williams und den zwei Ausflügen ins Potter-Franchise drehte Columbus unter anderem aber auch ein Familiendrama - ein Genre, auf dem er sich nicht unbedingt auskannte. Zwar reicherte er "Seite an Seite" auch mit ausreichend Humor an, doch der konkrete Ton ist eigentlich ein ernster und stellenweise gar trauriger. Obwohl er im Kern einen schönen Film gedreht hat, spürt man dennoch, dass er mit dem Genre hin und wieder ein wenig überfordert ist.
So sind besonders die dramatisch angehauchten Szenen der zweiten Hälfte oftmals von einem ziemlich aggressiven Soundtrack und von einer Menge kitschiger Monologe umhüllt. Sicher, das Thema ist ernst und sollte tunlichst auch ernstgenommen werden, trotzdem hätte Columbus sicherlich bessere Methoden gefunden, um dem gerecht zu werden. So drückt er, obwohl dies eigentlich kaum nötig wäre und er so sogar das gegensätzliche Ziel erreicht, mit aller Kraft und immer weiter, in ewig langen Szenen, auf die Tränendrüse, was ziemlich kalkuliert wirkt. Auch in den komödiantischen Elementen inszeniert er nur mit gebremstem Schaum, was aber auch daran liegen würde, dass diese von dem Drama überschattet werden. Das ist auch in Ordnung so, denn obwohl die Ausgangssituation der Handlung auch einen herrlichen Zickenkrieg zweier großartiger Schauspielerinnen hergegeben hätte (und hin und wieder gibt Columbus diesem Potenzial auch nach), verlässt er sich lieber auf die leisen Seiten... um diese dann jedoch umso lauter zu erzählen. Das passt dann wiederum nicht so ganz und wirkt so, als wolle er sein Publikum um jeden Preis emotional involvieren, was "Seite an Seite" trotz Charme und Herz die Glaubwürdigkeit kostet.
Über solcherlei Schwächen spielen Julia Roberts und "Darf ich bitten?"-Star Susan Sarandon, die für ihre Performance gar für einen Golden Globe nominiert wurde, jedoch locker hinweg. Gemeinsam mit Filmtochter Jena Malone, die anschließend einen achtbaren Weg durch Hollywood nahm, haben sie trotz der ziemlich mauen und klebrigen Dialoge jede Gefühlsregung ihrer Charaktere voll im Griff. Besonders Sarandon kann die einzelnen, dramatischen Schritte ihrer Figur hervorragend ausloten und das ansonsten reichlich unflexible Drehbuch begeht zum Glück nicht den Fehler, eine der Figuren als perfekt zu beschreiben - beide machen Fehler und wirken somit angemessen menschlich, was sie letztendlich auch beide sympathisch macht. Die Männer im Bunde können da nicht mithalten: Ed Harris ist im Grunde nur ein Punchingball zwischen zwei starken Frauen (auch wenn er aus seinen Szenen immer wieder das Beste rausholt) und der spätere "Lemony Snicket"-Star Liam Aiken beweist als jüngster Spross der Familie ein latentes Nervpotenzial.

Fazit: Oftmals etwas zu kitschiges und tränendrückendes Drama, in welchem sich die gestelzten Dialoge und Columbus' unflexible Inszenierung mit den starken Darstellerleistungen und einigen cleveren Drehbuchentscheidungen beißen. Somit etwas unstet, aber sicher nicht frei von starken Momenten.

Note: 3





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid