Direkt zum Hauptbereich

Highest 2 Lowest

Noch vor einigen Jahren war David King (Denzel Washington) ein über schier allem thronender Musikmogul, doch der Höhepunkt seiner Karriere liegt nun hinter ihm. Um seinen Einfluss nicht zu verlieren, möchte King einen erheblichen Teil seiner Finanzen aufwenden, um das mittlerweile von ihm unabhängige Label wieder aufzukaufen. Doch dann kommt alles anders: Sein siebzehnjähriger Sohn Trey (Aubrey Joseph) verschwindet plötzlich - offenbar wurde er entführt. Kurz darauf flattert eine Lösegeldforderung über 17,5 Millionen Dollar in Kings Haus. Es steht außer Frage, dass King dieses Geld aufbringen würde, um seinen Sohn zu retten. Doch würde er im gleichen Atemzug auch seine Karriere aufgeben, die aufgrund des anschließend fehlenden Geldes wohl endgültig zu ihrem Ende kommen würde?

"Highest 2 Lowest" ist weniger Remake als eine völlige Neuinterpretation von Akira Kurosawas Thriller-Klassiker "Zwischen Himmel und Hölle" aus dem Jahr 1963. Und die Neuverfilmung scheint schon früh völlig aus der Zeit gefallen, was man einerseits als ehrerbietige Verbeugung vor dem Original als auch als mal wieder herrlich verschrobenen, durchgeboxten Stil von Regisseur Spike Lee verstehen kann. Direkt zu Beginn wird die Stadt New York in einem emotionalen Popsong besungen, während Bilder der Skylines und Straßen gezeigt werden. Auch später wirkt er dabei schier klassisch: Die aufdringliche Musik verleiht dem Film in den spannenden Szenen einen beinahe trashigen Charakter, die Bilder wirken grobkörnig und verwaschen, wie vor dreißig Jahren. Da verwirrt es schon nahezu, wenn die Figuren plötzlich Smartphones zücken, über soziale Medien und den Eingriff von KI in die Musikbranche sprechen und Denzel Washingtons Figur angesichts der ziemlich rückständigen Arbeiten der helfenden FBI-Agenten erwähnt, dass wir uns doch mittlerweile im Jahr 2025 befinden.
Dass dieser direkte Kontrast zwischen Zeitkolorit und Regie-Stil trotzdem nie unpassend, sondern fast schon unverschämt charmant daherkommt, ist natürlich der Verdienst von Spike Lee. Der lässt sich auf dem Regiestuhl ohnehin nie in seine Versionen reinquatschen und hat somit auch diesen Film mit einer ganzen Menge eigener, persönlicher Eindrücke vollgestopft. Und auch das passt: Lee hat einen Blick auf die Dinge, auf das Leben der schwarzen Bevölkerung und auf den Unterschied zwischen Arm und Reich, der hier kaum aufgesetzt, sondern sehr ehrlich daherkommt. Der Thriller-Plot, der sich hierbei entspinnt, ist im Grunde nur Mittel zum Zweck, um eine zutiefst melodramatische, aber zugleich auch arg düstere Geschichte über gescheiterte Existenzen zu erzählen, die durchaus bewegt. Leider denkt er aber nicht alle seine Ideen klug genug zu Ende: So wird beispielsweise ein ungemein spannender Konflikt rund um die Hauptfigur aufgemacht, wobei in Frage gestellt wird, ob dieser große Musikmogul tatsächlich ein Menschenleben opfern würde, um seine Karriere zu retten. Diesen Ansatz verfolgt Lee leider nicht intensiv genug und bleibt dem ansonsten sehr ambivalent gezeichneten Hauptcharakter somit noch ein paar interessante Seiten schuldig.
Das ist aber halb so schlimm, denn nicht ohne Grund wurde dieser schließlich mit Denzel Washington besetzt. Sicherlich einer der besten Schauspieler, die wir zu diesen Zeiten haben und man kann nur hoffen, dass der "Fences"-Star seine seit einigen Monaten durch die Medien getriebenen Überlegungen bezüglich eines baldigen Ruhestandes noch einmal überdenkt - was würde uns da nur für ein großartiger Mime abhanden kommen. Selbst in seinen schwächeren Filmen (und ja, davon hat Washington ja auch ein paar gedreht) wertet er diese mit seinen Performances ungemein auf. Und was Washington dann hier als ebenso eigensinniger wie letztendlich moralisch ambivalenter und nachdrücklich agierender Musikmogul macht, ist mit Lob nicht mehr zu beschreiben. Ungemein charmant und leichtfüßig, dabei aber mit einer gehörigen Portion von kaum zu fassender Vulkanität ausgestattet: Brodelnd, beobachtend, es liebend und hassend. Washington beherrscht diesen Film wie sein Charakter den Musikmarkt beherrschte, lebt seine Performance mit ganzer Seele. Jede Geste ist bedacht und dennoch unkontrolliert, beherrscht und beflügelt. Alleine schon wegen Washingtons Darstellung ist eine Sichtung von "Highest 2 Lowest" absolutes Pflichtprogramm und ein Grund, sich endlich den Streamingdienst von Apple, auf dem dieser mittlerweile läuft, zuzulegen.

Fazit: In einer packenden Mischung aus Gesellschafts-Überblick, Drama und Thriller findet Spike Lee zwar nicht immer den richtigen Ton, weiß aufgrund seines erhabenen Stils und vor allem dank seines unvergleichlich charismatischen Hauptdarstellers dennoch mächtig Eindruck zu schinden.

Note: 2-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...