Das extrem gefährliche Alien-Experiment "626" hat nie darum gebeten, erschaffen zu werden und kann sich aufgrund seiner aggressiven und zerstörerischen Art auch nicht wirklich an das Volk im Weltraum anpassen. Um dem Exil, welches ihm aufgelegt wurde, zu entfliehen, flieht es in Richtung Erde und strandet auf Hawaii. Dort trifft 626 auf die kleine Lilo Pelekai (Maia Kealoha), die sich gerade in einer echten Ausnahmesituation mit ihrer älteren, nach dem Tod der Eltern für sie sorgenden Schwester Nani (Sydney Agudong) befindet. Das Jugendamt möchte Nani ihre kleine Schwester wegnehmen, da diese offenbar nicht in der Lage ist, für sie zu sorgen. Als 626, schließlich Stitch getauft, in Lilos Leben platzt, scheint dieser alles nur noch schlimmer zu machen. Doch dann erkennt er durch die beiden Schwestern den Wert einer echten Familie und glaubt, sich vielleicht doch noch anpassen zu können...
Man konnte fast glauben, dass Disney in seinem Remake-Wahn langsam vor eine Wand lief: "Arielle" und "Schneewittchen" wurden vom Publikum höchst zwiespältig aufgenommen und gingen an den Kinokassen ordentlich baden, auch "Mufasa" war längst nicht mehr der große Hit gegenüber seinem direkten Vorgänger, dem unsäglichen "König der Löwen"-Remake. Doch dann kam "Lilo & Stitch" und zeigte, dass Disney mit dem reichlich einfallslosen Wiederkäuen alter Hits doch noch ordentlich Kasse machen kann. Dank einer großen Fangemeinde des Originalfilms und diesmal ohne Skandale rund um erboste, völlig engstirnige Zuschauer*innen spielte der Film mehr als eine Milliarde Dollar ein und ist damit bislang der erfolgreichste Streifen des Jahres 2025 (auch wenn "Avatar: Fire and Ash" da im Dezember sicherlich noch ein Wörtchen mitreden wird). Dieser große Erfolg spricht jedoch mitnichten für die Qualität des Films, denn da hier so gut wie nichts gewagt wird, bleibt der Spaß doch auf der Strecke. Wir sehen, bis auf marginale Änderungen rund ums Finale, praktisch noch einmal den gleichen Film wie damals vor dreiundzwanzig Jahren, nur ohne die grandiose Dynamik und den frechen Humor.
Und das ist schließlich ein bereits altbekanntes, aber immer wieder auftretendes, weil nahezu zwanghaftes Problem der Realverfilmungen: In diesem Segment haben sie einfach nicht die gleichen Möglichkeiten wie handgezeichnete Comic-Filme. Die Actionszenen sind nicht so rasant, da diese eben an die realen Gegebenheiten angepasst werden müssen... und all das wirkt dann eben weniger dynamisch. Auch der Humor wurde deutlich entschärft, damit Stitch für die zahlreichen Kinderaugen nun nicht mehr so sehr wie eine Abrissbirne daherkommt. Das geht dem Geist des Originals entgegen, weswegen "Lilo & Stitch" im Jahr 2025 zumeist relativ unaufgeregt vor sich hindümpelt. Mittels sehr wechselhafter CGI-Tricks entsteht hier zwar eine herzliche Geschichte, die wir so aber eben schon kennen, weswegen man dem Remake da nicht lobend auf die Schulter klopfen kann. Die besten Momente der Neuverfilmung stammen quasi 1:1 aus dem Zeichentrick-Original (inklusive des grandiosen Soundtracks), die hier streng nachgefilmt wurden. Dass diese auch hier noch einigermaßen gut funktionieren, zeigt nur, wie gut das Original eben immer noch ist.
Die einfallslose, geradezu zahme Regie von Dean Fleischer Camp kann der ohnehin recht zäh vor sich hinblubbernden Geschichte keinerlei neuen Reiz entlocken. Ganz im Gegenteil, viele Momente wirken nun lahmer als zuvor, da Camp kein Gespür dafür entwickelt, wie er gewisse Szenen nun aufbaut. Das Tempo und die Dynamik zwischen Herz und Witz gehen ihm ab - so zerstört er eigentlich sehr dramatische Szenen gegen Ende mit einem völlig willkürlich eingestreuten Gag und bekommt somit keine Kontrolle über irgendeine Atmosphäre. Das wird die Hardcore-Fans wahrscheinlich weniger stören als einige Änderungen innerhalb der Handlung (die ich hier aber immerhin mutiger fand, da sie tatsächlich etwas Neues bereithalten). Ein bisschen leidtun muss einem auch der Cast: Sydney Agudong und die kleine Newcomerin Maia Kealoha machen in den menschlichen Hauptrollen durchaus einen guten Job, doch gegenüber ihren deutlich ausdrucksstärkeren Zeichentrick-Vorlagen können sie natürlich nur verlieren. Und in den Nebenrollen gibt es sogar einige echte Fehlbesetzungen zu beklagen: So scheint sich "Das Zeiträtsel"-Star Zach Galifianakis in der menschlichen Version des außerirdischen Wissenschaftlers Jumba offensichtlich unwohl zu fühlen und den sonst stets so großartigen Courtney B. Vance als bulligen CIA-Agenten hat man hoffentlich nur ausgewählt, weil Ving Rhames gerade nicht zur Verfügung stand - alles andere wäre nämlich nicht zu entschuldigen.
Fazit: Der Realfilm-Variante fehlt es trotz zweier engagierter Hauptdarstellerinnen an Eigenmerkmalen, die Regie besitzt kaum Gespür für das Zusammenspiel aus Herz und Witz der Geschichte. Der Film dümpelt reichlich ziellos vor sich hin, kopiert die besten Szenen des Originals und kann ansonsten kaum eigene Akzente setzen. Dass "Lilo & Stitch" als Realfilm trotzdem zwischendurch Spaß macht, hat größtenteils mit dem Original zu tun, welches man hier zumeist streng abfilmte, ohne viel Neues zu wagen.
Note: 4+
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