Vor wenigen Wochen verlor die zweifache Mutter Ramona (Danielle Deadwyler) bei einem Autounfall ihren Mann David (Russell Hornsby). Sie selbst schlägt sich seitdem nicht nur immer noch mit ihren eigenen, körperlichen Verletzungen herum, sondern auch mit einer schweren Depression, die es ihr kaum möglich machen, ihre beiden Kinder Taylor (Peyton Jackson) und Annie (Estella Kahiha) weiterhin zu erziehen. Die Stimmung ist angespannt in der dreiköpfigen Familie und ein plötzlicher Stromausfall belastet sie darüber hinaus. Inmitten der Krise taucht plötzlich eine Frau (Okwui Okpokwasili) im Garten des völlig einsamen Hauses auf - was sie will und wie sie auf dem Land aufgetaucht ist, scheint mehr als rätselhaft. Die seltsame Anwesenheit der völlig verhüllten Frau beginnt die einzelnen Familienmitglieder aufzuwühlen, bis sich in ihren eigenen vier Wänden mit der Zeit ein grausamer Schrecken manifestiert...
Tageslicht ist längst keine Sicherheit mehr, wenn es um Horrorfilme geht. Ich kann mich noch sehr lebhaft daran erinnern, als der dämonische Schrecken in Paranormal Activity 2 urplötzlich nicht in der düsteren Nacht, sondern völlig unvermittelt auch am helllichten Tag zuschlug - jegliche Sicherheit, die ich sonst in den taghellen Szenen verspürt hatte, um zwischen den einzelnen Nachtszenen durchzuatmen, war sofort dahin, Atempausen schier nicht mehr möglich. Und auch wenn die Nacht rein schon durch ihre Optik eine stärkere Schaueratmosphäre ermöglichen kann, folgten zahlreiche moderne Horrorfilme diesem Beispiel. Und nun kommt The Woman in the Yard, der neue Horrorfilm von Regisseur Jaume Collet-Serra, der fast völlig im Tageslicht spielt und dennoch eine Bedrohung etablieren möchte, die rein gar nicht von der tiefen Nacht abhängig ist. Collet-Serra sammelte zuvor vor allem mit dem ungemein fiesen Orphan prächtige Horror-Erfahrung, weswegen ich mich auf sein neuestes Werk freute. Umso trauriger war ich, als sich der Film als echte Enttäuschung herausstellte.
Diese Enttäuschung hat zahlreiche Gründe, wobei die dünne Geschichte an vorderster Front steht: Natürlich manifestiert sich der erst sehr langsam einziehende und später immer brutalere Ausmaße annehmende Horror hier vor allem im Sinne einer Depression, die direkt etwas mit dem traumatischen Ereignis, welches die im Fokus stehende Familie erfahren hat, zu tun hat. Dies gibt dem Film von Anfang an eine schier belastende Schwere, die richtiggehend runterziehen kann. Trotzdem wirkt das Familiendrama reichlich aufgesetzt und forciert, wobei auch der viel zu aufdringlich eingespielte Musik-Score seinen Anteil hat. Wenn im aufgeblähten Finale die ganz großen Dramen ausgepackt werden, kann man vor lauter Horror-Kitsch kaum noch etwas sehen. Da sind dann nicht die (ohnehin arg vorhersehbaren) Jumpscares am gruseligsten, sondern die banale Art und Weise, mit welcher hier eine schwere Depression zum düsteren Meta-Horror umfunktioniert werden soll.
Da der Film darüber hinaus wenig zu erzählen hat, als dieses schwere Drama irgendwie mit einer Portion leidenschaftslosem und handwerklich mauem Grusel zu verquicken, ist es mit der Langeweile nicht weit hin. Es mag durchaus ein paar atmosphärische Szenen geben, doch auch diese sind schlichtweg zu unsauber inszeniert, um wirklichen Eindruck zu hinterlassen. Man kann sich nur vorstellen, wie unheimlich die sich kaum merkbar immer mehr dem Haus nähernde Frau im Vorgarten mit einem geschickten Regie-Händchen hätte sein können. Doch hier tun der viel zu aggressive Soundtrack, der vertane Schnitt und vor allem die Entscheidung, die verhüllte Schurkin viel zu früh zu enthüllen, ihr Übriges - Horrorstimmung mag da kaum aufkommen. Die Dialoge bleiben dabei ähnlich zahnlos, verstricken sich alsbald in Erklärbär-Szenen, die völlig unnatürlich daherkommen. In diesem zumeist arg zähen Treiben hält Danielle Deadwyler, die mit Regisseur Collet-Serra zuvor auch schon für den Netflix-Thriller Carry-On zusammenarbeitete, mit einer ziemlich energetischen Leistung die Fahne hoch. Doch auch sie kann die zusammengeschusterte, überkandidelte und zähe Geschichte nicht wirklich in Schwung bringen und ist dem kitschigen Drehbuch recht hilflos ausgeliefert.
Fazit: Das hätte richtig gut werden können, doch verlassen sich die Macher in diesem arg schwülstigen und verkopften Gemisch aus Familiendrama und zahmem Grusel-Märchen auf allerlei hochtrabende Anekdoten und Metaphern. Horrorstimmung kommt dabei keine auf, die ohnehin dünne Geschichte zerfasert recht bald in ihren schwermütigen Einzelteilen. Die Grundidee war gut, doch was hier daraus entsteht, ist atmosphärisch ungemein schwachmütig und inszenatorisch banal.
Note: 4-
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