Der Rechtsmediziner Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) staunt nicht schlecht, als er während einer Obduktion eine versteckte Nachricht im Kopf der Leiche findet... und auf dieser den Namen seiner Tochter Hannah (Barbara Prakopenka) entdeckt. Geistesgegenwärtig forscht Paul auf eigene Faust nach und erhält somit eine Sprachnachricht seiner Tochter, die dem Rechtsmediziner befiehlt, keinen seiner Kollegen einzuschalten und auf Anweisungen eines gewissen Erik zu warten. Kurz darauf erhält er einen Anruf der nahen Insel Helgoland - dort hat die junge Einwohnerin Linda (Jasna Fritzi Bauer) auf der Flucht vor zwei übergriffigen Männern eine Leiche am Strand entdeckt. Da Paul aufgrund eines nahenden Orkans nicht einreisen kann, muss er die unbedarfte Linda als einzige, der er noch trauen kann, per Telefon in den Fall einbeziehen... scheinen der Leichenfund und die Nachricht rund um Hannah doch zusammenzuhängen.
Die dritte Verfilmung eines Romans von Sebastian Fitzek zeugt davon, dass Deutschland noch immer endlich mal einen echten Schocker abliefern will. Dass "Steig nicht aus"-Regisseur Christian Alvart diesbezüglich gerne gewisse Lorbeeren einheimsen möchte, sieht man dem Film an. Optisch muss er sich dabei nicht hinter den großen Hollywood-Vorbildern verstecken und sieht durchweg fantastisch aus. Insbesondere die verschneite Insel Helgoland bietet im Fokus eines gnadenlosen Sturms immer wieder atmosphärische Bilder. Leider wollen die Macher rund um Alvart allerdings zu viel - als wollten sie mit aller Kraft beweisen, dass der deutsche Thriller durchweg mit Hollywoods Werken mithalten kann, kleistern sie förmlich jede Szene mit bedeutungsschwangerer Musik, Donnergrollen und Windhauchen zu. Zudem müssen sie sich in ungemein detailreichen, ewig langen Mord- und Obduktionsszenen ergötzen. Diese Herausforderung für manch einen schwachen Magen wirkt bei allem Blutvergießen und all den minutenlangen Schnitten in menschliche Körper und Kleidungen ungemein gewollt und aufgesetzt und soll offensichtlich darüber hinwegtäuschen, dass man ansonsten nicht viel zu erzählen hat.
Wobei das prinzipiell falsch ist: "Abgeschnitten" hat in seiner wendungsreichen Geschichte eine ganze Menge zu erzählen und ein Dutzend handelnde Charaktere mitzuziehen. Das tut er aber nicht auf überzeugende Weise, da allein die Grundgeschichte rund um einen Serienkiller, der schnippische Hinweise für den panischen Rechtsmediziner hinterlässt, ziemlicher Mumpitz ist. Mit ebenso banalen wie bescheuerten Wendungen soll das Interesse des Zuschauers wachgehalten werden, wobei mit jeder neuen Enthüllung, die alles zuvor Gesehene noch einmal auf den Kopf stellen soll, genau das Gegenteil eintritt. Auf förmlich blödsinnige Art und Weise wird dabei ein Thriller-Plot geklöppelt, der schon auf dem Papier wenig bis gar keinen Sinn macht und trotz hohen Tempos rasch langweilt. Da scheinen sowohl Fitzek als auch Alvart kaum zu wissen, wie sie solcherlei offensichtliche Mankos noch überdecken sollen und flechten daher noch weitere Plots ein, welche den handelnden Figuren irgendwie Nährboden verschaffen sollen. Da tummeln sich dann falsche Fährten und aufgesetzt wirkende Traumata der Hauptcharaktere, welche der ohnehin bereits auf wackligen Füßen stehenden Haupthandlung im Wege stehen.
Diese Figuren sollen dann menschlich wirken, doch ist besonders der Versuch, wie man diese Menschen innerhalb des Plots zusammenbringt, ein arg leidlicher. Insbesondere die junge Linda, die hier erstaunlich cool und mit immer neuen Sprüchen auf den Lippen mehrere Leichen obduziert, wirkt wie ein leeres Blatt... und was "Der Medicus"-Star Fahri Yardim als clownesker Hausmeister soll, der die triste Atmosphäre in albernen Momenten zunichte macht, indem er mal eben Helene Fischers "Atemlos" auflegt, weiß wohl auch niemand. In diesen Szenen zeigt sich überdeutlich, dass das deutsche Kino schon in der Lage ist, einen atmosphärischen Thriller zu erschaffen, aber dann davon ablassen muss, solcherlei mutige Filme durch den Einsatz von sinnentleertem Comic Relief zu zerstören. Die Schauspieler können da wenig ausrichten, da sie in den Fängen ihrer schwach gezeichneten Charaktere stecken bleiben. Wirklich glaubwürdig ist keiner von ihnen, Moritz Bleibtreu hinterlässt noch den besten Eindruck. Eine ziemliche Pleite ist ausgerechnet Lars Eidinger, denn dieses ungemein große Talent, welches noch jeden Film aufwertete, bleibt hier in der Rolle des Psychos und mit einer überzeichneten, grotesken Performance nur negativ in Erinnerung.
Fazit: Eine vollkommen hirnrissige und an den Haaren herbeigezogene Geschichte, versunken in atmosphärisch dichten Bildern. Aufgrund grausamer Charakterzeichnung und einer angestrengten, bierernsten Inszenierung kein deutscher Thriller, der sich maßgeblich profilieren kann und streckenweise gar ärgert.
Note: 4
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