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Im hohen Gras

Die hochschwangere Becky DeMuth (Laysla De Oliveira) und ihr Bruder Cal (Avery Whitted) befinden sich mit dem Auto auf dem Weg nach San Diego. Dort will Becky nach der Trennung ihres Freundes Travis (Harrison Gilbertson) neu anfangen und ihr Kind großziehen. Während einer Rast unter der sengenden Sommerhitze vernimmt das Geschwisterpaar jedoch Hilferufe eines Kindes aus einem nahegelegenen Grasfeld. Hinter den meterhohen Gräsern scheint jemand in Schwierigkeiten zu stecken, weswegen Becky und Cal beschließen, nach dem Rechten zu sehen. Ein Fehler, wie sich später herausstellen soll, denn kurz darauf finden beide weder zurück zur Straße noch sich gegenseitig wieder... als würde das Feld sie voneinander trennen und sie in sich gefangen halten.

Der Boom bezüglich der (Neu-)Verfilmungen der Werke von Horrorautor Stephen King reißt noch nicht ab. Nach den beiden mordsmäßig erfolgreichen "Es"-Filmen fürs Kino hat sich nun auch Netflix der Marke King angenommen und mit "Im hohen Gras" eine wesentlich kleinere und unbekanntere Geschichte verfilmen lassen. Dass Kings Bücher in ihrer Qualität schwanken können und auch seine meisterhaften Bücher nicht immer für eine Verfilmung taugen, das wissen Fans aber mittlerweile. Da ich die Buchvorlage dieses Films nun nicht kenne, kann ich jedoch schwer einen Vergleich anstellen - laut Kritikern soll es im Roman noch um einiges härter hergehen als in dieser weitestgehend weichgewaschenen Version. Das spürt man irgendwie auch... und auch, dass sich ein Versteckspiel in einem Graslabyrinth schon nach kurzer Weile irgendwie totläuft.
Denn exakt darum geht es nämlich in der ersten halben Stunde dieses Hundertminüters: Menschen, die durch ein Grasfeld laufen. Zwar sind die Aufnahmen dieser ziemlich gefährlichen Landschaft in sich sehr atmosphärisch und schön eingefangen - gerade die Totalen des giftigen Grüns haben etwas von einer eindringlichen Schönheit und sobald sich das Geschehen in die düstere Nacht verlagert, gibt es auch so etwas wie eine Schauerstimmung zu vermerken. Diese täuscht aber nur marginal darüber hinweg, dass die ohnehin eher dünne Geschichte, die weniger aufgrund ihres Plots als im Roman eher über die Wortwahl und die atmosphärische Ausdichtung funktionieren dürfte, hier doch arg ausgewalzt wird. Da laufen sie und laufen sie. Rufen die Namen der anderen, gucken sich um, laufen noch mal. Es mag lobenswert sein, dass "Orphan Black"-Regisseur Vincenzo Natali sich genügend Zeit nimmt, um die Charaktere und das mystische Labyrinth zu etablieren, doch irgendwann hat eben auch der Dümmste kapiert, was hier nun nicht stimmt und was das Problem ist.
Sobald man sich durch dieses optisch eindringliche, rein handlungstechnisch aber erstaunlich dünne Prologkapitel gekämpft hat, wird es aber nicht besser. In wirrer Aushandlung muss Natali die ziemlich dürftigen und ausgeleiert geschriebenen Charakterbeziehungen verhandeln und noch dazu den Horrorfaktor auf ziemlich trashige Art und Weise hochfahren. Da verfällt ein ziellos overactender Patrick Wilson dem Wahnsinn, da werden Schädel zerdrückt und jede Figur suhlt sich mindestens dreimal schreiend im nächtlichen Schlamm. Darüber wird dann diese oftmals seltsame Eigenart Kings übergestülpt, seinen im Kern einfachen Grundideen einen überzeichneten und ziemlich obskuren Rahmen zu verleihen. Das muss nicht schlecht sein, wirkt hier aber nicht wirklich durchdacht und hat gegen Ende eher etwas von einem mies gereiften Horror-Trash. Da hat sich die eigene Idee pünktlich zur kruden "Auflösung", wenn man sie denn so nennen will, bereits selbst mehrfach überholt und der Zuschauer wartet nur noch auf den Abspann. Bis der dann kommt, vergeht aber auch noch ein Weilchen - vielleicht sollte man daher besser zu griffigeren, intelligenteren und wesentlich flotteren Horrorwaren greifen.

Fazit: Netflix hat sich mit dieser Stephen-King-Adaption höchstens optisch einen Gefallen getan, denn die eindringlichen Bilder des Labyrinths übermitteln zumindest zu Beginn eine nette Schaueratmosphäre. Nach dem zähen Einstieg wird es aber rasch ziemlich dämlich, bis sich die Grundidee in seinem Trash-Wahnsinn selbst untergräbt.

Note: 4







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