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Captive State

Neun Jahre ist es her seit dem ersten Kontakt mit Außerirdischen, welche eine Invasion auf der Erde in Gang gesetzt haben. Dabei haben sie die Menschheit jedoch nicht ausgelöscht, sondern sind eine besonders für die Aliens selbst vorteilhafte Zusammenarbeit eingegangen: Unter kompletter Kontrolle müssen die Menschen den Außerirdischen dabei beim Erbauen von Unterschlüpfen und dem Abbau von Rohstoffen helfen - zugleich wurden aufgrund der neuen Technologien die Arbeitslosigkeit abgeschafft und die Kriminalitätsrate auf ein Minimum gesenkt. Eine kleine Splittergruppe von unerkannt agierenden Menschen hält jedoch weiterhin nichts von dem Besuch der anderen Spezies und plant ein minutiös durchgeführtes Attentat, um ihre Reihen zu durchbrechen...

Wer sich von diesem Sci-Fi-Thriller, in dessen Mittelpunkt eine Invasion von auch nicht allzu freundlichen Außerirdischen steht, eine ganze Menge Alien-Action erwartet, der wird schon recht früh erstaunt in die Röhre gucken. Sicherlich gibt es den ein oder anderen Moment, in denen die (sehr kreativ designten) Besucher aus dem All ihre weiterentwickelten Waffen gegen die rebellierenden Menschen zücken - doch diese kleinen Scharmützel sind zumeist sehr rasch wieder vorbei. Stattdessen legt "Planet der Affen"-Regisseur Rupert Wyatt den Fokus auf einen beinahe schon minimalistischen Thriller, der sich hüben wie drüben auch als kaum getarnte Gesellschaftskritik lesen lässt. Da weitet sich die Schere zwischen Arm und Reich, korrupte Politiker gehen schmierige Handel ein und auch die Thematik der totalen Überwachung wird auf intensive und unter die Haut gehende Weise angesprochen. Würden nicht immer wieder ein paar visuell zum Leben erweckte Aliens durchs Bild streifen, man müsste sich nicht in einem Invasions-Thriller wähnen.
Tatsächlich fühlt sich "Captive State" über weite Strecken beinahe wie ein Werk von John Le Carre an. Da werden zahlreiche Figuren eingeführt, denen allen eine besondere Bedeutung beikommt. Es wird mit Verrätern in den eigenen Reihen gespielt, mit doppelten und dreifachen Spielen, verräterischen Agenten und allerlei Verknüpfen von Hinweisen und falschen Fährten. Das ist teilweise nicht nur verworren, sondern beinahe diffus erzählt - Wyatt nimmt zahlreiche Abbiegungen und streut immer mehr Weggabelungen, obwohl die Geschichte im Kern eine sehr simple ist. Da er den Fokus zwar nie ganz verliert, aber gerade im Bereich des Character-Buildings viel zu viele Feinde und Helden in den Ring wirft, bleibt "Captive State" (auch passend zu Le Carre) eine eher kühle Angelegenheit. Er ist spannend und wendungsreich, aber wir werden zu keinem Zeitpunkt emotional berührt. Das liegt auch an den eindimensional gezeichneten Figuren, denen selten nur wenig mehr angeschrieben wird als eine bestimmte Funktion im großen Plan. Dementsprechend kann uns der plötzliche Tod eines Charakters oftmals nur ein kleines Achselzucken entlocken.
Die allgemeine Inszenierung gerät Wyatt indes sauber: Die visuellen Effekte sind state of the art, das Kreaturendesign einfallsreich. Die Musik entwickelt einen ganz eigenen Sog und auch die Kameraarbeit kann man als sehr solide beschreiben. Die Schauspielführung bleibt indes ein wenig zurück, was weniger Wyatts Schuld oder die des Casts ist als die emotionale Kälte, mit welcher man sich dem Plot nähert. Sicherlich liefern John Goodman, Vera Farmiga und Co. grundsolide Leistungen, sie werden angesichts ihrer minimalistisch agierenden und oftmals nur wie Spielbälle durch die Handlung geführten Charaktere aber auch nie wirklich gefordert. Man darf gespannt sein, ob die Reise für manch eine Figur, die vor dem rollenden Abspann noch nicht das Zeitliche gesegnet hat, emotionaler weitergehen wird: Eine Fortsetzung zu "Captive State" ist offiziell jedenfalls noch nicht vom Tisch. Da der Film im Jahr 2019 unter der Konkurrenz von Mega-Blockbustern wie "Avengers: Endgame" aber auch kein allzu großer Erfolg wurde, muss man hinter ein mögliches Sequel wohl noch ein dickes Fragezeichen setzen.

Fazit: Kühler und berechnender Sci-Fi-Thriller, der wichtige Themen unserer heutigen Gesellschaft reizvoll mit einer Alieninvasion verwebt. Dabei geht der Film aber auch maßlos verworren vor und verschludert seine im Kern simple Geschichte unter zahlreichen Gabelungen.

Note: 3-





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