Direkt zum Hauptbereich

Avengers: Infinity War

Das größte Kinospektakel seit Jahren? Der ganz große Klimax, auf den das Marvel Cinematic Universe seit zehn Jahren und seit dem Auftritt ihres allerersten Helden hingearbeitet hat? Solcherlei Wortsalven drängen sich angesichts des wohl größten Kinoereignisses dieses Jahres, wahrscheinlich sogar der letzten Jahre, einfach auf. Die Erwartungen waren astronomisch - ich habe mich in den letzten Jahren, seit 2011 die "Harry Potter"-Saga ihr Ende fand, nicht mehr so enorm auf einen Film gefreut. Und verdammt noch mal, sie liefern mal wieder ab: Die Gebrüder Russo, die zuletzt für zwei "Captain America"-Filme verantwortlich zeichneten, liefern einen Blockbuster der Extraklasse ab, der so erstmal ziemlich allein dasteht in der Welt des Kinos... und dass, obwohl er Zuschauer, Fans, Kritiker und Hater auf beeindruckende Art und Weise spalten wird.

AVENGERS: INFINITY WAR


Die "Avengers" haben es kommen gesehen und nun ist es soweit: Thanos (Josh Brolin) macht sich auf einen Streifzug durchs Universum auf, um die sechs Infinity-Steine einzusammeln - besitzt er alle, verleiht ihm dies unvergleichliche Macht, wobei er sogar mit dem Schnippen eines Fingers das halbe Universum dem Erdboden gleichmachen könnte. Die Helden stellen sich dem Widersacher dabei mit aller Kraft entgegen und die alteingesessenen "Avengers" müssen gegen den übermächtigen Feind sogar auf neue Hilfe bauen: Tony Stark (Robert Downey Jr.), Thor (Chris Hemsworth) und Co. verbünden sich dabei mit dem Magier Doctor Stephen Strange (Benedict Cumberbatch), dem König von Wakanda, dem "Black Panther" (Chadwick Boseman) und auch den Guardians of the Galaxy, die als Retter der Welten durchs All sausen...

Als der Abspann nach zweieinhalb Stunden zu rollen beginnt, das Kinoereignis, auf dass ich gefühlte Ewigkeiten hingefiebert habe, zu einem Ende gekommen ist, hat sich in den ersten Minuten keine reine Befriedigung eingestellt. Es war keine Begeisterung, ich musste nur tief Luft holen und meine Gedanken sortieren - etwas, was ich während meiner Jahre als riesiger Filmfan nur sehr, sehr selten erlebt habe. Dabei machen sie eigentlich absolut alles richtig: Die Brüder Joe und Anthony Russo, die zuletzt für die beiden herausragenden MCU-Beiträge "The Return of the First Avenger" und "The First Avenger: Civil War" verantwortlich zeichneten, schwingen nun auch das Zepter beim ganz großen Showdown und meistern bereits die erste Herausforderung mit Bravour: So viele Helden wie noch nie zusammen auf die große Leinwand zu bringen. 
Natürlich bleibt bei dieser Masse an Charakteren nicht für jeden viel Zeit übrig, manche bekommen eben auch nur ein paar Sätzchen ab, dennoch haben sie alle mindestens eine sehr prägnante Szene, während andere in größeren Rollen noch ein bisschen mehr herausstechen. Um den Überblick zu behalten, verteilen sie sie alle in verschiedene Gruppen und auch hier macht sich bemerkbar, dass die Russos Ideen en masse hatten. Den größten Spaß macht dabei die Konstellation von verschiedenen Helden aus, die man so noch nie zusammen gesehen hat, wobei die Chemie dennoch durchgehend stimmt. Wen es da mit wem auf eine Reise verschlägt, soll an dieser Stelle allerdings nicht verraten werden, denn dies selbst zu entdecken und dabei hinter jeder Ecke überrascht zu werden, ist einfach eine große Freude. 
Dabei zündet auch der typische Marvel-Humor, wenn verschiedene Egos aufeinandertreffen - beeindruckend ist dabei, wie sehr der klaumaukige Ton rund um die "Guardians of the Galaxy" hier in den Ton der Avengers passt, als wäre es schon immer so gewesen. Drax und Rocket sahnen dabei einige der besten Gags ab, wobei aber auch das Zusammentreffen zwischen Tony Stark als mal wieder höchst zynischem Leader und einigen anderen großen Egos für viel Humor sorgt. Dieser wechselt sich jedoch ab mit einer höchst düsteren Dramatik: Thanos scherzt nicht und über die Laufzeit von 149 Minuten wird viel gelitten und es werden Verluste eingestrichen. Überraschenderweise beißen sich komödiantische und düstere Szenen dabei kaum - in den meisten Fällen gibt man uns genug Zeit, um etwaige Schocks zu schlucken, zerschießt die Dramatik nicht mit einem bald darauf folgenden dummen Spruch, das Gleichgewicht stimmt hier einfach. 
Aber das alleine macht noch kein Meisterwerk aus. Es reicht nicht, wenn sämtliche Schauspieler, auch wenn einige hier nur recht tatenlos mitgeschleift werden, in ihren Rollen glänzen und die Funken fliegen. Das Wiedersehen geliebter Charaktere, oftmals in wunderbar überraschenden Momenten, reicht nicht. Die grandiosen visuellen Effekte sowie einige fantastische Actionszenen, die wohl den vorläufigen Höhepunkt des MCU gehören, reichen nicht. Nein, nicht einmal Thanos, der bisher wohl beste und grausamste Schurke des ganzen Franchises, dessen Intentionen man verstehen kann und dem "Hail Caesar"-Star Josh Brolin eine beeindruckende Präsenz mitgibt, reicht nicht. 
Was "Infinity War" letztlich zu einem Meisterwerk und zum bislang klar besten Film des MCU macht, ist sein Mut. Sicher, der kommende vierte Film, der im April 2019 anläuft, wird sich messen müssen und sicherlich wird sich die Bewertung dieses Werkes auch korrigieren, wenn man sieht, was noch passiert. Doch was Marvel in den letzten fünfzehn Minuten auf emotionaler Basis abfeuert und wie sie alle neue Wege beschreiten, das ist schlichtweg unbeschreiblich, so fernab vom Mainstream und ein solcher Schlag in die Magengrube, dass man es kaum beschreiben kann. Danach wird man seine Gedanken ordnen müssen, tief Luft holen und sich dann freuen. Freuen, dass das MCU diese Herausforderung bestanden hat. Und freuen auf den nächsten April, wenn es weitergeht und wir beide Filme miteinander verbinden dürfen. Sollte nichts unvorhergesehenes mehr passieren, könnte dies dann der beste Zweiteiler in der Geschichte des Blockbuster-Kinos werden. "Infinity War" hat in dieser Hinsicht im Grunde ohnehin keine Konkurrenz mehr.

Fazit: Ein unglaublicher Blockbuster, der alles zuvor Gesehene im MCU übertrifft. Am Ende sind wir wie erschlagen von den grandios miteinander harmonierenden Figuren, der fantastischen Action, dem wunderbaren Humor, der düsteren Dramatik. Es ist so viel, am Ende ist man gar ein wenig leer... wirklich bewerten kann man den Film dann wohl nur im Zusammenhang mit der Fortsetzung. Dann wird sich zeigen, wie gut der "Infinity War" weiterhin ist.

Note: 1


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...