In den Vereinigten Staaten werden zwei hohe Richter ermordet. FBI und CIA nehmen sich der Mordfälle an, scheinen jedoch schon früh in einer Sackgasse zu stecken, auch wenn klar ist, dass beide Fälle etwas verbindet. Ausgerechnet die junge Jura-Studentin Darby Shaw (Julia Roberts) stellt eine These auf, die den Nagel auf den Kopf zu treffen scheint. Als sie ihrem Freund und Lehrer Thomas Callahan (Sam Shepard) von ihrer These erzählt, gerät sie ins Visier der Täter und eröffnet ein Konstrukt aus Verrat und Rache, welches bis in die obersten Kreise der Politik reicht. Darbys Leben gerät in Gefahr, nur knapp entrinnt sie einem Mordanschlag und kann schließlich nur noch einem Menschen vertrauen: Dem Journalisten Gray Grantham (Denzel Washington), der für seine Zeitung bereits in der Sache recherchiert und in Darbys gefährlichen Aussagen die Möglichkeit einer grandiosen Story wittert...
Im Jahr 1993 kamen die Grisham-Verfilmungen so richtig in Mode. Noch vor den großen Erfolgen von "Der Klient" und "Die Jury" hielt dieses Jahr gleich zwei Filme nach den berühmten Thriller-Romanen bereit. Im direkten Vergleich hat "Die Firma" die Kritiker und Fans mehr überzeugt (und gilt in diversen Kreisen heute auch als die bisher beste Grisham-Verfilmung), aber auch "Die Akte" hat seine Spuren entlassen. Dabei ist die Geschichte über eine Verschwörung, die bis ins Weiße Haus hineinreicht, eigentlich gar etwas sperriger und zumindest in der ersten Hälfte des Films wesentlich schwerer zu durchschauen. Es dauert gar eine ganze Weile, bis der rund zweieinhalb Stunden lange Thriller zu wirklicher Form aufläuft und man unter den schnell abgehackten Szenen um rund ein Dutzend wichtiger Figuren einen roten Faden erkennen kann. Tut man das aber irgendwann, kann man sich einer gewissen Spannung, auch wenn sie hier nicht so dramaturgisch ausgeklügelt daherkommt wie in vergleichbaren Werken, nicht entziehen.
Trotz der langen Laufzeit kann "Die Akte" gerade im Vergleich mit anderen Grisham-Filmen nicht mit einer großen Emotionalität aufwarten. Da der Plot allein schon genug zu erzählen hat und etliche Figuren ihre Aufwartung geben, bleibt nicht viel Raum für starke Charakterstudien oder große Gefühle. Wesentlich mehr Interesse als an zwischenmenschlichen Bindungen oder kritischen Fragen (wie sie "Die Jury" beispielsweise drei Jahre später stellte) hat Regisseur Alan J. Pakula an dem wendungsreichen Plot. Hier und da wirkt dieser zwar ein wenig willkürlich, wenn immer wieder von dieser mysteriösen, titelgebenden Akte gesprochen, dem Zuschauer der Inhalt aber eben genauso lang vorenthalten wird, bis die Wahrheit zusammengepuzzelt werden darf. Das geschieht erst recht spät, weswegen der Film gerade in seinem etwas zerfaserten Mittelteil an Fahrt verliert. Es wird deutlich, dass die Macher den Zuschauern eben nur die benötigten Brotkrumen mit auf den Weg geben - Mitraten fällt angesichts eines solchen Kalküls flach. Dennoch entwickelt der Film durch seinen Plot und einige unvorhergesehene Wendungen, durch spannende Momente und eine solide Inszenierung einen gewissen Sog.
Darstellerisch kann natürlich auch "Die Akte" mit einer namhaften Besetzung aufwarten. Dabei wird der gar nicht so heimliche Star des Ensembles erst später so richtig von der Leine gelassen: "Roman J. Israel, Esq."-Star Denzel Washington agiert in der Rolle des jungen, engagierten Journalisten so dermaßen charmant und gewitzt, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzusehen. Julia Roberts macht ihre Sache in der Hauptrolle gut, die charismatischen Nebendarsteller rund um John Heard, Sam Shepard und insbesondere "In meinem Himmel"-Star Stanley Tucci als wortkarger Auftragskiller stehlen ihr jedoch hin und wieder die Show. Insgesamt darf sich der Schauspiel-Freund hier nicht zwingend auf oscarwürdige Performances freuen, aber einem spielfreudigen Starensemble bei der Arbeit zusehen. Trotz vieler Charaktere und Gesichter gelingt es Pakula, jedem von ihnen mehrere, starke Momente zu geben, weswegen der Cast sich passend die Bälle zuwerfen kann. Erst wenn es letztendlich zu einer Auflösung kommt, die lange nicht so aufregend wie die vorhergehende Geheimnistuerei daherkommt, wird es doch noch ein wenig dröge.
Fazit: "Die Akte" hält nicht mit anderen Verfilmungen der Grisham-Romane mit, dafür ist er letztendlich zu lang, zu zerfasert, zu kopflastig. Dank der spielfreudigen Stars, einer spannenden Handlung und einer soliden Inszenierung dennoch kurzweilige Thriller-Unterhaltung.
Note: 3+
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