In Mississippi wird die zehnjährige Tonya Hailey (Rae'Ven Larrymore Kelly) von zwei rassistischen Männern vergewaltigt und beinahe zu Tode geprügelt. Als Tonyas Vater Carl Lee Hailey (Samuel L. Jackson) erfährt, dass die beiden Täter womöglich nur eine sehr geringe Strafe erwartet, greift er zur Waffe und tötet die beiden bei ihrem Eintritt ins Gerichtsgebäude, worauf er selbst verhaftet und mit der Möglichkeit der Todesstrafe konfrontiert wird. Sich des Dilemmas bewusst, übernimmt der engagierte, zurzeit aber reichlich verschuldete Anwalt Jake Tyler Brigance (Matthew McConaughey) die Verteidigung des Angeklagten. Er ist sich bewusst, dass eine Schuldsprechung die Kämpfe zur Gleichberechtigung entscheiden könnten... und stellt sich mit Staatsanwalt Rufus Buckley (Kevin Spacey) auch einem Gegner, dem kein Spiel zu dreckig ist.
Laut einer eigenen Aussage ist "Die Jury" John Grishams persönlichster Roman, weswegen er sich für die Verfilmung, bei welcher nach "Der Klient" erneut Joel Schumacher Regie führte, großes Mitspracherecht geben ließ. Das merkt man dem Film, der sich aufgrund der vielen Subplots und der weitaus vertrackteren Geschichte nun auch zweieinhalb Stunden Zeit nimmt, um allem und jedem gerecht zu werden, dann auch positiv an, wirkt er doch konzentriert und fokussiert und zerfasert trotz vieler Charaktere, Handlungsstränge und einzelner Gefechte zu keinem Zeitpunkt. Wenn man bedenkt, dass Grisham und Schumacher hier auch noch weit mehr als einen klassischen Justiz-Thriller verhandeln, sondern darüber hinaus auch noch solch heiße Eisen wie Rassismus, Gleichberechtigung oder Selbstjustiz anprangern oder auch befürworten, dann ist das Ergebnis durchaus beeindruckend. Sie haben es sich nicht leicht gemacht, haben Mut bewiesen und letztendlich einen ganz starken Film abgeliefert, der sicherlich polarisiert, aber darüber hinaus einfach ungemein packend ist.
Die Besetzung agiert dabei vielleicht so namhaft wie in keiner anderen Grisham-Verfilmung. Unter den zahlreichen Nebendarstellern ragen zwei jedoch ganz besonders heraus: Matthew McConaughey, der zur damaligen Zeit und auch danach noch länger auf die Rolle des schnöden Hollywood-Beau beschränkt war, agiert mit ungemeinem Feuer, ungestelltem Charme und einer enormen Kraft. Und ihm zur Seite und manchmal auch gegenüber steht "Pulp Fiction"-Star Samuel L. Jackson, für den es in vielerlei Momenten einfach gereicht, mit diesem energiegeladenen Blick zu starren - eine absolute Wahnsinnsperformance, gegen die sogar Kevin Spacey zurückstecken muss. Der ist in der Rolle des intriganten Staatsanwalts zwar gewohnt genial, reicht aber auch aufgrund seines eher kompakter gehaltenen Charakters aber nicht an seine Glanzdarstellungen in "American Beauty" oder "House of Cards" heran. Etwas ins Hintertreffen gerät nur Sandra Bullock, die aufgrund ihrer Popularität in der Besetzung zwar zuerst genannt wird, innerhalb der vier Hauptrollen aber am wenigsten zu tun bekommt und für das emotionale Finale gar recht schnöde auf die Ersatzbank verbannt wird, was angesichts der darüber hinaus etwas unterrepräsentierten Frauenfiguren schade ist.
Nichts desto trotz erwartet uns sowohl mit als auch ohne Bullock ein packender Justiz-Thriller mit vielen losen Enden, der auch unangenehme Fragen aufwirft. Dass "Die Jury" dabei recht eindeutig Selbstjustiz befürwortet, darf kritisiert werden und dass Grisham und Schumacher dabei auch einige ziemlich sensible Wege gehen, um den Zuschauer emotional zu erreichen, ist zumindest trickreich. Ganz gleich, wie man zu diesen Themen steht, liefert der Film aber enormen Diskussionsstoff und funktioniert daher auch über seine Sichtung hinaus gut als Parabel über das, was man darf und was eben nicht. Es ist nicht unbedingt der cleverste, politische Zündstoff, aber er verharmlost die dargestellten Themen auch zu keinem Zeitpunkt und wartet an der Oberfläche dann auch noch mit starken Charaktermomenten und einigen heftigen Spannungsspitzen auf. Einzig die hier doch stark an der Grenze zur Lächerlichkeit gefilmten Ku-Klux-Klan-Szenen zehren ein wenig an der Gesamtnote, auch wenn Schumacher deren bedrohliche Feindlichkeit immer wieder stimmig in den Gesamtkontext seiner Geschichte einbauen kann.
Fazit: "Die Jury" ist ein bemerkenswert inszenierter und gespielter, hochspannender und unangenehmer Justiz-Thriller, der sowohl sensible Charaktermomente als auch prägnante Spannungsspitzen liefert. Aufgrund seines Themas kann er sowohl Gegenstand für politische Diskussionen sein, auch wenn der Film dabei etwas zu eindeutig Stellung bezieht.
Note: 2+
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