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Darf ich bitten?

Wer schon einmal Tanzunterricht genommen hat, der weiß, dass der Glanz und Glamour, den viele dahinter vermuten, eigentlich nicht existiert... oder nur an der obersten Oberfläche. Ansonsten ist das mit viel Stress, Körperkraft und Selbstbeherrschung verbunden. Tanzfilme, die im Mainstream angesiedelt sind, durchstoßen diese Oberfläche nicht, tauchen nicht tiefer in die Materie ein als es dem Publikum guttun könnte - nicht umsonst gibt es aber eben auch so entblätternde, gar schockierende Werke wie "Black Swan", die die andere Seite der Medaille aufzeigen. "Darf ich bitten?" gehört zu dieser aber selbstverständlich nicht, denn hier haben wir einen Film, der mit seinen perfekt durchchoreographierten Tanznummern und den spielfreudigen Stars einfach nur unterhalten will... das gelingt dann aber auch nur so halb.

DARF ICH BITTEN?


Jeden Tag fährt er im Zug auf dem Heimweg an ihr vorbei: Nachlassverwalter John Clarke (Richard Gere) erblickt die junge Tänzerin Paulina (Jennifer Lopez) am Fenster der Tanzschule von Miss Mitzi (Anita Gillette)... und entschließt sich letztendlich, von der Dame schlichtweg verzaubert, einen Schnupperkurs zu besuchen. Seiner Frau Beverly (Susan Sarandon) erzählt er davon nichts, weswegen diese schon bald recht misstrauisch wird, als John jeden Mittwochabend später nach Hause kommt und sich mit Überstunden herausredet. Während John in der Schule mit neuen Freunden tanzt und dabei auch der verschlossenen Paulina näherkommt, heuert Beverly den Privatdetektiv Devine (Richard Jenkins) an... und der verknallt sich gleich in seine Klientin.

Ja, das ist schon ein ganzer Trubel, den sich "Den Sternen so nah"-Regisseur Peter Chelsom hier ausgesucht hat und an jeder Ecke ist was los. Dabei ist die Handlung an sich in diesem Fall eigentlich relativ egal, denn all die klischeehaft aufgezogenen und oftmals sehr überzeichnet geschriebenen Beziehungsstreitigkeiten und Geheimnisse sind kaum der Rede wert, werden unnötig aufgebauscht und verkompliziert. Oftmals hätte hier einfach nur ein klärendes Wort gereicht, um die ganze Situation noch vor einem dramatischen Finale zu klären... dann wäre "Darf ich bitten?" aber wohl auch nur eine gute Stunde lang gewesen. 
Das kann man so natürlich nicht machen, weswegen man diese gar kindisch und albern geschriebenen, menschlichen Konflikte in den 105 Minuten irgendwie auch mitertragen muss, wenn man das wesentlich unterhaltsamere und flottere Gegenstück davon ebenfalls erleben will. In dieser erleben wir einen ungemein spielfreudigen und sich mit voller Kraft ins Getümmel stürzenden Richard Gere, der in einer Tanzschule die ersten Schritte lernt. Wir sehen mal mehr, mal weniger anmutige Tanzsessions und erfreuen uns an zwar braver, aber oftmals sehr zielsicherer Comedy, wenn die drei Männer ("Ant-Man"-Star Bobby Cannavale und Omar Benson Miller stehen ihm zur Seite) hier aus unterschiedlichen Gründen das Tanzbein schwingen, dabei manch ein Hindernis überwinden müssen und schließlich gar Freunde werden. 
Die Tiefgründigkeit muss man hier nicht erst mit der Lupe suchen, denn die ist im Grunde nicht existent - dafür gibt es aber immer wieder harmonische Szenen und ganze Plots, die das Herz erobern und uns immer wieder lachen lassen. Das heißt aber natürlich nicht, dass hier alles rundläuft: So ist es diesmal ausgerechnet Stanley Tucci als bärbeißiger und alberner Tanzfan, der sein Hobby eigentlich gern geheimhalten möchte, der mit grotesker Perücke und ständig zähnezeigend eher nervt. Und auch ein Finale als Tanzwettbewerb, welches in dieser Form perfekt wäre, um unsere zuvor so liebenswerten Charaktere in Highlights zusammenkommen zu lassen, ist hier eher bieder und fällt angesichts einiger doch sehr bescheuerter und überzeichneter Wendungen deutlich negativ aus dem Rahmen. 
Darüber hinaus hat Regisseur Chelsom die Tanzszenen aber gut im Griff, auch wenn er sich hier auf wenig Spektakuläres verlässt - Richard Gere reißt diese Momente aber mit einer Menge natürlichem Charme immer wieder raus. Peinlich agiert er nur, wenn er in einer vollkommen unglaubwürdigen Beziehung mit Tanzlehrerin Paulina landet: Jennifer Lopez macht einen soliden Job, zwischen den beiden sprühen allerdings so wenig Funken, dass diese Szenen nicht nur jegliche Logik vermissen lassen, sondern auch arg langatmig wirken. Insgesamt also kein Film, an den man sich lange erinnern wird, aber dafür zumindest zwischendurch sehr charmant - kann man sich ruhig mal ansehen.

Fazit: Richard Gere tänzelt und lächelt sich sehr charmant durch einen braven und geradlinigen Film, der innerhalb seiner reißbrettartigen Konflikte immer wieder an Schwung verliert. Die Tanzszenen sind schön inszeniert, auf der emotionalen Ebene gibt es aber wenig, was mitreißen will.

Note: 3-






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