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Murder Mystery

Eigentlich erscheint es ein wenig seltsam, dass der neue Film von und mit Adam Sandler nicht in die Kinos kommt, sondern direkt bei Netflix erscheint. In Deutschland zieht Sandler die Massen schon lange nicht mehr an, wenn er es denn jemals getan hat, in den USA erfreut sich der sprücheklopfende Gaga-Star aber noch immer größter Beliebtheit und steht seit Jahren auf der Liste der bestbezahlten Schauspieler weit oben - ein solch finanzieller Erfolg kommt ja nicht von ungefähr. Diesmal war es den Machern als Risiko im von großen Blockbustern nur so vollgestopften Kinosommer 2019 aber vielleicht doch zu gewagt, weswegen Streamingriese Netflix übernahm... und das, obwohl Geschichten wie diese im Kino eigentlich ganz gerne zünden, wenn man sie nur richtig bewirbt. Hüben wie drüben, ganz gleich ob auf einer Leinwand oder dem heimischen Fernseher, ist aber kein wirklich guter Film dabei herausgekommen.

MURDER MYSTERY


Obwohl sie dafür eigentlich kein Geld haben, da NYPD-Officer Nick Spitz (Adam Sandler) zum dritten Mal die Beförderung zum Detective vergeigt hat, nimmt er seine geliebte Frau Audrey (Jennifer Aniston) mit auf die große Europareise, die diese sich bereits so lange wünschte. An Bord des Flugzeugs machen sie die Bekanntschaft mit dem reichen Viscount Charles Cavendish (Luke Evans), der das Pärchen auf sein Boot einlädt, um ihnen die Wunder Europas zeigen. Obwohl besonders Nick skeptisch ist, willigen sie ein und fühlen sich unter Prominenten und Staatsträgern tatsächlich wohl... bis ein grausamer Mord an Bord geschieht. Verdächtige gibt es so einige, im Scheinwerferlicht steht jedoch ausgerechnet das Touristenpaar. Deswegen versuchen Nick und Audrey, den Fall auf eigene Faust zu klären, um ihren Namen reinzuwaschen und den wahren Mörder dingfest zu machen.

Zu Beginn könnte man hier tatsächlich noch denken, es handele sich um die nächste, durchgeknallte Verfilmung eines Brettspiels und wo es sogar schon eine Verfilmung um Schiffeversenken gab ("Battleship" nannte sich das Ganze damals) und man bald sogar an Monopoly ranwill, wäre ein "Cluedo"-Film im direkten Vergleich nun wirklich nichts allzu Außergewöhnliches. Aber nein, letzten Endes geht es hier nur darum, wer den Mord denn ausgeübt hat, nicht wo und womit. Doch auch das hätte noch das Potenzial für einen spannenden Krimi gehabt: Ein Raum voller Verdächtiger, alle haben ein Motiv... aber einer hat den Abzug gedrückt bzw. den Dolch gezogen. Regisseur Kyle Newacheck hatte hier aber sichtlich nicht vor, einen wendungsreichen Krimi zu inszenieren, sondern geht von Anfang an voll auf die Comedyschiene. 
Ersichtlich ist das natürlich an der Besetzung, die vor allem rund um das Hauptdarsteller-Pärchen auf klare Komödien abzielt als auch an dem allgemein heiteren Ton. Ernstnehmen soll der Zuschauer das, trotz einem ganzen Haufen Toten, doch bitte nicht und das wird uns hier auch immer wieder vor den Latz geknallt. Sekunden nach dem ersten Mord steht Sandler nämlich noch immer, ohne mit der Wimper zu zucken und mit einer kühlen Bierflasche in der Hand, da und analysiert die Situation. Dass dabei immer wieder ein paar Lacher erreicht werden, ist nicht zu übersehen und dank der schrillen Nebenfiguren und einiger wahnwitziger Situationen wird es einem so schnell auch nicht langweilig. 
Die Frage, wer denn am Ende der Täter ist und aus welchen Gründen das Schlachtfest vollzogen wurde, muss man sich hier aber nicht stellen: Man kann zwar irgendwie auf die Auflösung kommen, aber es ging keinem der Beteiligten darum, eine trickreiche Geschichte zu entwerfen, weswegen die letztendliche Darstellung des Täters auch eher gehobener Blödsinn ist. Das ist aber so schon abzunicken, da der heitere Ton des Films und das hohe Tempo auch gar nicht darüber hinwegtäuschen wollen, dass wir hier mehr sehen als eine handlungstechnisch schlichtweg blödsinnige Krimikomödie. Leider ist der Film aber für dieses Ziel oftmals einfach nicht gut genug, denn auch wenn man zwischendurch lacht und Newacheck ein Auge für solide Actionszenen hat... viele der Gags agieren eher zwischen lau und unterdurchschnittlich. 
Laut dem Klischee müssen diverse Jokes also durchgequatscht und noch mehrfach thematisiert werden, um auf Gedeih und Verderb noch Lacher herauszukitzeln - dass ein Witz aber immer schlechter wird, je öfter man ihn bringt oder sogar noch erklärt und die Darsteller dazu gar laut lachen lässt (ähnlich wie in einer Sitcom, damit auch der Zuschauer weiß, dass er hier nun bitte lachen soll), hat man den Beteiligten hier wohl nicht vermittelt. Richtig gut gelungen ist hier nur die Figur des eitlen Komissars, hier gespielt von dem französischen Comedian Dany Boon, unter anderem bekannt aus dem europäischen Megahit "Willkommen bei den Sch'tis". Der bringt ein perfektes Comedy-Timing schlichtweg auf den Punkt, darüber hinaus gerät der Film aber doch eher brav und folgt einem klaren, letztendlich repetitiven Muster. 
Das kann irgendwie Spaß machen, aber es ist eben auch nicht mehr als noch eine von diesen Krimi-Comedys, wo zwei normale Menschen plötzlich in einen düsteren Fall hineinrasen. Was, wieso und warum ist hier egal - der Spaß steht im Vordergrund. Da dieser aber eben auch eher mittelmäßig ausfällt, kann man mit diesem neuen Netflix-Original eben auch nicht so viel Freude haben. Der Fall ist diesbezüglich also klar: Ziel verfehlt! Beim nächsten Mal bitte besser.

Fazit: Eine spannende oder gar sinnige Handlung sollte man hier nicht erwarten. Sandler und Aniston kaspern sich durch einen flotten Krimifall, der abseits der charmanten Nebenfiguren aber viel zu wenig gute Gags bietet und deswegen das Ziel, einfach nur mal irgendwie lustig zu sein, deutlich verfehlt. Dany Boon rettet dabei in seiner charismatischen Nebenrolle viele Szenen.

Note: 4+




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