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Transcendence

Immer öfter haben nun auch Crewmitglieder beim Film, Kameramänner, Cutter und Schauspieler, die Eingebung, selbst mal ein eigenes Werk zu inszenieren, bei einem großen Film Regie zu führen. Das muss nicht immer eine gute Idee sein, besonders nicht, wenn man einen bislang auf diesem Posten unerfahrenenen Menschen für einen superteuren Blockbuster ansetzt. Da gab es schon den ein oder anderen künstlerischen Flop und mit "Transcendence", inszeniert von Christopher Nolans Stammkameramann Wally Pfister, sehen wir nun zwar keinen Totalausfall, aber dennoch auch längst keinen guten Film.

TRANSCENDENCE

Doktor Will Caster (Johnny Depp) arbeitet zusammen mit seiner Frau Evelyn (Rebecca Hall) und seinem guten Freund Max (Paul Bettany) an einer sogenannten "Transzendenz", sprich, einem Computer ein menschliches Bewusstsein zu verleihen. Noch vor Abschluss seiner Forschungen wird er jedoch von einer radikalen Gruppe, welche gegen den rasanten Fortschritt der Technik sind, angeschossen und hat nunmehr nur noch vier Wochen zu leben. Evelyn beschließt, Wills Arbeit umzusetzen und möchte ihn, noch vor seinem Tod, als Programm hochladen. Der Versuch gelingt, Will stirbt, doch sein Geist lebt als fühlender und denkender Organismus weiter. Als Will sich jedoch mit dem Internet verbinden will, um sich zu verbreiten, droht große Gefahr...

Zuerst einmal ist die verfälschte Promo, welche Johnny Depp als klaren Hauptdarsteller und somit als Köder für die Zuschauer hinstellt, glatter Humbug. Depp agiert nur in der ersten halben Stunde als wirklicher Darsteller und ist dann nur noch als Kopf innerhalb eines Computerprogramms zu sehen, was nicht ihn, sondern Rebecca Hall zur Darstellerin mit der meisten Screentime macht. Zudem spielt Depp hier auch dermaßen gelangweilt auf Autopilot, dass es einem bald graust, sodass es allein an einem soliden Paul Bettany, einer ebenfalls soliden Rebecca Hall und einem zurückhaltenden, aber immer noch mit einer sagenhaften Präsenz gesegneten Morgan Freeman ist, die Kohlen dabei aus dem Feuer zu holen... wobei sie jedoch allesamt erfolglos bleiben, da ihnen das miese Skript immer wieder dabei im Wege steht. "Transcendence" stellt interessante und sehr wichtige Fragen, hat dabei einige starke Ansätze und scheint sich so einiges zu trauen... leider kennt der Film die Antworten selbst wohl nicht so wirklich und verschwurbelt sich daher in einem Mix aus wilden Theorien und halbgaren Menschensschicksalen, bis ihm am Ende klar wird, dass das Ganze nur noch etwas Action retten kann, um dem Zuschauer noch einige schöne Bilder zu bieten. Das ist alles so durchschaubar und vorhersehbar, dass einem schon bald langweilig wird. "Transcendence" kann das Tempo seiner ohnehin mageren Geschichte über zwei Stunden schlichtweg nicht aufrechterhalten, erschöpft sich immer wieder in oberflächlichen Grundsatzdiskussionen und ermüdenden Konflikten. Dass Pfister starke Bilder erschaffen kann, das wissen wir und das beweist er vor allem im letzten, actionlastigen Drittel mehr als einmal... aber abseits davon kann er nicht viel bieten. Die Inszenierung ist sauber, doch eine Schauspielerführung hat er nicht drauf, wenn sogar Morgan Freeman leidlich im Stich gelassen wirkt. Das Skript ist löchrig, hat zahlreiche Logikfehler und keinen konstanten Spannungsbogen, das Finale ist unsinnig und hat außer tollen Effekten nichts zu bieten. "Transcendence" ist sicher weit entfernt von einem schlechten Film, die Ansätze sind super, die erste halbe Stunde hält bei Laune und macht Lust auf mehr, die Bilder sind grandios, die Grundidee ist es auch... doch dann säuft der Film leider ab und macht nichts aus seiner Prämisse außer einigen verschwurbelten und logikfreien Weiterentwicklungen, welche wohl nur im Kopf des Autors wirklich Sinn ergeben. Schade drum.

Note: 4+

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