Die meisten Serien, die ich bislang gesehen habe, haben erst nach der einführenden ersten Staffel so richtig aufgedreht und dabei an Qualität ordentlich zugelegt. Das gilt für "Lost", "Breaking Bad", "The Walking Dead" und auch für das Amazon-Original "Mr. Robot"... und Ausnahmen wie die immer schlechter werdende Thriller-Serie "Prison Break" bestätigen diese Regel. Leider legt "Bosch" nach der soliden ersten Staffel allerdings (noch) nicht weiter zu und nutzt sein zuvor gestreutes Potenzial in der zweiten Season zu selten richtig aus.
BOSCH - STAFFEL 2
Nach seiner Suspendierung kehrt Harry Bosch (Titus Welliver) an seinen Arbeitsplatz des LAPD in Hollywood zurück und muss sich gemeinsam mit seinem Partner Jerry Edgar (Jamie Hector) gleich um einen neuen Fall kümmern. Ein Pornofilmproduzent ist auf offener Straße niedergeschossen werden, alles sieht nach einem Mafiamord aus. Bosch ermittelt in die Richtung der bekannten Mafiakiller und gerät dabei rasch in Gefahr... wobei er auch seine Familie ins Fadenkreuz der Ermittler zieht. Währenddessen muss sich Chief Irving (Lance Reddick) mit politischen Fäden auseinandersetzen.
"Bosch" ist in der zweiten, ebenfalls wieder zehn Folgen umfassenden Staffel mit einem neuen Fall zurück. Fäden, welche die erste Season aufwarf, werden hier zwar ebenfalls wieder aufgegriffen, dies geschieht allerdings nur sporadisch oder auf recht schnell abgehakte Weise (wie beispielweise Boschs Konflikt mit dem fiesen Captain, dem nur noch wenige Sätze gewidmet werden), was ein wenig schade ist. So fällt es zwar auch Neueinsteigern nicht sonderlich schwer, in die Welt des knallharten LAPD-Cops einzudringen, man lässt hier aber auch einige Chancen liegen, eine wirklich interessante Geschichte zu erzählen, die sich über mehrere Seasons weitertragen könnte, so wie es eben auch der grandiose "Dexter" vorgemacht hat. An diese Crime-Serie reicht "Bosch" erwartungsgemäß auch weiterhin nicht heran, eher entfernt man sich noch ein ganzes Stück weiter davon und liefert eine deutlich schwächere Staffel ab als die erste, die ja immerhin noch äußerst spannende, wenn auch nicht wirklich originelle Unterhaltung bot.
Das größte Problem der zweiten Season dürfte sein, dass der Mordfall an einem Pornoproduzenten, der wohl auch irgendwie etwas mit der Mafia zu tun hatte, nicht annähernd die selbe Dringlichkeit und Intensität versprüht wie noch in der Vorgängerstaffel, als Bosch über den Knochenfund eines getöteten Kindes einem grausamen Mordkomplott auf die Spur kam. Natürlich ist das auch hier wieder verzwickt genug, um zehn Folgen zu füllen, leider ist es aber auch nur in den wenigsten Momenten so spannend wie zuvor. Gerade die erste Hälfte der Staffel zieht sich streckenweise wie Kaugummi und lässt den neuen Fall in allen Ecken und Enden zurechtdehnen, um die Laufzeit zu füllen. In der zweiten Hälfte nimmt man zwar deutlich mehr Tempo auf, den im Zentrum stehenden Fall macht das aber auch nicht viel interessanter, sondern sorgt bloß für etwas mehr Schwung und Kurzweil.
Auch zu den etablierten Figuren ist den Machern nicht viel Neues eingefallen: Erneut wird in Boschs Vergangenheit gewühlt, was jedoch ebenso wie die Einbindung seiner Tochter und seiner Ex-Frau zu nicht mehr als einigen vermeidbaren Klischees reicht, die Spannung aufbringen sollen, aber leider genau das Gegenteil vollbringen. Immerhin bekommt Chief Irving hier deutlich mehr Zeit, um sich zu profilieren und sein Subplot ist dabei auch mit Abstand der interessanteste und intensivste, da wir das LAPD somit auch von seiner politischen Seite kennenlernen. Die dramatischen Wendungen, die seine Geschichte nimmt, sind packend inszeniert... etwas, was man von Boschs Fall nicht behaupten kann.
Nun wäre es falsch zu behaupten, dass "Bosch" in seiner zweiten Staffel zu einer schlechten Serie werden würde, denn dafür ist sie erneut viel zu gut gespielt, handwerklich wirklich hübsch inszeniert und zudem in einigen Folgen doch auch wieder einigermaßen spannend geraten. Leider ruht man sich aber zu oft auf den Qualitäten der ersten Staffel auf, bietet zu wenig Neues und gibt sich mit einem zentralen Fall zufrieden, der höchstens solides Mittelmaß auf der Unterhaltungsskala erreicht. "Lost"-Bösewicht Titus Welliver tröstet in der Hauptrolle zwar über einige Längen hinweg, dennoch sollte die dritte Staffel zulegen und einige begonnene Fäden aufnehmen, runder werden, um mich wirklich am Ball zu behalten.
Fazit: "Bosch" baut ab. Der neue Fall ist nicht annähernd so spannend wie die erste Staffel, Potenzial eine runde Geschichte zu erzählen wird vergeudet. Dank Titus Welliver und einer flotteren zweiten Staffelhälfte fühlt man sich streckenweise dennoch solide unterhalten.
Note: 3-
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