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Eine dunkle Begierde

Mal persönlich hinter die Kulissen schauen zu dürfen und zu erleben, wie Hollywood wirklich arbeitet, ist eine bleibende Erfahrung, die ich tatsächlich sammeln durfte, als ich im Juni 2010 für drei Tage am Set des Dramas "Eine dunkle Begierde" anwesend war und dort neben Stars wie Keira Knightley und Michael Fassbender eine kleine Rolle übernehmen durfte. Das ist natürlich irgendwie eine Ehre und dementsprechend fühlt man auch eine gewisse Verbundenheit zu dem Film, wo man (wenn auch nur kurz) mit dabei war. Bewerten muss man ihn dennoch subjektiv und da fällt dann auf, dass David Cronenbergs Werk ein guter Film ist, dessen wichtiger Funke aber leider nicht ganz überspringen möchte...

EINE DUNKLE BEGIERDE


Zürich im Jahr 1904: Die unter hysterischen Anfällen leidende, russische Jüdin Sabina Spielrein (Keira Knightley) wird in die renommierte Burghölzli-Klinik eingeliefert und dort über Wochen und Monate hinweg von dem bekannten Psychologen Carl Gustav Jung (Michael Fassbender) untersucht. Der verheiratete Mann fühlt sich schnell zu Sabinas sexueller Offen- und Verletzlichkeit hingezogen und beginnt schließlich eine Affäre mit ihr. Der daraus langsam entstehende Skandal schwappt auch zu Jungs Mentor und Freund Sigmund Freud (Viggo Mortensen) hinüber, der davon alles andere als begeistert ist. Als er Sabina Jahre später jedoch ebenfalls persönlich kennenlernt, erkennt er ihre Reize und denkt neu über den entstandenen Konflikt nach...

Da dürften David Cronenbergs Fans doch ein wenig verdutzt aus der Wäsche geschaut haben: Nachdem sich der Regisseur über Dekaden hinweg mit doch sehr harten Stoffen auseinandersetze, über klassischen Body-Horror bis hin zu den Untergründen der Mafia in "Tödliche Versprechen", kam er Ende 2011 mit seinem neuen Werk um die Ecke, welches all diese Eckpunkte nun in gewisser Weise vermissen ließ. Anstattdessen nahm sich Cronenberg mit "Eine dunkle Begierde" einer Adaption eines Theaterstückes an, was ein Maximum an Dialogen, eine sehr überschaubare Anzahl handelnder Figuren und ein klares Minus an Spektakel bedeutete. Nun kann man Cronenberg dabei an zweifacher Stelle nur Lob zollen: Erstens, dass er es noch immer schafft, sich weiterzuentwickeln und in neue Genres hineinzuschauen und zweitens, dass ihm dieses Wagnis tatsächlich niemals aus den Händen gleitet.
Inszenatorisch ist der Film ein von kühlen Bildern, einem hübschen Soundtrack und einer prachtvollen Ausstattung beherrschtes Werk, welches tief in die Psyche der Menschen guckt und nebenbei auch die Anfänge der Psychoanalyse thematisiert. Kein einfaches Eisen, was man hier anpackt, dank treffsicherer Dialoge (bei denen man jedoch sehr genau aufpassen muss, möchte man in dem Thema noch mitkommen) und einer sehr soliden Regie gelingt es jedoch, dass Thema weitestgehend interessant und spannend zu halten. Im Mittelpunkt dieses dialogreichen Werkes stehen dann aber natürlich die Schauspieler, denn ohne ihre gelungenen Leistungen wäre ein Film wie dieser durchgehend zum Scheitern verurteilt.
Glücklicherweise bewies Cronenberg ein sehr pfiffiges Händchen bei der Besetzung und konnte gleich mehrere bekannte Namen verpflichten. Beherrscht wird das Ensemble dabei ganz klar von zwei Männern: Viggo Mortensen und Michael Fassbender. Die Dialogszenen zwischen den beiden, ganz gleich ob von Angesicht zu Angesicht oder per Briefaustausch, haben Feuer und Spannung und gerade Mortensen verleiht seinem Sigmund Freud dabei eine herrlich abgründige Ader, die uns als Zuschauer stets zweifeln lässt, ob da wirklich der gute Mentor oder doch der düstere Analytiker steckt, der seinen eigenen Vorteil aus dem Konflikt zieht. Im Fokus steht indes Fassbender, der zum Zeitpunkt des Erscheinens des Films gerade den Schuss nach Hollywood machte, der ihn bis heute zu einem der begehrtesten Schauspieler der Traumfabrik gemacht hat. Wieso das so ist, das zeigt Fassbender auch hier, denn wie er die etlichen, kleinen Seiten und Gefühle seines Carl Gustav Jung auslotet, das ist schon ganz großes Schauspiel-Kino.
Das einzig schwache Licht bleibt ausgerechnet "Fluch der Karibik"-Star Keira Knightley, die sich redlich müht, dabei aber mehr als einmal über die Grenze hinweg chargiert, was im schlimmsten Falle auch mal unfreiwillig komisch ausgehen kann. In Sachen wichtiger Natürlichkeit bei einem Film wie diesem, der immerhin auf einer wahren Begebenheit beruht, wird Knightley von der wesentlich stärkeren und nuancierter aufspielenden Sarah Gadon als Jungs Ehefrau Emma klar die Schau gestohlen, was man so auch nicht unbedingt erwartet hatte. In der zweiten Hälfte verliert "Eine dunkle Begierde" ein wenig von dem Schwung, welcher ihn zuvor noch ausmachte, verfängt sich in manch einer Länge, dreht sich gar ein wenig im Kreis und findet das intensive Spiel nicht wieder. Das ist etwas schade, aber dank Cronenbergs treffsicherer Inszenierung und der spielfreudigen Besetzung aber dennoch Meckern auf etwas höherem Niveau.
Fazit: Interessantes Drama mit hochkarätiger Besetzung, welches besonders vom Spiel der Hauptdarsteller und der treffsicheren Inszenierung lebt. Gegen Ende verliert der Film jedoch ein wenig an Schwung und verfängt sich in zu vielen Fäden.

Note: 3+





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